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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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einen Rauchring in seine Richtung. »Danke, dass du Korchow nichts erzählt hast …«
    »Nun ja, ich dachte mir, das hättest du nicht gern.«
    »Er meint, dass wir ihn hinhalten.«
    Cohen atmete tief durch und sah sie an. »Hat er dir das gesagt?«
    »Nachdem du gegangen bist.«
    Er wollte etwas sagen, ließ es aber, und es schien, als fiel eine Klappe vor sein Gesicht, als sei ihm ein Gedanke gekommen, den er nicht mit ihr teilen wollte.
    »Hast du erwartet, dass das Intraface einfach so funktioniert? «, fragte sie und rätselte, was er hatte sagen wollen. »Was hast du eigentlich geglaubt, wie es laufen würde?«
    »Ich dachte mir, es wäre wie eine Assoziation mit einer anderen KI. Man legt die Austauschprotokolle fest, öffnet die Dateien, und sie können ihre Abstimmungsprozedur mehr oder weniger selbst durchführen.« Er zuckte die Achseln. »Um die Wahrheit zu sagen, ich habe mir keine großen Gedanken darüber gemacht.«
    Sie sah ihn von der Seite an und bewunderte Ramirez’ schönes Profil, die glänzende Locke, die ihm in die Stirn fiel. »Es sieht dir gar nicht ähnlich, dir vorab keine Gedanken zu machen«, sagte sie.
    »Oh doch. Du glaubst nicht, wie dumm ich sein kann, wenn es wirklich darauf ankommt.« Er lehnte sich gegen
das Geländer, stützte den Kopf auf die verschränkten Arme und sah Li an. »Wenn man mit acht Milliarden Operationen pro Picosekunde läuft, ist es erstaunlich, wie schnell ein schlechtes Urteil lawinenartig anschwillt. Ganz zu schweigen von einer echten Idiotie.«
    Sie rauchte eine Weile schweigend, ließ die Asche von der Zigarettenspitze fallen und wie kohlefarbene Schneeflocken auf den Boden tief unter ihr rieseln.
    »Was denkst du?«, fragte sie.
    »In welcher Beziehung?«
    »Komm schon, Cohen. Ich habe im Moment nicht die Energie für deine Spielchen.«
    »Es ist kein Spiel mit dir. Das war es nie.«
    Sie wandte sich ihm zu und stellte fest, dass er sie immer noch anstarrte. Ramirez’ Augen waren konzentriert und reglos. Warum hatte sie nie bemerkt, wie außerordentlich weiß das Weiße in seinen Augen war, wie scharf und fein die Linie zwischen Hell und Dunkel, wo das Weiße auf die Iris traf?
    Es wurde ruhig unter der Kuppel, bis auf das Rauschen der gefilterten Luft, die durch das antiquierte Lebenserhaltungssystem hereingepumpt wurde, und das leise Knistern von Lis Zigarette.
    Sie schwang ihre Beine über den Abgrund, und ein Fuß stieß gegen Ramirez’ Fuß. »Entschuldigung«, sagte sie.
    »Schon gut«, sagte Cohen.
    Sie entfernte ihre Beine ein wenig von seinen.
    »Ich habe über Alba nachgedacht«, sagte er nach einem Moment. »Du hast das Bewusstsein verloren, bevor wir drin waren. Nun, bevor ich drin war.Ich hatte solche Angst, wir könnten zu spät kommen, dass ich mir Arkady gekrallt und alles selbst gemacht habe. Der arme Kerl. Er war sehr nachsichtig mit mir. Trotzdem, eine Zeit lang sah es sehr eng aus. Wirklich eng. Ich dachte schon, es hätte uns alle erwischt.«
    Er zündete sich eine Zigarette an, führte sie an die Lippen – und dann machte er ein frustriertes Gesicht und drückte sie auf dem Geländer aus.
    »Solche Momente versetzen einen in eine reumütige Stimmung«, sagte er. »Man fragt sich, ob man nicht seine Zeit verschwendet hat.«
    »Du darfst nicht so denken«, erwiderte Li. »Damit machst du dich verrückt.«
    »Oh, ich kann dir versichern, dass ich mir darüber seit Jahren keine Gedanken mehr mache.«
    »Wie meinst du das?«, fragte Li, als ihr bewusst wurde, wie eigenartig Cohens Bemerkungen über Alba waren. »Was soll das heißen, du dachtest, es hätte uns alle erwischt? Du kannst doch nicht … du hast doch Back-ups, oder?«
    »Theoretisch ja.«
    »Aber ich dachte …«
    »Natürlich habe ich Back-ups. Aber bisher haben nur vier vernunftbegabte KIs tatsächlich ihre kritischen Systeme heruntergefahren. Die Back-ups haben ihnen allen nichts genützt.«
    »Warum hast du mir das nicht vorher gesagt?«, fragte Li und zuckte vor dem selbstgerechten Ton in ihrer Stimme zusammen. »Warum habe ich nichts davon gewusst? Ich habe noch nie gehört, dass eine KI sterben kann.«
    »Es ist nicht direkt ein Sterben. Sie sind nur … sie sind einfach nicht mehr sie selbst. Wenn du verstehst, was ich meine.«
    »Ich hätte dich nie um deine Hilfe gebeten, wenn ich es gewusst hätte.«
    »Dann war es wohl gut, dass du es nicht gewusst hast, oder?«
    »Es war überhaupt nicht gut, Cohen.«

    Er zappelte ungeduldig. »Vergeude meine Zeit nicht mit

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