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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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fallende Lichtschein kaum durchdringen konnte, nahm ihr fast jede Sicht. Aber da, neben dem weißen Haufen von Holzstapel, war doch ein vager Lichtfleck - Trins Laterne! Vorsichtig stapfte sie nun darauf zu, und rutschte dennoch einmal in dem wadentiefen Schnee aus, der den Hof jetzt bedeckte.
      »Halt!« übertönte eine Stimme das Heulen des Windes. Sharik blieb wie angewurzelt stehen und faßte ihr Schwert fester. Da trat ein Schemen hinter dem Holzstapel hervor und ins Licht der zu Boden gefallenen Laterne. Der Anblick, der sich Sharik jetzt bot, ließ sie tief Luft holen.
      Denn vor ihr stand, splitternackt und strahlend lächelnd, mitten im kalten Schnee und Sturmgebraus der schönste Mann, den sie je erblickt hatte. Er war schlank und muskulös und hatte ein fein geschnittenes Gesicht und dunkelblondes Haar. Nun bückte er sich anmutig und hob die Laterne auf, und seine Augen schimmerten rot in ihrem Schein.
      »Die Frau ist in meiner Gewalt«, sagte er mit tiefer, herrischer Stimme. »Bring mir das Kind ... oder sie ist des Todes.« Als Sharik endlich begriff, was er gesagt hatte, leckte sie sich nervös die Lippen. »Welches Kind?« fragte sie dann ruhig, um ihre Überraschung und Verwirrung zu verbergen. Der Fremde grinste. 
      »Ressas Kind«, erwiderte er. »Den Jungen der Frau mit dem gezeichneten Gesicht. Sag ihr, Haldan sei hier, und sie habe bis Sonnenaufgang Zeit, mir das Kind zu übergeben. Wenn sie sich weigert, bringe ich meine Geisel schön langsam um. Und jetzt geh!«
      »Wie soll ich wissen, daß sie noch am Leben ist?« fragte Sharik.  
      »Ich möchte sie sehen.« »Geh!!«
      Sharik zitterte und knirschte in ohnmächtiger Wut mit den Zähnen. 
      Er trug keine Waffe, soviel war sicher. Sie könnte sich hier und jetzt auf ihn stürzen. Aber der Schnee war so verdammt rutschig, und einer, der splitternackt im knietiefen Schnee stehen konnte, ohne sich den Tod zu holen, konnte womöglich noch mehr als das ... Es war auch nicht zu erkennen, wo er Trin gefangenhielt und ob er wirklich allein war. Er war also klar im Vorteil. Und dann auch noch dieses verfluchte Lächeln!
      Sie machte schweigend kehrt, um den Rückzug anzutreten, und sah sich erst an der Tür wieder um. Aber da war er verschwunden, samt der Laterne.
      Als Sharik in die Gaststube zurückkehrte, fand sie dort, um Emry geschart, auch das übrige Gesinde vor. Der alte Pferdeknecht sah besorgt, aber auch zweifelnd drein. Und die Zwillinge standen mit angstgeweiteten Augen da - die eine weinte gar. Sie redeten alle zur gleichen Zeit und wild durcheinander. »Was war das?« »Was hast du gesehen?« »Lebt sie noch?«
      Und Ressa, die Dreyan fest an sich drückte, stand stumm am Ofen und starrte Emry an, als ob er eine Viper sei. Da warf Sharik die Tür hinter sich zu und schrie: »Ruhe jetzt!« Und sie nutzte die nun eintretende Stille, um ihre Gedanken zu sammeln. »Trin lebt noch«, sagte sie dann, so überzeugend wie möglich. »Emry, erzähle mir, was da geschah!« Der verängstigte Junge schluckte hart und stotterte: »Ich ... ich kam von euren Pferden zurück, nach denen ich noch geschaut hatte. Irgend etwas hatte sie so erschreckt, daß sie wie wild gegen die Boxen traten, aber ich habe sie beruhigen können. Ja, und da sah ich Frau Trin am Holzstapel stehen. Ich rief sie. Und sie sagte, komm und hilf mir mit dem Feuerholz.« Sein Gesicht verzerrte sich nun. »Da ... stieg irgend etwas von hinten über den Holzstoß und packte sie.«
      »Und du bist einfach weggelaufen?« fragte der Pferdeknecht böse.
      »Trin wollte es«, verteidigte sich Emry. »Es stand dort im Schein der Laterne, so daß wir beide es gesehen haben. Zuerst war es auf allen vieren ... aber als es sich aufrichtete, um Trin zu packen, sah es wie ein Mensch aus. Nur völlig behaart, mit einem Maul wie ein Wolf und mit glutroten Augen.«
      Vom Ofen her erklang ein Keuchen. Ressa war weiß im Gesicht geworden, und ihr rotes Muttermal leuchtete wie frisches Blut.  
      »Und, hat es gesprochen, Emry?« fragte Sharik, ohne Ressa aus den Augen zu lassen. »Hat es irgend etwas gesagt?« »Etwas gesagt?« wiederholte Emry verständnislos. »Es knurrte wohl eher.«
      Sharik runzelte die Stirn - Emrys Bericht und ihre Beobachtungen ließen nur den einen Schluß zu ... Sie trat auf Ressa zu, die wie angewurzelt dastand, und sagte nur ein Wort: »Haldan!«
      86Damit hatte sie wohl ins Schwarze getroffen! Ressa sah gehetzt

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