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Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
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ja, eigentlich hat sie damit gar nicht so Unrecht.
    Während ich die
Straße weiter heruntergehe und versuche, den Hutladen und das Café wieder zu
erkennen, gebe ich hektisch die Nummer ein, wobei ich mich zweimal vertippe.
Doch gerade, als ich den grünen Hörer drücken will, halte ich inne. Soll ich das
wirklich tun? Wird er rangehen? Was soll ich ihm sagen? Es ist so viel
leichter, jemandem gegenüber zu stehen und seine direkte Reaktion sehen zu
können, als ihn über eine instabile Handyverbindung zuzutexten! Hallo Max,
ich krccchhhhh, ein frohes neues krccchhhhs, und darüber hinaus krccchhhs, dass
ich dich liebe . Irgendwie gefällt mir das nicht. Aber ich habe wohl keine
andere Wahl. Durchatmen. Da vorne ist schon das Hotel. Was immer auch passiert:
Ich muss schon mal nicht auf der Straße schlafen.
    Ich blicke mich
ein letztes Mal um, doch außer mir ist niemand zu sehen. Gut, denn ich habe
nicht vor, beim kommenden Gespräch mehr Zeugen als nötig zu haben. Bringen wir
es hinter uns! Und ehe ich es mir noch einmal anders überlegen kann, drücke ich
entschlossen die Hörer-Taste. Dabei habe ich das Gefühl, dass mir gleich vor
Aufregung das Herz zerspringt! Zielstrebig wanke ich auf den Brunnen zu, um
mich hinzusetzen und meine Puddingbeine zu entlasten. Die Verbindung wird
aufgebaut. Freizeichen.
    Atemlos lausche
ich auf das Tuten in meinem Handy. Was ist das? Da erklingt plötzlich eine
Melodie. Zuerst ist sie nur zaghaft, ein sanftes Säuseln, wie Liebesgeflüster.
Dann aber, als wäre sie empört, dass ich sie nicht beachte, schwillt sie immer
mehr an. Irritiert nehme ich den Hörer vom Ohr und lausche in die Nacht. Das
hört sich aber schön an! Und so vertraut… Wo kommt das her? Ist der
Rattenfänger in der Stadt? Und seit wann spielt er so schöne Lieder?
    Ich stehe auf
und gehe langsam um den Brunnen herum. Ich kenne die Melodie, definitiv.
Natürlich! Das ist… „Max!“
    Auf einen Schlag
ist die Melodie verstummt. Stattdessen sehe ich jetzt einen zusammengekauerten
Max auf der verborgenen Seite des Brunnens sitzen. Vollkommen überrumpelt von
der plötzlichen Erscheinung, erstarre ich zur Salzsäule. Was nun? Fieberhaft
überdenke ich meinen nächsten Schritt. Soll ich einfach auf ihn zugehen? Aber
vielleicht will er das gar nicht. Oder soll ich ihm erstmal erklären, was das
Ganze hier soll? Aber wie denn, auf sechs Meter Entfernung? Ich kann doch nicht
das ganze Hotel wach brüllen?!
    Da fällt mein
Blick auf Max’ Handy und ich erinnere mich, dass der erste Schritt ja bereits
gemacht ist: Unsere Verbindung ist aufgebaut – damit lässt sich arbeiten. In
Zeitlupentempo führe ich mein Handy zurück ans Ohr. „Ich muss mit dir reden.“
    Max’ Blick ruht
unverwandt auf mir. „Gut. Ich auch mit dir.“
    Es klingt
komisch, seine Stimme gleich zweimal zu hören, einmal analog und einmal
digital. Aber so sehr ich mich auch nach dem realen Max sehne, so will ich
jetzt doch nichts überstürzen. Doppelt gewählt hält besser.
    „Darf ich mich
zu dir setzen?“
    „Warte, ich
komm’ zu dir.“ Mit diesen Worten steht Max auf und sortiert seine Knochen,
während ich bereits ein paar Schritte auf ihn zugehe. Er scheint schon seit
geraumer Zeit dort zu sitzen und hat etwas Mühe, auf die Beine zu kommen. Doch
aufgrund seiner Größe braucht er nur halb so viele Schritte wie ich, bis wir
uns in der Mitte treffen.
    Da stehen wir
nun, und es ist fast so, als würden wir uns zum ersten Mal begegnen. Die
gleiche Unsicherheit, das gleiche Knistern. Max’ Augen brennen sich voller
Verlangen in meine, und zugleich ist da diese Zurückhaltung, dieses „Ist es
wirklich so wie ich glaube?“-Gefühl, das fast noch aufregender ist als alles andere.
    „Schön, dass du
da bist“, krächze ich in mein Handy.
    Max nickt. „Finde
ich auch.“ Daraufhin macht er sein Handy aus.
    In meinem Ohr
piepst es dreimal, die Verbindung ist unterbrochen. Oder doch nicht? Jetzt greift
Max nach meinem Handy und klappt es entschieden zu.
    Wir schauen uns an.
    „Was machst du
hier?“, frage ich schließlich.
    „Auf dich
warten.“
    „Warum?“
    „Die an der
Rezeption sagten mir, du seiest nicht im Hotel.“ Max zuckt mit den Schultern,
als würde dies alles erklären.
    „Aber warum… ich
meine… was…“
    O Mann! Und so
etwas will Schriftstellerin werden… Energisch schüttele ich mit dem Kopf und
starte einen neuen Versuch. „Wie lange bist du schon hier?“
    „Eine Weile.“
    „Aber - - -
warum???“
    Max

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