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Lichtspur

Lichtspur

Titel: Lichtspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Moriarty
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gefunden haben? Was dann?«
    Li zuckte die Achseln. »Die Übeltäter werden bestraft.«
    »Ganz gleich, wer sie sind?«
    »Ganz gleich, wer sie sind.«
    Es schien, als gäbe es danach nichts mehr zu sagen. Bella saß reglos wie ein Fels da. Sie machte den Eindruck, als wollte sie für immer so sitzen bleiben. Jedenfalls bis Haas wieder zurückkehrte.
    »Haben Sie keinen Nachnamen?«, fragte Li schließlich, nur um überhaupt etwas zu sagen.
    »Nur Bella«, antwortete die Hexe. Sie sprach den Namen aus, als sei er nur ein Produktbezeichnung, der nichts mit ihrer Person zu tun hatte.
    »Sie stehen bei der ABG unter Vertrag, nicht?«
    Bella presste die Lippen zusammen. »Ich habe einen Vertrag mit dem MotaiSyndikat. ABG ist Mitunterzeichner. «
    »Tut mir leid«, sagte Li. »Ich habe keine Ahnung, wie … wie das funktioniert. Ich habe wahrscheinlich etwas Dummes gesagt.« Sie hob den Blick und bemerkte, dass Bella sie anstarrte. »Was ist?«, fragte sie.
    Bella presste eine Hand an ihre Halsschlagader, und in einem unheimlichen Déjà-vu erkannte Li diese Geste wieder. Es war die gleiche Biofeedback-Manipulationstechnik, die sie bei Syndikatssoldaten beobachtet hatte. »Nichts«, sagte Bella und ließ die Hand in ihren Schoß sinken. »Sie … Sie erinnern mich nur an jemanden.«
    »An wen?«, fragte Li, obwohl sie natürlich die Antwort kannte.
    Bella lächelte.
    »Wie gut haben Sie Sharifi gekannt?«, wollte Li wissen. »Haben Sie mit ihr über ihre Arbeit gesprochen?«

    »Nicht viel.« Bella rieb nervös den Ausschlag hinter ihrem Ohr, zog dann aber die Hand weg wie ein Kind, das man beim Herumpulen an einer Wunde erwischt hatte. »Es tut mir sehr leid«, sagte sie. »Ich weiß wirklich nichts.«
    »Ich bin mir sicher, dass Sie mehr wissen, als Sie glauben«, sagte Li. »Es kommt nur darauf an, die Teile richtig zusammenzusetzen. Erzählen Sie mir, was Sie von dem Feuer in Erinnerung haben. Vielleicht kann ich eine Verbindung herstellen.«
    »Ich kann Ihnen nichts sagen«, erwiderte Bella. »Ich erinnere mich nicht.«
    »Fangen Sie einfach am Anfang an und erzählen Sie mir alles, woran Sie sich erinnern.«
    »Aber das ist ja das Problem. Ich erinnere mich nicht. Ich weiß gar nichts mehr.«
    Und dann fing sie an zu weinen.
    Sie weinte lautlos, und die Tränen strömten ihr übers Gesicht wie Regentropfen über eine gemeißelte Statue. Li stützte die Ellbogen auf die Knie, sah sie an und kam sich unbeholfen und nutzlos vor. Sie hatte noch nie eine erwachsene Frau so weinen sehen. Es war, als sei in ihrem Innern ein Damm gebrochen, als hätte sie jedes Schamgefühl verloren, das Menschen gewöhnlich veranlasste, mit den Händen das Gesicht zu bedecken, wenn sie weinten. Verloren oder nie gehabt.
    Li räusperte sich. »Erinnern Sie sich vielleicht an etwas, bevor Sie in die Grube gefahren sind? Oder auf dem Weg nach unten? Sie müssen doch in einem Shuttle gesessen haben. Vielleicht haben Sie sich mit jemandem unterhalten? Irgendwas.«
    »Nein«, sagte Bella erbittert. »Ich sagte doch: nichts.«
    Sie stand dabei so abrupt auf, dass sie ihre Kaffeetasse vom Tisch stieß.

    Li griff unwillkürlich danach. Sie bekam noch rechtzeitig die Hand unter die Tasse. Der Löffel fiel auf den Boden. Die Untertasse landete in ihrer Handfläche. Die Tasse klapperte, fiel aber nicht um. Kein Tropfen wurde verschüttet. Li stellte die Tasse wieder auf den Tisch und bückte sich, um den Teelöffel aufzuheben.
    Als sie wieder aufblickte, starrte Bella sie mit heruntergesacktem Unterkiefer an. »Wie konnten sie die auffangen? «, flüsterte sie.
    Li streckte den Arm aus und zeigte Bella das Netzwerk aus Fäden unmittelbar unter ihrer Haut.
    Bella schaute den Arm an, als habe sie noch nie eine Verkabelung gesehen. Schlimmer noch, ihr Gesicht zeigte die gleiche angewiderte Faszination wie jemand, der einen Zirkusfreak betrachtete. »Wie … wie ist das in Ihren Körper gekommen?«
    »Viralchirurgie.«
    »Wie bei Voyt«, sagte sie, und als sie den Namen des Toten aussprach, durchfuhr ein Schaudern ihren schlanken Körper. »Im Syndikatsraum wären Sie ein Monstrum.«
    »Dann, nehme ich an, habe ich Glück, dass wir nicht im Syndikatsraum sind.«
    Bella legte eine Hand an ihren Schädelsockel. »Sogar das ist … eine Abweichung.«
    »Nun, wenn Sie auf einem UN-Planeten arbeiten wollen, müssen Sie auf den Spinstrom zugreifen können. So arbeitet man hier eben. So kommunizieren wir.«
    »Kommunizieren.« Bella war offensichtlich noch nie

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