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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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Traum von billigen Zuchtkristallen, all das waren keine Lügen gewesen, aber vorgeschobene Gründe. Die eigentliche Motivation war die gleiche gewesen, die Compson und viele andere Forscher und Gelehrte nach ihm auf diesen Planeten geführt hatte: Leben, die einzige Form von hochentwickeltem Leben im Universum neben dem Menschen und seinen Geschöpfen.

    Li hatte es die ganze Zeit vor Augen gehabt, klar wie Quellwasser, in Sharifis eselsohriges Xenograph -Exemplar gekritzelt.
    Wir kamen in dieses Land wie Heilige in die Wüste, hatte Compson geschrieben. Wir kamen, um verändert zu werden. Aber nichts verändert sich. Alles, was der Mensch berührt, verändert sich.
    Und Sharifi hatte geantwortet: Aber ihr habt ihnen trotzdem die Karten gezeichnet, nicht wahr?
    Dieses Bergwerk war Sharifis Wüste. Sie war hergekommen, um zu sehen, zu verstehen, verändert zu werden. Und sie wollte nicht denselben Fehler machen wie Compson. Sie wollte nicht die Karten nach oben weiterreichen und sich darauf verlassen, dass TechComm die Kristalle beschützte. Sie glaubte, dass sie einen besseren Plan hatte.
    Li warf Voyt und Korchow einen Blick zu. Sie hatten sich etwas zurückgezogen und beobachteten Sharifis Vorbereitungen. Haas’ Handlanger und der Handlanger der Syndikate. Einer von ihnen hatte es auf die synthetischen Kristalle abgesehen, die die Syndikate so dringend brauchten. Der andere … was hatte er im Sinn? Wem diente Voyt? Haas oder der UN? Und wer von beiden würde Sharifi umbringen?
    Plötzlich wusste Li, dass sie nicht zusehen wollte – schon gar nicht aus Sharifis Perspektive –, wenn es geschah. Sie musste nicht sehen, wer Sharifis Schädel eingeschlagen, ihre Hand zerfleischt hatte. Sie musste nicht zusehen, wie man sie fertigmachte. So viel Privatsphäre schuldete sie Sharifi.
    Etwas verschob sich in der schattigen Luft. Etwas Gewaltiges, Träges, Uraltes. Es gab keinen Lufthauch, kein Geräusch, kein äußeres Anzeichen der Veränderung, aber es war so deutlich, als ob sich eine Tür öffnete. Der Datenaustausch
zwischen Li und Cohen kletterte auf ein Maximum. Li hatte das gleiche Gefühl, eine Flut herannahen zu sehen, das sie überwältigt hatte, als sie in die Kristalldruse hinabgestiegen waren. Dann brach es über sie herein.
    Es durchströmte sie wie das Blut ihre Adern. Es füllte ihre Lungen, ihren Geist, jeden Hohlraum in ihr. Und als es ihr alles genommen hatte, was zu nehmen war, schuf es neue Leerräume in ihr, neue Universen. Ihre Haut spannte sich über Ozeane und Kontinente. Ihre Nerven waren die versteinerten, planetenumspannenden Ströme von Kohlenstoffadern, ihre Blutgefäße die Verwerfungslinien und Erzlager, ihre Augen düstere Sterne, die im dunklen Herz der Erde glommen.
    Sie sah den Wechsel der Jahreszeiten und das langsame, von Jahreszeiten unabhängige Vergehen der Zeit in den inneren Gefilden der Erde. Sie sah, wie sich Berge auffalteten und Kontinente verschoben. Sie sah den Aufstieg, die Kämpfe und den Untergang des Lebens und den Sturz in die Dunkelheit, ohne zurückzublicken. Sie blickte durch die Augen jedes Geschöpfes, das in den Tiefen gelebt hatte, das über die Hülle des Planeten gekrochen oder durch seine weiten, trockenen Ozeane geschwommen war. Und dann, es schien nur einen Moment zu dauern, war das Wasser verschwunden, und der Wind fegte über die Steppen, und nur ein weicher Pelz aus Algen und Flechten spürte etwas davon.
    Sie sah Menschen kommen, sah die Forscher und Erkunder, das flüchtige Flackern von Grubenlampen. Sie spürte die Regungen und Stiche einer Welt, der zu Bewusstsein kam, dass sie wieder Kinder hatte – auch wenn es fremde, mordlüsterne, unersättliche Kinder waren.
    Sharifi hatte von all dem nur ein blasses Echo gesehen, gefiltert durch eine verständnislose Feld-KI. Aber es hatte genügt. Sie hatte alles erfahren. Und nachdem sie alles
erfahren hatte, gab es keinen Platz für Absprachen, Kompromisse oder Geheimnisse.
    Es war so einfach. Es war so unmöglich. Natürlich musste man sie umbringen.
     
    Irgendetwas schlug um, und auf einmal stürzte Li blind durch die Leere.
    Aber nicht allein. Es war eine geteilte Dunkelheit. Jemand wartete im vielstämmigen Wald der Kristalle auf sie. Ein Mann, dünn, dunkelhaarig, das Gesicht im Schatten verborgen. Ein Mann, der immer wieder für Sekunden unsichtbar wurde, als sie auf ihn zuging, wie ein Stern, der hinter einer treibenden Wolkendecke funkelte.
    »Nicht er«, flüsterte sie, auch wenn sie nicht

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