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Liebe 2.0

Liebe 2.0

Titel: Liebe 2.0 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mareike Giesen
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selbst am besten?“, beginne ich so
unverfänglich wie möglich.
    Frau
Kreuzer-Almpfühl lächelt überlegen. „Nun, ich denke doch, sie sind alle auf
ihre Art etwas ganz Besonderes.“
    Großartige
Antwort, sehr hilfreich. Aber ich lasse nicht locker. „Sicherlich“, nicke ich.
„Aber dennoch baut man doch zu manchen Dingen einen ganz persönlichen Bezug
auf. So dass sich die Kunstwerke, einmal ungeachtet ihrer objektiven Brillanz,
dann doch subjektiv stark voneinander unterscheiden. Nennen Sie es Meditation,
Transzendenz, Metaphysik…“ In dem verzweifelten Wunsch, ein Zauberwort zu
bringen, das Frau Kreuzer-Almpfühl aus der Reserve lockt, reihe ich wahllos
alles aneinander, von dem ich denke, dass es irgendwie zum Thema passen könnte
– und habe schließlich Erfolg. Spiritualität lautet die Losung, nach
deren Nennung der Blick meiner Interviewpartnerin schlagartig wacher wird.   
    „Da haben Sie
Recht!“, ruft sie plötzlich aus. „Manche Dinge können einem regelrecht einen
Kosmos eröffnen! – Nehmen Sie etwa das Ferkel da vorne.“ Frau Kreuzer-Almpfühl
zeigt auf einen Haufen wild zusammengeklebter rosa Fruchtzwergbecher, die mit
viel Phantasie so etwas wie ein Schwein darstellen. „Was denken Sie bei seinem
Anblick?“
    Dass die
Künstlerin keinen Platz mehr in der Gelben Tonne hatte? Dass ihre Kinder unglaublich
fett sein müssen von dem vielen Zuckerquark? (Erst recht, wenn man bedenkt,
dass pro Packung nur zwei rosa Becherchen verbastelt werden können.)
    „Ich… ähhh,
hmmm. Ich weiß es nicht. Erklären Sie es mir!“
    „Nun, zunächst
einmal haben wir es mit einem Glückssymbol zu tun“, doziert Frau
Kreuzer-Almpfühl. „Das Schweinchen gehört wie der Schornsteinfeger, das
Hufeisen und das vierblättrige Kleeblatt zu den traditionellen Glücksboten des
neuen Jahres – und das ist doch sehr passend für diese Jahreszeit, meinen Sie
nicht?“ Geschäftstüchtig ist sie, die Frau Kreuzer-Almpfühl. Das muss man ihr
lassen. Aber sie hat noch mehr auf Lager.
    „Wussten Sie außerdem,
dass das Schwein in alten Kulturen für Fruchtbarkeit stand?“, fragt Frau
Kreuzer-Almpfühl da auch schon mit bedeutungsschwangerer Stimme.
    „A-ha!“ Ich zeige
mich ehrlich erstaunt. „Daher also die Frucht zwerge!?“
    Frau
Kreuzer-Almpfühl wirft mir einen ungnädigen Blick zu. „Nein, natürlich nicht !“
    „Sondern?“ Ich
lächele tapfer weiter.
    „Es ist eine
Ansage gegen den Welthunger.“
    Wie bitte?
    „Fruchtbarkeit
bezieht sich nicht zuletzt auf unsere Mutter Erde, auf der das Schwein als
wichtiger Nahrungslieferant umherläuft“, erläutert Frau Kreuzer-Almpfühl mir
geduldig. „Aber nicht jeder isst Schweine. Nehmen Sie beispielsweise das
Judentum oder den Islam.“
    „Oder die
Vegetarier“, werfe ich ein.
    „Genau! Doch
dieses Schwein besteht aus Quarkbechern. Und Quark ist koscher. Und dabei
gesund. Er liefert Calcium, Vitamin B2 und 12…“
    „Klar“, nicke
ich, „ er ist so wichtig wie ein kleines Steak!“
    Aber Frau
Kreuzer-Almpfühl geht gar nicht auf meine Frotzelei ein, sondern verliert sich
ganz in den Sphären der Kunstinterpretation. „Dieses Schwein bedeutet
Völkerverständigung. Ein Tier – ein Magen. Kein Hunger, kein Leid, keine
Ausbeutung, keine Kriege… eine großartige Utopie, die uns die Künstlerin hier
in so einfacher Form vermittelt!“ Frau Kreuzer-Almpfühl seufzt aus tiefstem
Herzen und wendet sich mit verklärtem Blick wieder zu mir. Ich hingegen starre
sie vor lauter Weltfrieden nur mit offenem Mund an und habe völlig vergessen,
was ich als nächstes sagen wollte. Und als es mir wieder einfällt, traue ich
mich kaum, die Frage zu stellen. Aber da muss ich wohl durch.
    „Befinden sich
unter den… ähhh… Exponaten auch Stücke von Ihnen?“
    „O ja!“ Frau
Kreuzer-Almpfühl nickt begeistert. „Diese schwebende Installation aus Löffeln
beispielsweise: Die Idee kam mir, als ich in unserem Ferienhaus am See
meditierte. Die Anordnung der Löffel ist unserem Sternensystem nachempfunden.
Wissen Sie, was sie repräsentieren?“
    „Den Kampf gegen
den Welthunger?“ Ich gebe mir wirklich Mühe. 
    „Nein!“ Langsam
wirkt Frau Kreuzer-Almpfühl richtig ungehalten, und während sie mir im
Folgenden den Zusammenhang zwischen Schöpfkellen und den unerschöpflichen
Weiten des Universums erklärt, überkommt mich plötzlich eine wahnsinnige
Müdigkeit. Zeit für die letzte Frage.
    „Haben Sie bei
Ihrem künstlerischen Schaffen eigentlich

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