Lichtzeit - Gibson, G: Lichtzeit - Nova War

als er plötzlich zurückwich und sich bückte, um einen großen graugrünen Kanister anzuheben, der an einer Stelle auf dem Boden stand, wo sie ihn vorher nicht hatte sehen können. Aus der Art, wie Moss sich anstrengte, um den Behälter zu bewegen, schloss sie, dass er selbst in den örtlichen Schwerkraftverhältnissen sehr viel wiegen musste.
    »Wenn ich aus dem Fenster springe, nehme ich dich mit, du verdammter Hurensohn!«, kreischte sie. Ihre Stimme klang jetzt schon heiser, als ihre Furcht von einer ungeheuren Wut abgelöst wurde. »Zweimal habe ich dich schon getötet, und ich bringe dich auch noch ein drittes Mal um!«
    »In Anbetracht Ihrer jetzigen Situation kommt mir das sehr unwahrscheinlich vor.« In einem schmallippigen Lächeln zog sich einer seiner Mundwinkel nach oben. »Die Königin vom Immerwährenden Licht möchte, dass ich Ihnen ein paar Fragen stelle. Ich selbst habe jedoch etwas ganz anderes im Sinn.«
    Er setzte den Kanister am Rand der Pritsche ab, nur Millimeter von Dakotas Kopf entfernt. Aus dem oberen Ende des Behälters ragte ein kompliziert aussehendes Druckventil hervor. Die Pritsche war so breit, dass Moss sich im nächsten Moment problemlos darauf schwingen konnte; er turnte herum, bis er rittlings über Dakotas ausgestreckter Gestalt hockte, wobei seine Knie rechts und links ihre Taille berührten.
    Dakota warf sich von einer Seite auf die andere, während sie Moss die wüstesten Verwünschungen zuschrie. Sie spürte etwas Feuchtes an ihren Handgelenken und Knöcheln und merkte, dass die Fesseln durch ihre ebenso verzweifelten wie fruchtlosen Bemühungen, sich zu wehren, derart tief in ihr Fleisch einschnitten, dass Blut austrat.
    Moss beugte sich über Dakota, und sie legte den Kopf so weit zurück, bis sie durch die Türöffnung das Tageslicht sehen konnte
– nur um nicht den Anblick von Moss’ grausig entstellten Körper ertragen zu müssen.
    »Eines sollten Sie wissen«, zischte er, seine farblosen, dünnen Lippen dicht an ihr Ohr bringend, »nämlich, dass ich Sie und ihresgleichen … abstoßend finde. Ihr seid so – blass und wurmähnlich. Seien Sie versichert, dass ich keinerlei sexuelles Interesse an Ihnen habe.«
    Dakotas Kopf schnellte vor, und sie versuchte, ihn zu beißen, doch er wich ihr aus. Grinsend blickte er auf sie hinab, dann legte er eine Hand auf den Kanister.
    »Hier drin«, erklärte er, auf den Behälter klopfend, »befinden sich lebende Sichelwurmlarven. Eine faszinierende Spezies, die es ausschließlich auf Ironbloom gibt.« Er drehte an einem kleinen Rad, das seitlich am Ventil angebracht war. Ein leises Zischen ertönte, und dann roch es nach Ammoniak. Eine Weile wackelte der Kanister heftig unter Moss’ Hand, und aus seinem Inneren erklangen kratzende Geräusche.
    Als versuche etwas, das darinsteckte, herauszukommen.
    »Sichelwürmer«, dozierte Moss, »sind nekrogen. Sie werden durch Parthenogenese erzeugt und kommen hungrig auf die Welt. Ihre Geburt tötet das Elterntier, und die Jungen überleben die erste Zeit, indem sie das verwesende Fleisch des Elterntiers fressen und sich dann später von ihren Geschwistern ernähren, die in Kämpfen um die Dominanz über ein bestimmtes Territorium den Kürzeren ziehen. Die Stärksten, die aus sämtlichen Widrigkeiten als Sieger hervorgehen, ziehen sich in tiefe Höhlensysteme zurück, wo sie im Laufe von Jahrhunderten zu einer enormen Größe anwachsen. In diesem frühen Stadium«, er legte eine Pause ein und trommelte mit den Fingern kurz gegen den Kanister, »sind sie natürlich noch richtige Winzlinge.«
    Abermals beugte er sich zu Dakota hinunter und streifte mit den Lippen beinahe ihr Ohr. Angeekelt ruckte Dakota ihren Kopf zur Seite.

    »Sie werden ja sehen, sobald diese Larven den Kanister verlassen, suchen sie sich als Erstes etwas zu fressen. Und ich fürchte, die einzige Nahrungsquelle, die sich hier befindet, sind Sie.«
    »Ist das Ihre Rache für den Vorfall in Ascension? Sie versuchten, mich zu ermorden, Hugh. Ich handelte lediglich in Notwehr …«
    »Dies ist kein Akt der Vergeltung, im Gegenteil, für das, was Sie mir antaten, sollte ich Ihnen auch noch dankbar sein.«
    Dakota drehte den Kopf und starrte ihn entgeistert an.
    »Sie lehrten mich, wie gefährlich es sein kann, wenn man der Hybris verfällt«, klärte er sie auf. »Aus unserer vorherigen Begegnung auf Bourdain’s Rock hatte ich keine Lehre gezogen, und nur deshalb ist es Ihnen gelungen, mich abermals zu schlagen. Aber danach