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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Zeitlang dachte ich schon, ich hätte mich verirrt ...«, gab Sharik zu. »Ich bin ja auch noch nie hier gewesen.« Sie lauschte auf den Wind, der immer wilder heulte. Der Junge, der da draußen bei den Pferden war, tat ihr plötzlich schrecklich leid. »Was für ein Glück, daß wir das Haus gerade jetzt gefunden haben!« seufzte sie.
      »Ja, eben noch rechtzeitig vor diesem Schneesturm«, war nun eine fremde weibliche Stimme zu vernehmen.
      Als Sharik verdutzt aufblickte, sah sie eine stämmige Frau mit schon grauem Haar vor sich. Die Fremde, die ein schlichtes Kleid und dazu eine Küchenschürze mit großen Fettflecken trug, musterte lächelnd das Falkin-Emblem auf Shariks Wams und sagte dann in der Tempelsprache: »Sei gegrüßt, im Namen der Großen Beschützerin.«
      Nun erhob Sharik sich und sprach die zweite Hälfte des rituellen Grußes: »Und sei du im Namen der Großen Rächerin gegrüßt.« 
      Sodann fuhr sie im profanen Hjelmarik fort: »Ich bin Sharik von Eshan. Kavalleristin aus Atenawa.«
      »Trin von Gliest«, erwiderte die ältere Frau und reichte ihr die Hand. »Willkommen im Falkinnenhorst! Ich bin die Wirtin ... Womit hast du dir's bei der Kommandeurin verscherzt, Reiterin Sharik?«  
      »Häh? Wieso?«
      Trin kicherte und wies mit dem Kopf auf Shariks Satteltaschen vor dem Ofen. »Du bist doch auf Kurierdienst«, konstatierte sie. »Zur Schwadron in Tarzy's Forge, ja? Hring, diese alte Sau, verdonnert doch immer diejenigen Rekruten zum Winterkurierdienst, die sie am wenigsten mag. Was hast du denn Schreckliches verbrochen ?«
      »Ich bin vor einigen Tagen zum Morgenappell zu spät gekommen ...«, erwiderte Sharik düster lächelnd.
      Trin fauchte vor gespieltem Mitgefühl, lachte dann herzhaft und wandte sich Ressa zu, die das Ganze stumm vom Ofen aus beobachtet hatte, und fragte: »Was führt denn dich und dein Kind in einer so lieblichen Nacht hierher, mein Fräulein?« »Mein ... mein Mann ist vor zwei Monaten gestorben, Frau Wirtin«, antwortete Ressa und neigte den Kopf nach links, obwohl ja nichts darauf hindeutete, daß Trin ihr Muttermal bemerkt hätte. »Weil er keine Verwandten mehr hatte, kehre ich jetzt zu meiner Familie in Stalo's Heath zurück.«
      »Mein herzliches Beileid«, sagte Trin ernst und fuhr nach einer Weile, wieder lächelnd, fort: »Nenn mich Trin, bitte. Die Anrede >Frau< erinnert mich so an mein Alter. Und du, komm in die Küche, Reiterin Sharik! Ich habe einen Eintopf fertig. Da ihr heut nacht meine einzigen Gäste seid und das Gesinde schon im Bett ist, mußt du mir schon helfen, das Abendessen für euch aufzutragen.«
      »Dieser Junge hat uns so lange vor der Tür warten lassen, daß ich schon dachte, wir würden da draußen noch eingeschneit«, bemerkte Sharik, als sie der Wirtin in die Küche folgte. »Typisch Emry!« sagte Trin und nickte. »Das ist unser Stalljunge. Ein guter Kerl ... aber laß ihn sich vor ein warmes Feuer setzen, und er schläft im Handumdrehen ein!« Damit trat sie beiseite, um Sharik vorgehen zu lassen, und zog dann die Küchentür fest hinter ihnen beiden zu.
      »Also«, fauchte sie nun, und ihre Jovialität war wie eine Maske von ihr abgefallen, »wer, zur Winterhölle, ist deine Freundin da draußen, Reiterin Sharik? Und wie bist du denn zu der gekommen?«
      Trins Verwandlung von einer freundlichen Wirtin in eine barsche Offizierin war so schnell erfolgt, daß es Sharik erst einmal die Sprache verschlug. »Ich ...«, stakste sie dann, »ich ... habe sie erst heute nachmittag kennengelernt. Auf der Straße hierher. Und wer sie ist, das hast du ja von ihr selbst gehört.« »Der einzige Ort namens Stalo's Heath«, schnaubte Trin, »von dem ich je gehört habe, ist ein Weiler droben im Norden . .. aber sie reist ja in entgegengesetzter Richtung. Als junge Witwe mit einem Neugeborenen könnte sie in jedem Tempel Aufnahme finden und, für ein wenig Mithilfe im Haushalt, bis zum Frühjahr bleiben, um dann weiterzureisen ... Was, zum Teufel, macht sie dann mitten in einem Schneesturm auf der Landstraße?« Sharik spürte, daß ihr Gesicht wie Feuer brannte. »Sie hing fast ohnmächtig im Sattel, als ich auf sie stieß«, versetzte sie wie entschuldigend. »Ich sah auf den ersten Blick, daß sie eben erst aus dem Kindbett aufgestanden war, und konnte den gottverdammten Schneesturm schon förmlich riechen. Was hätte ich denn tun sollen ... sie etwa auf der Straße dort erfrieren lassen? Was hättest du

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