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Lichtspruch nach Tau

Lichtspruch nach Tau

Titel: Lichtspruch nach Tau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: diverse Autoren
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im Jackett vergessen…«
Arzinowitsch nickte verständnisvoll.
»Das ist auch gar nicht anders möglich«, sagte er. »Optische und akustische Halluzinationen gehen ja vielleicht noch an, aber eine Halluzination, die ihren Ausweis vorweist, das ist, entschuldigen Sie schon, Nonsens.«
»Was?« fragte der Mensch zurück.
»Nonsens.«
»A-ah…«
Der Mensch schwieg verstört.
Auch der Professor versank in Gedanken. Er war verwirrt und bestürzt, aber auch gleichzeitig stolz darauf, daß er wie ein echter Wissenschaftler handelte: Er verlor nicht die Fassung, geriet nicht in Panik und glaubte auch nicht an Wunder. Er war ja selbst an allem schuld und konnte niemandem einen Vorwurf machen. Er hatte seine Kräfte nicht geschont und sich so überarbeitet, daß ihm etwas Derartiges einfach zustoßen mußte. Wenn nicht das, dann eben eine Hypertonie oder gar, Gott behüte, ein Infarkt. Er konnte sogar noch von Glück reden. Eine Halluzination bedeutete noch keinen kompletten Wahnsinn, sondern nur eine Art Neurose. Und auch die Behandlung war einfacher als die der Hypertonie und vor allem schmerzlos – nicht so wie beim Zahnarzt. Trotzdem war es schade, daß er kein Psychiater war: Eine solche Möglichkeit der Selbstbeobachtung verstrich ungenutzt! Übrigens würde er alles tun, was er konnte. Dazu war er als Wissenschaftler schließlich verpflichtet.
»Sie glauben also nicht an mich«, ertönte es von oben.
»Der Glaube ist eine wissenschaftsfremde Kategorie. Ich aber bin Wissenschaftler, und deshalb weiß ich, daß Sie ein irreales Produkt meines leider übermüdeten Bewußtseins sind.«
»Aber ich existiere doch!« rief der fliegende Mensch kläglich aus. »Ich habe Kinder!«
»Ich behaupte ja gar nicht, daß Sie nicht existieren. Sie existieren scheinbar.«
»Aber ich fliege!«
»Das ist es ja gerade. Der Mensch an sich kann nicht fliegen. Das wäre ein Wunder. Leute, die sich in der Physik schlecht auskennen, neigen in solchen Fällen zu Leichtgläubigkeit, wir aber wissen, daß in der Natur für Wunder kein Platz ist.«
»Irgendwo habe ich mal von dieser – wie hieß das doch – Antigravitation gelesen!«
»Der Nachteil populärwissenschaftlicher Publikationen besteht darin, daß sie Halbwissen verbreiten und eine Neigung zu Sensationen aufweisen«, bemerkte der Professor streng. »Eine Antigravitation in dieser Form schließt aus… Sie können sich nicht einmal vorstellen, was sie alles ausschließt.« »Nein, das kann ich nicht«, bekannte der Mensch. »Ich fliege einfach.«
»Da haben wir’s! Für jede ungewöhnliche Erscheinung gibt es eine rein wissenschaftliche Erklärung. Deshalb liegt Ihr Fall ganz klar. Selbst wenn der Antigravitation nichts widerspräche – wo steckt die Energiequelle, die Sie in die Lüfte gehoben hat? In Ihnen selbst? Lächerlich!«
»Vielleicht habe ich beim Mittagessen irgend etwas Falsches gegessen oder getrunken… Heutzutage ist doch in allem Chemie drin, und da wäre so etwas durchaus möglich…«
Der Professor wollte gerade den Mund öffnen, um zu einer Erwiderung anzusetzen, als ihn plötzlich der simple Gedanke schockierte, daß er hier Selbstgespräche führte!
Schließlich hatte er keinen Menschen, sondern eine Halluzination vor sich. Er aber redete laut.
Arzinowitsch schaute den fliegenden Menschen haßerfüllt an. Der schaukelte über ihm wie ein Luftballon. Und ständig ruderte er mit den Flossen, als versuche er zu tauchen. Seine Beine zappelten fahrig in der Luft; am rechten Fuß fehlte der Schuh, und aus der durchlöcherten Socke schaute ein Zeh heraus.
»Ich kann nicht mehr ’runter.« Seine Stimme klang gequält. »Seit ich vor einer halben Stunde aufgestiegen bin, fliege ich herum… Es zieht mich mit Gewalt nach oben… Einen Schuh habe ich schon verloren… Könnten Sie mir nicht helfen? Sie brauchten nur irgend etwas an mir festzuhaken und mich an eine der Kiefern heranzuziehen…«
Der Professor schloß die Augen.
Ein Forscher mußte unter allen Umständen ein Forscher bleiben, daran war nicht zu rütteln. Er aber war doch, was man auch sagen mochte, ein Fachmann anderen Profils! Ich werde bis hundert zählen und erst dann noch einmal hinsehen, entschied er. Das Objekt müßte sich transformieren.
»Dann bin ich also verloren«, seufzte eine Stimme über ihm. »Benachrichtigen Sie wenigstens meine Familie… meine Frau… in Malye Wysselki…«
Die Stimme entfernte sich langsam.
Ein Windhauch strich über das Gesicht des Professors. »Neunundsiebzig, achtzig,

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