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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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beobachtet und den richtigen Augenblick des Sprunges abwartet. In ihrem Herzen lag eisige Kälte, ihr Gehirn arbeitete wie eine Maschine.
    Töten, hieß der Befehl, der vom Gehirn programmiert, alle ihre Nerven erfaßte. Töten! Ersäuf sie im Fluß. Es wird wie ein Unfall aussehen. Jeder wird es glauben, denn niemand kann das Gegenteil beweisen. Sie wird weggeschwemmt werden in den Süden, vielleicht findet man sie nie.
    Großer, stiller Don … du wirst schweigen –
    Der Augenblick war gekommen, das Raubtier schnellte vor. Lautlos, ein Schatten, so warf sich Jelena auf Njuscha, als diese sich bückte, um die Füße zu waschen. Und auch dann, als sie aufeinanderprallten, gab es keinen anderen Laut als das Aufklatschen der Körper im Wasser, als das plötzlich aufstoßende Keuchen der Lungen.
    Der Sprung Jelenas war gut berechnet. Njuscha verlor das Gleichgewicht. Mit dem Gesicht nach unten fiel sie in den Fluß. Wie eine Katze saß Jelena auf ihrem Rücken, krallte sich in Njuschas Fleisch fest und drückte ihr den Kopf unter Wasser. Wilder Triumph erfüllte sie.
    Jetzt, schrie es in ihr. Jetzt! Ersticke, du Kosakenhure. Denk noch einmal an Sascha … ja, denk an ihn, ich erlaube es dir in deinen letzten Sekunden. Denk daran, wie du dich im Wald mit ihm gewälzt hast, wie eure Körper aneinander glühten. Denk daran. Jetzt – jetzt – ich erlaube dir, mit seinem Namen zu sterben –
    Sekunden waren es nur, daß Njuscha überwältigt war. Dann siegte ihre junge, ungebrochene Kraft. Sie warf sich herum, schleuderte Jelena von sich wie ein Insekt, griff nach ihr und schob sie von sich weg. Noch immer rangen sie schweigend, nur die Wellen des Don umspülten sie und klatschten an ihre Haut, als sie sich gegenseitig tiefer in den Fluß zerrten, bis das Wasser ihnen zu den Brüsten reichte und ihre Füße Halt suchen mußten im sandigen Grund.
    Jelenas Augen sprühten wie im Wahnsinn. Sie trat nach Njuscha, befreite sich aus ihrem Griff und riß sich die Kleider vom Leib. Nackt nun beide, stürzten sie sich wieder aufeinander, mit dem tödlichen Wissen, daß aus dem Fluß nur eine wieder ans Ufer zurückkehren würde.
    Njuscha atmete mit offenem Mund, keuchend und verzweifelt. Die Sekunden unter Wasser hatten ihre Lungen fast zum platzen gebracht, nun hatte sie Mühe, den Angriffen Jelenas auszuweichen, die Rasende von sich zu halten und die Qual des Erstickens zu überwinden.
    Mit beiden Händen umklammerte Jelena den Hals der Gegnerin und drückte die Daumen in Njuschas Kehlkopf. Nichts war mehr an ihr, was an die kluge und beherrschte Dobronina erinnerte, kaum menschlich sah sie aus mit ihrem verzerrten Gesicht, den glühenden Augen und dem Willen zu töten. Und jetzt, als Njuscha nach Luft rang, als die Katze Jelena wieder an ihr hing und sich nicht abschütteln ließ, jetzt sprach sie auch und schrie die Worte aus sich heraus wie Geschosse.
    »Denkst du an ihn?« schrie sie. »Er hilft dir nicht … dein Sascha ist weg, weit weg … Ich seh es in deinen Augen, daß du an ihn denkst. Hör auf zu denken. Hör auf! Es ist vorbei … alles vorbei …«
    Mit aller Kraft drückte sie zu und erwartete, daß Njuscha ohnmächtig wurde. Aber da geschah etwas Unvorhergesehenes.
    Njuscha ließ sich fallen. Sie warf sich einfach nach hinten in den Don und riß dadurch Jelena mit, die an ihr hing wie ein Panther auf einer Gazelle. Sie verloren den Halt unter den Füßen, drehten sich in den Wellen, noch immer unter Wasser, und dann sanken sie hinab, Njuscha über Jelena, und wälzten sich auf dem Flußgrund wie zwei kämpfende Hechte.
    Jelena war es, als platze ihre Lunge. Sie lockerte den Griff um Njuschas Hals, gab ihn ganz frei und versuchte, nach oben zu treiben. Aber da waren die Hände Njuschas, die sie festhielten, da waren plötzlich die Beine der anderen, die sich polypenhaft um ihren Körper schlangen. Da war das Gewicht von Njuschas Körper, das sie hinabdrückte auf den Boden.
    Es war die Sekunde, der heiße Herzschlag, in dem Jelena wußte, daß sie verloren war. Es war der letzte, tobende Gedanke, der ihr zuschrie: Nein! O nein – nein – nein – Es war das letzte Zucken ihrer Hände, ihres Leibes, ihrer Beine, das letzte Schlagen mit dem Kopf, dieser schreckliche, von der Todesangst zerrissene, innere Schrei, der alles in ihr aufbrechen ließ wie ein Vulkan …
    Dann war es still im Don. Njuscha tauchte auf, Jelenas schlaffen Körper in den Armen und atmete tief die Nachtluft ein.
    Mit langsamen Stößen

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