Liebe 2000
e de s Manne s geschmiegt.
Und plöt z lich, aber m i t absolute r Gewißheit, verstan d i c h . I n dies e m Aug e nblic k wandt e e r mi r sein Gesich t zu . Mein e Auge n tra fen seine, und ich schloß di e Lide r unte r seine m Blick . Ic h wußte.
Ic h wußte , abe r e s wa r unweigerlic h z u spät.
E r stan d auf , verabschiedet e sic h vo n seine m Nach barn, nahm me ine Hand i n s e in e , und geho r s am folgte ic h ihm.
Erns t Vlcek
Da s unbek a nnt e Wesen
Vo r deine m Fenste r steh t ein Ba u m , Soon i . Du weißt nicht , o b e s ein e Tann e ode r ein e Ficht e is t ode r wel cher Gattung von Nadelbäu m e n e r angehört . Da s hat dic h auc h nich t z u interessieren , den n e r is t ei n Stück Natur . N ur kenns t d u de n Bau m schon , s ei t e r noch winzig kle i n war und von d e n Bü schen über r agt w urde. Jetz t is t e r größe r al s de r höchst e Tur m deine r Burg.
Du darfst dich nicht sov ie l mi t diese m Bau m beschäftigen . E r is t tab u – ei n Tei l de r verbot e n e n Welt. Du g e h s t z u r ü c k z um F risiertischche n un d beendes t die morgendlich e Toilette . E s dauer t nich t lange , un d du bis t fertig , has t di e K e usc h heitsrüstun g angelegt . Sitzen di e Verschlüss e auch ? Is t de r Gifttan k gefüll t ? Sin d die beide n Brustgeschütz e geladen?
Ja.
E s zieh t dic h wiede r zu m Fenste r hin . D u betrachtest de n Baum , läß t seine n Bli ck a n seinem Sta m m hinunterwande r n bi s z u de n W u rzeln . D u bekomms t sie nich t z u sehen , wei l Hec k en r o se n un d Bro m beersträuche r davo r sind . Abe r zwi schen den B l üten und Blättern sind Lücken, und du k anns t e s rötlic h hindurch schi mme rn sehen. D a s Rostrot sta mm t vom Fell eines Fuchses . E s sin d zwe i Füc h se – und du a hnst, daß es sich um Männ c hen und Wei bche n handelt , di e ihren Trieben ungehe mm t nachg e ben …
»Wi e widerlich! « sags t d u un d wendes t dic h ab. Doc h waru m läß t d u e s überhaup t zu , da ß di r Tier e Absche u un d Übelkei t verursache n , anstat t diese s grausige Schauspie l gan z einfac h m i t eine m Schu ß z u beenden? Waru m tus t d u e s nicht , S ooni ? D u weiß t e s nicht.
»K a nn ic h di r helfen , S o oni? « erkund i g t s ic h der Arz t mi t geschlechtslose r Stimme.
Di e Zof e schaltet e sic h ein.
»Merks t d u nicht , d a ß Soon i ke i ne n Q u acks a lbe r nö tig hat, Doc! Was sie bed r ück t , betriff t ihr e Seele , und dafür b i n ich zuständig.«
Di e beide n streite n noc h ein e Weil e miteinander . Du läßt es ge s c heh e n, w e il du glaubst , scho n l ang e apathisc h z u s ein . Dabe i zerr en die daue r nd e n sinnlos e n Reibereie n schwe r a n dei n e n Nerven . Überhaup t stört dich so vie l es – doch du tust nich t s dageg e n. Du befindes t dic h i n eine m furch t bare n Dilem m a . Vielleicht verschaff t di r Musi k etwa s Ablenkung . D u befiehlst als o de m Musikus , dein e Liebl i ngsmelodi e z u spielen, di e »Estampie« , un d zwa r i n übermäßige r Lautstärke, um das Quengeln von Doc und Zofe zu übe r tön e n.
De r Musiku s spiel t auf . Bal d m erks t d u aber , da ß dir auch diese sonst beruh i g e nd e Melodi e heut e au f die Nerven g e ht. Die »Esta m p i e« ist heute auf w ühl e nd, und da du aufge w ühlt genug bis t , stellst du sie sofort wiede r ab.
Di e Zof e unterbrich t de n Strei t mi t Doc : »E s is t Zeit fü r di e Morgennachrichten!«
Du ni mms t also in de i nem Th r o n Platz und s c haltest da s TV-G e rä t ein . Schweste r Ri a sprich t gerad e über Freizeitgestaltung . Si e ha t ei n e n Gast zu sich ins S t udi o gelad e n . Ein e stämmig e Frau , di e na c h d e r Ar t der Südländerinn e n tätowier t ist . ih r Hobb y is t es , typisch mä nnliche Gebrau c h s geg e nstände zu sammeln. Ein i ge besonders wertvolle Stücke i hrer Sa mml ung hat sie mitgebrach t un d leg t si e vor : ei n Paa r Hosenträge r aus Gummi , di e ang e blic h übe r sech s tausen d Jahr e al t sind; ein e rostfrei e Rasierklinge , achttausen d Jahr e alt , von de r si e behauptet , si e könnt e no c h h e ut e ihre n Zwe c k erfüllen ; ein e Pfeif e …
Zum A bschluß der S e ndung fragt Schwester Ria die Zus c hauer : »Wär e da s nich t au c h ei n Hobb y fü r dic h ?«
Dann ko mme n die Nachrichten. Du hörst nur m it halbem O hr zu, Sooni, und beko mms t nur verschwo mme ne E i ndrü c ke von d e n Fil m ber i chten.
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