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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nichts.«
    *
    Am Don-Ufer entwickelte man eine große Initiative. Sie stand unter der Leitung des alten Babukin, dem man nicht ansah, daß er seinen Säbel wiedererhalten und an den Nagel über seinem Bett gehängt hatte.
    Die beiden Schreiner von Perjekopsskaja zimmerten ein Podium und richteten Stangen auf, an denen später Girlanden und bunte Bänder flattern sollten. Der Kampfplatz wurde gesäubert und planiert, von allen Steinen befreit und mit Seilen umspannt. Wie eine Zirkusarena war's, in der zwei Pferdchen ihre Kunststücke vorführen sollten. Der alte Babukin war überall, schrie Anweisungen, wollte den Schreinern sagen, wie man hobelt, und flüchtete erst, als man ihm Schläge androhte.
    Auch Vater Ifan Matwejewitsch Lukin, der Pope, erschien und inspizierte die Duellstelle. Dann meldete er ebenfalls Wünsche an.
    »Es muß ein Platz geschaffen werden, wo ich mit dem Kreuz stehe«, sagte er feierlich und ließ seinen weißen Bart im Wind flattern. »Am besten mitten auf dem Kampffeld. Ich muß bei ihnen sein, wenn sie aufeinander losschlagen. Mein Zuruf wird ihnen Mut geben. Hier –« Er rannte in das Sperrgebiet und stellte sich auf die frisch planierte Fläche. »Hierher ein Podium!«
    Der alte Babukin war verzweifelt. Sein Werk zerfloß ihm unter den Händen. Es wurde ein Volksfest statt ein ehrlicher Männerkampf. Und als sogar noch Tutscharin, der Sargmacher, erschien und wissen wollte, wie groß Granja sei und ob er den Sarg sichtbar aufstellen solle oder diskret unter einem Zelt, verlor Babukin die Nerven und hieb Tutscharin auf das Brustbein. Nur Vater Ifan verhinderte mit knapper Not eine Schlägerei, indem er den alten Babukin anschrie: »Bei dem heiligen Philemon, sei vernünftig! Das hier ist eine ernste Sache. Es geht um ein Menschenleben.«
    Gegen Abend erschien auch Kolzow am Don-Ufer. Er ritt um den Platz herum, inspizierte die Fahnenstangen und das Podium, den Kampfplatz und die provisorische Bude des Kaufmanns und Fleischers Kotzobjew, der die schöne Idee hatte, am Kampfring Würstchen und belegte Brote zu verkaufen.
    »Gut, gut«, sagte Kolzow lobend, nachdem er dreimal um den Platz geritten war. »Es ist alles in Ordnung.« Dann ritt er zur Hütte des alten Babukin an der Pferdetränke.
    Der alte Kosak lag auf seinem Strohbett und stierte böse an die Decke. Über ihm hing der Säbel an der Wand, blank geputzt, scharf wie eine Sense. Als Kolzow eintrat, knurrte Babukin und drehte sich auf die Seite.
    »Eine verteufelte Situation, Anton Christoforowitsch«, sagte Kolzow und setzte sich auf die Bettkante. Dabei schielte er auf den Säbel an der Wand. »Alles ist so gut organisiert … und Granja kommt nicht.«
    »Die heutige Jugend ist aus Pudding«, sagte der Alte böse. »Aus halbsteifem Pudding, sag ich dir! Wenn ich an meine Jugend denke … o Gott, da brauchte man nur zu rufen: Die Kosaken kommen … und schon lagen die Weiber mit hochgerafften Röcken da. Und wer uns nicht mochte, verkroch sich wie eine Wanze in der Holzritze. Waren das Zeiten, Söhnchen! So etwas kommt nicht wieder.«
    »Nie, Väterchen.« Kolzow starrte traurig auf die Dielen. »Aber was machen wir am Sonntag?«
    »Weiß ich es?«
    »Mein Sascha wird erscheinen, das ist sicher.«
    Der alte Babukin verzog das Gesicht, als habe er Magenkrämpfe. »Sie werfen mich in den Fluß, wenn Granja nicht kommt, das ist ebenso sicher«, klagte er. »Habe ich ein solches Ende verdient? Ich wollte im Sattel sterben, Söhnchen. In meinem alten Kosakensattel. Wenn ich's gefühlt hätte, daß es soweit ist, hättest du kommen sollen. Heb mich drauf, hätte ich gesagt. Bind mich fest, Söhnchen. Und nun los mit der Post, gib dem Gaul die Peitsche – und juchhei hinein in die Steppe. Das wäre ein Ende gewesen nach meinem Geschmack … nun ersaufe ich wie eine überzählige Katze. Man kann's nicht fassen, Dimitri Grigorjewitsch.«
    Sie saßen so eine ganze Zeit, bis es dunkel wurde. Rebikow vom Magazin hatte Scheinwerfer mitgebracht und beleuchtete den Platz taghell. Warum, das wußte keiner. Es war nicht anzunehmen, daß sich Granja und der Deutsche bis in die Nacht herumschlugen. Aber trotz allem … es sah schön aus. Die Fahnen und bunten Bänder, die Girlanden, das Podium und die Wellen des Don, die noch einen Schein des Lichtes mitbekamen. Kolzow und Babukin, die am Fenster saßen, sahen sich traurig an.
    »Granja muß her«, sagte Babukin. »Es geht nicht anders. Wir holen ihn morgen früh von der Sowchose ab. Mit zehn

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