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Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War

Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War

Titel: Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Gibson
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aktiv steuert. Früher gaben Sie uns zu verstehen, Sie seien vielleicht in der Lage, Merrick zu überreden, uns Zugang zu ihrem Schiff als auch zu dem Wrack zu gewähren. Wollen Sie etwa andeuten, dass Sie trotz Ihrer vorherigen Beteuerungen doch keinen Einfluss auf Merrick haben?«
    »Ja … ich meine natürlich nein. Das heißt, ich werde versuchen, sie zu einer Kooperation mit Ihnen zu bewegen.«
    Corso blinzelte nervös; sein Misstrauen war geweckt, und er wusste nicht recht, worauf Honigtau abzielte. »Sie ist fehlgeleitet, weiter nichts. Ich bin sicher, dass ich sie überzeugen kann, ihren Widerstand aufzugeben, sofern man mir nur die Chance böte, mit ihr zu reden.«
    Und gleich am nächsten Morgen fand er sich in Dakotas Zelle wieder.

Kapitel Neun
    Dakota träumte, sie würde in die Tiefe stürzen.
    Die schwere, feuchte Luft außerhalb ihrer Zelle umfing sie wie in einer Umarmung, und sie spürte keine Angst, obwohl die Wand des Turms an ihr vorbeiraste. Sie schaute nach oben und sah, wie sich die fernen Spitzen der anderen Türme zusammenzudrängen schienen, während sie hinunterfiel. Doch selbst im Schlaf wusste sie, dass sie niemals den Boden erreichen würde. Unter ihr breitete sich nur ein dichter Dunstschleier aus, und weder von dem Fluss noch von der Landschaft, die ihr während ihrer wochenlangen Einkerkerung so vertraut geworden waren, ließ sich auch nur eine Andeutung erkennen.
    Ihr Sturz nahm kein Ende, und er verlief ruhig und ungestört.
    Als sie dann aufwachte, merkte sie, dass sie sich nicht bewegen konnte. Ihre Schläfrigkeit wich einer abgrundtiefen Furcht. Es gelang ihr, den Kopf ein klein wenig zu heben, und dann entdeckte sie, dass sie abermals angeschnallt auf einer Pritsche lag.
    Sie peilte in eine andere Richtung, in das hintere Ende ihrer Zelle, und plötzlich blickte sie jemandem ins Auge, der angeblich tot sein sollte.
    Hugh Moss.
    Sie schrie und zerrte an ihren Fesseln. Sicher schlief sie noch und war in einem Alptraum gefangen. Es musste so sein.
    Moss trug einen aufwendigen, mit Pelz gefütterten Mantel, in den Fäden eingewoben waren, die in dem trüben Licht glitzerten. Nach ihrer langen Haft kam ihr dieses Gewand unglaublich luxuriös und wohlig weich vor. Moss hob eine Hand und berührte eine Kordel, die das Kleidungsstück geschlossen hielt. Der Mantel fiel vorne auf und enthüllte den darunter steckenden
nackten Körper; betont langsam ließ Moss dann das prunkvolle Kleidungsstück von den Schultern zu Boden gleiten.
    Sein Leib war bis auf das Skelett abgemagert und voller Narben. Die Haut glich der zerklüfteten Oberfläche irgendeines mit Kratern übersäten Mondes und war kreuz und quer durchsetzt mit Narbengewebe und Wülsten aus bleichem Fleisch. Er sah aus wie das Opfer einer entsetzlich misslungenen medizinischen Autopsie, das man hinterher reanimiert hatte. Ein winziger, verschrumpelter Penis baumelte zwischen zwei zernarbten, spindeldürren Schenkeln, und in einem grausigen Lächeln bleckte er angespitzte gelbe Zähne. Seinen Schädel bedeckte eine weiche, dunkle Stoffkappe, die jedoch nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass sein Kopf erst kürzlich kahlgeschoren worden war. Dakota fiel auf, dass auch unter dem Käppi die Ränder von Narben hervorlugten, die offenbar von einem chirurgischen Eingriff herrührten.
    Er trat näher an sie heran, fuhr ihr mit den spinnenbeinähnlichen, schwieligen Fingern einer Hand über die nachwachsenden Haarstoppeln auf ihrem Kopf und streichelte dann beinahe zärtlich ihre Wange.
    »Das sind Ihre Narben, nicht die meinen«, verlautbarte Moss, noch näher an die Pritsche heranrückend. »Jede einzelne erinnert mich an eine frühere Begegnung, an eine Lektion, die ich gelernt habe. Ich schätze meine Narben und halte sie in Ehren, Dakota Merrick. Ich würdige all die Erinnerungen, die sie verkörpern.«
    Sie versuchte, sich von ihm wegzuwinden. Auf Bourdain’s Rock hatte sie ihn mit elektrischem Strom getötet, und ihm in Ascension die Kehle von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt; trotzdem stand er wieder einmal vor ihr, wie ein nicht umzubringendes Ding aus ihren Alpträumen, und seine tief in den Höhlen liegenden, starren Augen glitzerten wie zwei Diamanten.
    Unter seinem Kinn war noch eine lange, blasse Narbe zu sehen, ein Andenken an ihr Zusammentreffen in Severns Mog-Bar, als er sie in Bourdains Auftrag töten wollte.

    Dakota wollte nach ihm treten, aber ihre Fesseln ließen es nicht zu.
    Sie verrenkte sich den Hals,

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