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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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an meiner Stelle getan?«
      Da warf Trin ihr einen grimmigen Blick zu und schüttelte dann den Kopf. »Ich hätte vermutlich genauso gehandelt«, gab sie zu. »Aber dann wäre es mir auch recht geschehen, wenn sie sich als Köder in irgendeiner Banditenfalle erwiesen hätte.« Stirnrunzelnd trat sie an ein Regal, nahm zwei Holznäpfe heraus und stellte sie auf den Tisch.
      »Ich nehme sie hier auf, bis sie ohne Gefahr Weiterreisen kann«, fuhr sie fort. »Aber das geht auf deine Rechnung! Und wir sehen für alle Fälle zu, daß sie sich erst auf den Weg macht, wenn du schon weit weg bist.«
      »Du würdest sie allein reisen lassen?« fragte Sharik kalt. »Mit so einem kleinen Kind?«
      »Ich habe den Verdacht, daß sie daran gewöhnt ist. Für eine Frau im Kurierdienst liest du dir seltsame Weggefährtinnen auf«, sagte Trin und schöpfte von dem Eintopf, der in einem großen Kessel auf dem Herd köchelte, einige Kellen voll in eine Servierschüssel. Der Duft, der Sharik nun in die Nase stieg, war so wunderbar, daß ihr der Magen knurrte - und das so laut, daß sie Trins abschließende Bemerkung fast überhört hätte.
      »Zudem«, sagte die ältere Falkin, »wovor sie auch davonlaufen mag ... es wird sie bei diesem Wetter wohl kaum einholen.«
      Zu dem dicken Eintopf aus Hammelfleisch und Zwiebeln gab es noch Graubrot und Braunbier. Aber wie hungrig sie wirklich war, merkte Sharik erst beim Essen. Als sie gerade, zufrieden und satt, ihren Napf mit einem Stück Brot auswischte, kam Emry vom Stall zurück. Er stampfte sich den Schnee von den Stiefeln und meldete überaus höflich - inzwischen war er ja auch hellwach -, ihre Pferde seien gut untergebracht und für die Nacht bestens versorgt. Als er das erledigt hatte, ließ er sich in einen Sessel vor dem Ofen fallen und schlief im Handumdrehen wieder ein.
      Sharik musterte ihn mit keckem Lächeln. Die warme Mahlzeit hatte ihre Stimmung doch sehr gehoben. Emry war offenbar auch gar nicht so jung, wie sie anfangs gedacht hatte, und er sah recht gut aus. Vielleicht ...
      Aber nein, o nein! Sie war im Dienst, und der endete erst mit der Ablieferung der Depeschen, die in ihren verdammten Satteltaschen staken. Wenn Trin das mitbekäme, und das würde sie sicher, würde sie es Hring melden, und dann wäre die Hölle los, müßte sie teuer dafür bezahlen ... Also fand Sharik sich mit der Aussicht auf eine eisige Nacht ab und nahm sich zum Trost noch eine Portion von dem herrlichen Eintopf.
      Jetzt setzte sich Trin lächelnd zu ihnen an den Tisch und begann, sie ein wenig darüber auszufragen, was sie auf der Landstraße so alles erlebt und gesehen hätten. Die Fragen waren in scherzhaftem Ton gestellt, richteten sich aber zumeist an Ressa. Sharik wußte gleich, daß sie Ressa auf die sanfte Tour auszuhorchen versuchte, und verfolgte fasziniert ihre Manöver ... Obwohl Trins Auftritt in der Küche sie noch immer wurmte, konnte sie doch nicht um hin, ihr schauspielerisches Geschick zu bewundern. Statt einer Falkin mit einer Klinge als Rückgrat war sie nun wieder ganz jene gutmütige Wirtin, der nur an herzhaftem Essen, zufriedenen Gästen und ein klein wenig harmlosem Tratsch lag. Ein braungebrannter Alter, der so hart wie Stahl wirkte und von Trin als der Pferdeknecht vorgestellt wurde, kam herein, um die Fremden in Augenschein zu nehmen, und weckte gleich noch seinen schlummern-den Lehrling mit einem Tritt gegen das Schienbein. Als er wieder fort war, erschienen zwei Mägde - Zwillinge wohl -, um den kleinen Dreyan zu bestaunen und die eine oder andere Frage zu stellen. Als aber eine von ihnen Ressa ganz ungeniert anstarrte, räusperte sich Trin so drohend, daß sie alle beide erschrocken in ihre Schlafkammer zurück huschten. Ressa tat, als bemerkte sie die neugierigen Blicke nicht, redete nur, wenn sie angesprochen wurde, und antwortete auf alle Fragen entweder mit »Ja« oder »Nein« oder »Ich weiß nicht«. 
      Als sie nun mit Dreyan, der zu weinen begonnen hatte, zum Ofen ging, um ihn trockenzulegen, gab Trin auf und begann, den Tisch abzuräumen. Auf einmal hielt sie jedoch inne und rief: »Wach auf, Emry!« Und als der Stalljunge, der gleich wieder eingenickt war, auffuhr und schuldbewußt um sich sah, sagte sie zu ihm: »Ich glaube, ich höre die Pferde . .. Geh und sieh nach, ob du die Stalltür richtig verriegelt hast.«
      Der Junge erhob sich maulend, warf sich den Umhang über und nahm die Laterne vom Haken. Trin griff sich

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