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Lichtschwester - 8

Lichtschwester - 8

Titel: Lichtschwester - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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hatte den Tod noch nie gefürchtet. Kriegerinnen kämpfen, Kriegerinnen sterben. So würde ich also in Yareths Leib gezwängt sterben. Na und? Tod ist Tod.
    Mit Yareths Tafelmesser, das ich in ihrem Reisesack fand, schnitt ich die Schnüre an meinem Korsett durch. In diese Scheußlichkeit gepreßt, wollte ich nicht sterben! Ich warf das Ding auf Yareths Kleiderhaufen. Mir war weiterhin so, als ob ich aus ihrem Körper quelle.
    Dann ging ich mein Schwert holen. Es lag noch genau da, wo es mir entglitten war, als Yareth mich hingelegt hatte. Ich hob es auf.
    Besser gesagt: Ich versuchte es. Yareths Leib war stark für seine Größe, vom Tanzen durchtrainiert - aber doch nicht kräftig genug, meine Klinge zu führen.
    Behendigkeit und das Überraschungsmoment würden es mir vielleicht erlauben, wenigstens einen jener Ziegenbastarde mit in den Tod zu nehmen. Ich zog mein Kampfmesser aus der Scheide. Wie gut es doch in ihrer Hand lag!
    »Shaigiss?« fragte Yareth da mit zittriger Stimme. Sie hatte die Augen ganz weit offen und sah so aus, als ob sie gleich in Tränen ausbrechen würde. Nun biß sie sich auf meine Lippe, und mein Kinn bebte, und meine Wimpern flatterten. »Sh … Shaigiss, ach bitte, entschuldige!«
    »Entschuldige? O Gottes Schrumpfhoden! Hoheit, entschuldige dich nicht, sondern tu etwas!«
    »Shaigiss, das kann ich nicht. Nicht, solange ich in deinem Leib bin! Ich kann nicht mehr tanzen«, keuchte sie und versuchte, sich aufzurichten, stöhnte aber gleich auf und sank schmerzverzerrten Gesichts zurück. »Ich muß den Eingangszauber verpatzt haben. 
    Aber das allein erklärt es nicht. Wir haben wohl beide die andere sein wollen. Oh, wie oft habe ich mir gewünscht, wie du zur Kriegerin geboren zu sein, frei zu gehen, wohin ich will, zu tun, was ich will, und zu lieben, wen ich will … aber ich mag dich doch so! Ich würde dir nie wünschen, dieses Schwein von Krang auf dir zu spüren! Und du würdest doch nie so wie ich sein wollen! Ich weiß nicht, was ich denn falsch gemacht habe! Oh, ich wollte ja nicht wirklich eine Kriegerin sein, nein, ich wünschte mir nur deine Freiheit …«
    Sie begann zu weinen. Mein großes, häßliches und durch eine Narbe verunstaltetes Gesicht begann zu weinen! Aber weder Hysterie noch Furcht verzerrte es — kleine, halb erstickte Klagelaute entrangen sich meinem Mund, und dicke Tränen kullerten meine Wangen hinab.
    Ich kniete mich neben Yareth hin und sagte so sanft wie möglich:  
    »Hoheit … hast du je daran gedacht …« Aber dann wußte ich nicht mehr, wie ich es ausdrücken sollte, und nahm einen neuen Anlauf:  
    »Hoheit, du mußt ja bloß deinen Brüdern, deiner Mutter und deinem Vater gehorchen. Und wenn du einmal Krangs Frau bist, hast du nur noch ihm Gehorsam zu erweisen. Ich hingegen muß Hanthor, Odoc und jedem von adligem Blute gehorchen, dir und deinen Brüdern, deiner Mutter und deinem Vater, und muß alles tun, was sie mir befehlen. Denkst du, ich hätte nie davon geträumt, so eine verdammte kleine Königin zu sein?« Als ich meine geheimsten Wünsche ausgesprochen hatte, ging mir auf, wie unbedacht und ungeheuerlich sie waren. »Oh …«, erwiderte Yareth, ganz als ob sie sich das auch in ihren wildesten Träumen nie vorgestellt hätte - was sicher auch zutraf. »Die Schwestern werden uns wieder zurückverwandeln«, fuhr sie fort, klang dabei aber nicht sehr überzeugt.
    Da warf ich mich aufs Gesicht, küßte die Erde und wühlte mit den Händen im Staub. »Oh, Große Muttergöttin«, betete ich. »Das habe ich nicht gewollt! Ich wußte es nicht besser … Ja, ich habe mich nicht genügend nach dir gerichtet, aber ich habe nie deinen Namen mißbraucht. Jedenfalls nicht häufig. Ich habe dich nie um etwas anderes gebeten, als Kriegerin sein zu dürfen und viele Liebhaber zu bekommen, und diese Gebete sind erhört worden. Ich wollte nie wirklich Königin in irgendeinem Land werden. Wirklich! Alles das war doch nur so dahingesagt, war das Gewäsch einer Kriegerin!  
    Bitte, Große Muttergöttin, hörst du mich ?«
    Yareth an meiner Seite betete so inbrünstig wie ich zur Großen Göttin.
    Aber ich blieb in ihren engen kleinen Körper gezwängt. Jetzt ertönten draußen schon die Rufe der Cybothi. Ich legte Yareth so kameradschaftlich wie einer Waffengefährtin die Hand auf die Schulter und flüsterte: »Hoheit, das ist jetzt unwichtig. Die Cybothi sind da. Ich nehme so viele mit in den Tod wie möglich.« Ich zog mein Schwert näher zu ihrer

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