Liebe ahoi
einen Wald zu gehen und zu hören, wie er lebte.
„Sie hatten eine Fledermaus als Haustier?" fragte Marc ungläubig.
Maxine zuckte die Schultern. „So ungefähr. Das Fledermausjunge war von einer
Höhlenwand heruntergefallen und wäre gestorben. Also hat es mein Dad mit in unser Lager genommen, wo wir es versorgt haben, bis es sich um sich selbst kümmern konnte."
Er blieb stehen und wandte sich ihr zu. „Eine herzergreifende Geschichte, Miss Baptiste.
Vielen Dank, dass Sie sie mir erzählt haben."
Sein beißender Spott machte sie wütend. „Wir beide haben zweifellos eine
unterschiedliche Sicht der Dinge. Sie mögen es, an ein und demselben Ort zu bleiben. Jeder in der Umgebung ist von Ihnen abhängig. Ich wette, dass Sie noch nicht einmal daran denken, in Urlaub zu fahren, weil Sie fürchten, man könnte Sie während Ihrer Abwesenheit dringend brauchen."
Maxine tippte Marc mit dem Finger auf die Brust. „Ich hingegen bin noch nie länger als einige Monate irgendwo geblieben. Die ganze Welt ist mein Zuhause. Ich bin ständig unterwegs und auf der Suche, genauso wie es meine Eltern waren. Ich möchte so viel wie möglich sehen und erleben. Und ich besitze nichts, das ich nicht zurücklassen könnte." Sie hob den linken Arm. „Ausgenommen diese Armbänder und ein Foto von meinen Eltern und mir. Was soll's, wenn ich nie wirklich ein Haustier hatte? Dafür habe ich Dinge erlebt, die Sie nie erleben und auch nicht verstehen werden. Sie sind, wie Sie sind. Und ich bin, wie ich bin." Wieder tippte sie ihm auf die Brust. „Sie sind ein Gefangener dieser Insel, und mich zieht das Fernweh fort. Einigen wir uns doch darauf, dass wir unterschiedlicher Meinung sind und uns die nächsten drei Wochen nicht schwerer als nötig machen. Okay?" Wie zur Bekräftigung tippte sie ihm erneut mit dem Finger auf die Brust und versuchte zu ignorieren, wie muskulös diese war.
Marc blickte auf ihren Finger und danach wieder sie an. „Ich habe ein Mittel, das es heilt." Seine Stimme klang angespannt.
Verwirrt runzelte Maxine die Stirn. „Das was heilt?"
„Das Fernweh." Er wandte sich um und ging weiter. „Kommen Sie, Miss Baptiste?"
„Ich möchte nicht von meinem Fernweh geheilt werden!" rief sie. „Haben Sie mir denn überhaupt nicht zugehört?"
„Doch, habe ich", antwortete er leise. „Es ist mir nur verdammt egal."
„Tatsächlich? Nun, das ist mir auch recht", erwiderte sie und konnte sich nicht erklären, warum ihr seine Gleichgültigkeit so wehtat. Vielleicht hing es damit zusammen, dass ihre Eltern in Fachkreisen hoch angesehen gewesen waren und es Maxine geprägt hatte.
Da sie die Tochter von Andre und Renata Baptiste, den berühmten Tierfotografen, war, hatte man ihr immer viel Aufmerksamkeit geschenkt. Doktor Merits Desinteresse war verletzend. Sie war es nicht gewohnt, vor den Kopf gestoßen oder herabgesetzt zu werden.
Ihre und seine Lebensführung unterschieden sich zwar sehr, waren allerdings jede auf ihre Weise bedeutsam. Maxine engagierte sich stark für die vom Aussterben bedrohten Tiere und Pflanzen, und das Geld, das ihre Eltern ihr hinterlassen hatten, und alles, was sie selbst verdiente und nicht zum Reisen und Leben brauchte, spendete sie für einen guten Zweck.
Was erdreistete sich dieser mürrische Pillen verteil er, einfach zu sagen, es wäre ihm verdammt egal!
„Hier entlang." Marc wandte sich nach rechts und ging einen steilen Weg hinunter. „Die Unterkünfte der Angestellten liegen jenseits des Waldes. Die meisten Männer sind bis heute Abend auf dem Festland. Einige bleiben auf der Insel, aber die Verheirateten unter ihnen und auch viele andere verbringen das Wochenende in Portland. Von etwa Mitternacht an werden wir diverse blutige Gesichter und zahlreiche Kater zu behandeln haben."
„Ja, Doktor Merit." Sie versuchte, genauso sachlich zu klingen wie er. „Was immer Sie sagen, Doktor Merit."
Er warf ihr einen grimmigen Blick zu. „Ich bemerke mit Freude, dass sich Ihre Einstellung bessert."
Wie bitte? Wütend schloss Maxine die Augen. Entweder merkte der Doktor es nicht,
wenn man ihm mit Spott begegnete, oder er hatte einen seltsamen Sinn für Humor.
Allerdings sollte er nicht glauben, dass er sich ihr gegenüber als Besserwisser aufspielen konnte. Sie würde es ihm schon zeigen.
Finster sah sie auf seinen breiten Rücken und folgte ihm den Abhang hinunter. „Ich
wette, Doc, dass Sie noch nie eins der meiner Meinung nach überwältigendsten
Erlebnisse der Welt ..." Sie
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