Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War
gegen
den Türrahmen stemmte, einen Fuß dagegen verkeilt, und halb auf die Knie sinken musste, um sie zu fassen zu kriegen. Sie krallte sich an ihm fest, in jäh aufwallender panischer Angst vor dem Abgrund unter ihren zappelnden Füßen, und wurde in die plötzlich willkommene Enge ihres Gefängnisses zurückgeschleift.
Mit dem Gesicht nach unten lag sie auf dem Boden und sah zu, wie er nach hinten kroch, völlig außer Atem von der Anstrengung, ihr das Leben zu retten – wieder einmal.
»Mach bitte keine Gewohnheit daraus«, ächzte er. »Ich leide auch so schon unter Alpträumen.«
»Sag mir, was du ihnen geboten hast«, flüsterte sie, die Wange immer noch gegen den stählernen Fußboden gepresst. Sie schloss die Augen und wartete.
Kurz darauf hörte sie ihn seufzen. »Sie wissen bereits, dass du mit dem Wrack in Verbindung stehst«, murmelte er so leise, dass sie Mühe hatte, ihn zu verstehen.
Sie blinzelte. »Und?«
»Sie haben versucht, in das Schiff einzudringen. Ich habe Ihnen meine Hilfe angeboten.«
»Du bist ein verdammter Idiot! Wie kann man nur so blöd sein …«
»Halt die Klappe, verflucht nochmal!«, brüllte er, rappelte sich hoch und baute sich drohend vor ihr auf. »Als ob sie nicht längst Bescheid wüssten, dass du diejenige bist, die es ihnen so schwermacht, in das Wrack oder auch nur in die Piri Reis reinzukommen.«
Sie gab ein dünnes Lachen von sich. »Was immer die Piri Reis im Augenblick veranstaltet, mit mir hat das nichts zu tun«, versetzte sie. »Anscheinend hast du dich mit diesen Dingern, die uns gefoltert haben, angefreundet, Lucas. Komisch, dass du mir erst jetzt davon erzählst.«
Er schüttelte den Kopf und senkte seine Stimme noch ein bisschen mehr. »Sie wollten dich töten, sowie sie von den Protokollen
erfuhren, die ich entwickelt habe. Aber dann machte ich ihnen klar, dass ohne dich rein gar nichts geht, und dass sie es ohne deine Mitwirkung niemals schaffen würden, das Wrack zu einer Kooperation zu bewegen.« Er tippte mit dem Finger an seine Brust. »Einzig und allein mir hast du es zu verdanken, dass du überhaupt noch lebst, Dakota. Und von jetzt an ist unser beider Überleben nur gesichert, wenn sie glauben, dass wir ihnen von Nutzen sind.«
Mit einem Ausdruck tiefster Abscheu starrte sie ihn an. »Und was kommt als Nächstes? Du hast ihnen erzählt, du könntest mich dazu bringen, ihnen zu helfen, stimmt’s?«
»Mir blieb doch gar keine andere Wahl. Hätte ich tatenlos zusehen sollen, wie sie dich ermorden? Und jetzt hör mir mal gut zu, Dak, wir beide haben geredet. Als die Folter nicht wirkte, setzten sie uns unter Drogen, um Informationen aus uns herauszubekommen. Sie zeigten mir Aufzeichnungen, in denen ich über meine Arbeit sprach und wie ich behauptete, ich sei in der Lage, ihnen das Wrack zugänglich zu machen. Ich kann mich nicht erinnern, so etwas gesagt zu haben, trotzdem habe ich gequatscht. Und bei dir war es nicht anders, Dakota.«
»Das erste Wrack, das du im Nova-Arctis-System fandest, hätte dich um ein Haar umgebracht, als du deine Protokolle an ihm ausprobieren wolltest. Hast du ihnen auch diese Geschichte erzählt?«
»Die Sache lief nur deshalb aus dem Ruder, weil das verdammte Shoal-Mitglied in deinem Kopf sich unbedingt einmischen musste!«, schnappte Corso. »Dieses … Ding hat meine ganze Arbeit sabotiert, alles kaputtgemacht, woran ich monatelang geschuftet hatte. Pass auf«, fuhr er in beschwörendem Tonfall fort, »die Bandati unterhalten immer noch gute Beziehungen zum Konsortium. Wenn wir ihnen helfen, die Kontrolle über dieses Wrack zu erlangen, dann können wir beide nach Hause zurück, und ich bekomme vielleicht die Chance, den Freistaatlern einen
Vorteil zu verschaffen. Wer weiß, womöglich könnte sogar die gesamte Menschheit profitieren, sobald wir erst einmal ausgetüftelt haben, wie man selbst einen Transluminal-Antrieb baut.«
Sie gluckste in sich hinein und schüttelte den Kopf. »Du hattest massenhaft Zeit, um mir das alles schon viel früher zu erklären, aber du hast dich feige davor gedrückt, mir die Wahrheit zu sagen. Warum? Wolltest du vielleicht den richtigen Moment für diese Enthüllungen abpassen?« Angewidert zog sie die Nase hoch. »Vielleicht wäre es das Beste gewesen, du hättest mich einfach in den Abgrund stürzen lassen.«
Seine Arme baumelten an den Seiten herab, und nervös ballte und öffnete er abwechselnd die Fäuste. »Dir wurde ein Privileg zuteil, wie es außer dir kein anderer
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