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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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gesagt.«
    Li wollte sich die Lippen lecken, ließ es aber, als ihr bewusst wurde, wie es gewirkt hätte. Korchow schlitterte am Rande einer Abfuhr entlang. Er fragte sie über Sharifi aus. Bat um Informationen. Er machte ihr unmissverständlich ein Angebot … welcher Art auch immer. Aber doch so gerissen, dass Li das Angebot nicht direkt ausschlagen konnte, ohne selbst zum Thema zu kommen.
    Hatte eine innere Abteilung der UN diesen Kerl auf sie angesetzt? Wandte er sich im Auftrag der Syndikate an sie? Oder war er nur ein Industriespion, der für irgendein multiplanetares Unternehmen Informationsschnipsel über Sharifis Arbeit sammelte? Worum es auch ging, dieses Gespräch wurde mit Sicherheit aufgezeichnet. »Ich kann Ihnen keine Auskünfte über eine laufende Ermittlung geben«, sagte sie.
    »Es würde mir nicht im Traum einfallen, mich in eine Ermittlung des Sperrlisten-Komitees einzumischen«, erwiderte Korchow. »Meine Interessen lassen sich eher als … tangential zu den Ihren beschreiben.«
    Auf dem Bildschirm war der Kubaner wieder dran. Das Spiel stand unentschieden. Die Yanks hatten einen Mann auf dem Platz, der gar nicht gewinnen wollte. Hamdani würde es versauen.
    »Ich weiß gar nicht, wie Sie darauf kommen, dass TechComm irgendetwas mit meiner Anwesenheit hier zu tun hat«, sagte Li.

    »Also wirklich, Major. Ihr Problem ist, dass Sie nicht glaubhaft lügen können, wenn es erforderlich ist.«
    »Ha!«, sagte Li. Die Abwehrsoftware hatte es endlich geschafft, Korchows Blockierung aufzuheben. Der Rekorder nahm wieder alles auf.
    »Nun«, sagte Korchow und stand auf. »Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu plaudern.« Er griff in seine Brusttasche, zog eine schmale Karte heraus und legte sie vor Li auf den Tisch. »Meine Karte. Ich habe ein Geschäft in der Hauptstadt. Ich verkaufe Antiquitäten. Compsons Planet ist eine Schatzkammer voll bemerkenswerter Artefakte. Es wäre mir eine Ehre, wenn Sie mich einmal besuchten und mir die Gelegenheit gäben, Ihnen zu zeigen, was der Planet anzubieten hat.«
    »Ich bezweifle, dass ich dafür Zeit haben werde«, sagte Li. Sie nahm die Karte vom Tisch und gab sie ihm zurück.
    »Nein, nein«, sagte er. »Es ist meine feste Überzeugung, dass man keine Tür im Leben zuschlagen sollte, wenn man nicht genau weiß, ob man sie nicht doch einmal durchschreiten will.«
    Li sah ihn im Gedränge verschwinden. Dann warf sie einen Blick auf die Karte in ihrer Hand. Sie war aus einem matten, faserigen Material gefertigt, das wie Papier aussah, aber kein Papier war. Und statt mit gedruckten Buchstaben und Bildern war es mit einem geometrischen Raster aus ausgestanzten Löchern versehen. Eine Hollerithkarte.
    Sie hatte schon bei anderen Gelegenheiten Hollerithkarten gesehen, und sie wusste, welche Wertschätzung es bedeutete, wenn einem jemand eine solche Karte überreichte. Sie war mit einem Dezimalcode in einem Format beschrieben, das seit zwei Jahrhunderten keine Maschine mehr lesen konnte. Sie war Ausdruck einer technofetischistischen, antiken, hochnäsigen Ästhetik. Und sie setzte
voraus, dass derjenige, dem man sie gab, den antiquierten Code ohne Zuhilfenahme eines externen Computers erkennen und verarbeiten konnte.
    Sie ging das Gespräch mit Korchow noch einmal in Gedanken durch und war sich ganz sicher, dass er dem KnowlesSyndikat angehörte. Knowles war das Syndikat der Diplomaten, der Spione. Ihre A-Klasse-Konstrukte waren Einzelgänger in der eng geknüpften Konformität der Syndikatsgesellschaft, Künstler der Informationsverarbeitung und Manipulation, ebenso brillant wie unberechenbar.
    Die Oberflächenadresse, die in die Hollerithkarte gestanzt war, gehörte zu Korchows Geschäft in Helena. Zwischen die Löcher war ein kompliziertes Logo in die Karte geprägt, das Li an die Muster von Cohens persischen Teppichen erinnerte. Wo hatte sie dieses Design schon einmal gesehen? In einem Werbespot? Sie durchsuchte ihren Festspeicher nach einer Entsprechung und fand eine im jüngsten Verzeichnis ihrer Aktivitäten. Ein ganz frischer Eintrag.
    Sie öffnete die Datei und sah die Digitalaufnahme eines ledergebundenen Tagebuchs mit einer Klappentasche auf der Vorderseite, in der ein Dutzend Visitenkarten steckte. Und dort, hinter mehreren glänzenden E-Papier-Steifen, lugte die Ecke von Korchows Hollerith-Karte hervor.
    Das Notizbuch bestand aus Leder. Braunes Leder, so weich und teuer wie Butter. Sharifis Tagebuch.
    Auf dem Bildschirm hatte der Kubaner inzwischen Hamdani

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