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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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allen Arbeiten. Er trug Jelena ins Bett, faltete ihr die Hände, und dann saß er allein vor ihr, während Evtimia in einer alten Truhe nach den Girlanden aus getrockneten Blumen suchte, mit denen sie das Zimmer und die Tote schmücken wollte.
    Warum? dachte Bodmar und legte seine Hände auf Jelenas gefaltete Finger. Er war noch so erschüttert, daß er nichts weiter denken konnte als diese eine Frage, auf die es meistens keine Antwort gibt: Warum? Ist das immer der einzige Ausweg: Tod? Mord? Gewalt? Terror? Haß? Ist denn der Mensch geboren, um zu töten? Gibt es denn keine Generation, die nebeneinander und nicht gegeneinander leben kann? Warum müssen Probleme immer durch Blut gelöst werden? Hängt denn das Leben nur an einem einzigen Mann oder an einer einzigen Frau? Muß man ein Leben wegwerfen oder ein Leben zerstören, nur für einen einzigen Menschen?
    Erschrocken biß er die Lippen zusammen. Er dachte an Njuscha und an seine eigenen Reaktionen. Er überblickte plötzlich die ganze Tragweite seines Entschlusses: Ein neues Leben am Don, das Wegwerfen des früheren Journalisten Bodmar und seine Wandung in den Don-Bauern Sascha. Die Verleugnung seiner Aufgabe, derentwegen er nach Rußland gekommen war. Die Flucht in eine andere Welt, dieser Selbstmord seiner eigenen Persönlichkeit … und alles aus Liebe zu einer Frau. War das etwas anderes als dieser Mord an Jelena? Gab es darauf eine Antwort? Warum wurde aus dem Deutschen, der als klar denkender Vertreter einer neuen, jungen Generation den Irrsinn der Väter aufzeigen wollte, nun selbst ein Don-Kulak, ein völlig anderer Mensch, von dessen Vorhandensein er bisher nie eine Ahnung hatte?
    Warum?
    Bodmar beugte sich über Jelena und blickte in ihr starres, bleiches, im Tod strenges und abweisendes Gesicht. Im gestickten Totenhemd von Großmütterchen Kolzowa sah sie fremd aus, unnahbar wie der einbalsamierte Leichnam Lenins im Moskauer Mausoleum, eine Schönheit von unirdischem Glanz, eine Figur aus Porzellan.
    Mit ihrem Tod hörten die Probleme nicht auf … sie begannen erst. Was würde Moskau sagen? Wurde die Reise unterbrochen oder abgesagt? Waren alle Möglichkeiten einer Verhandlung zerstört?
    Bodmar lehnte sich zurück und sah Evtimia zu, die mit den Girlanden ins Zimmer kam, das Bett und die Tote umkränzte, drei Kerzen vor dem Bild des heiligen Dimitri anzündete und dann begann, aus dem Kosmetikkasten, den Jelena in ihrem Zimmer stehen hatte, das Gesicht der Toten zu schminken. Sie puderte es, zog die schmalen blassen Lippen mit dem Lippenstift nach, den Jelena im Kiosk des Hotels ›Ukraina‹ gekauft hatte und kämmte noch einmal ihr Haar.
    »Wie schön sie aussieht«, sagte Evtimia dann zufrieden und setzte sich auf die Bettkante. »Wie ein Engel. Nicht begreifen kann man, daß sie Njuscha töten wollte –«
    Im Wohnraum goß Kolzow unterdessen einen starken Tee für seine Tochter auf und wartete darauf, daß Njuscha neue Erklärungen gab. Als sie schwieg und nur zitternd vor Nässe und Nachtkühle in der ›schönen Ecke‹ hockte, hieb er mit der Faust auf den Tisch.
    »Mußtest du sie gleich ersäufen?« schrie er. »Genügte es nicht, daß sie Wasser schluckte?«
    »Nein!« sagte Njuscha. Sie hatte eine erstaunlich ruhige Stimme. »Nur eine von uns durfte weiterleben. Wäre es nicht am Fluß geschehen, hätten wir uns morgen oder übermorgen getötet. Irgendwo und irgendwann … aber wir hätten es tun müssen. Es gab keinen Ausweg mehr.«
    »Und alles um einen Mann!« brüllte Kolzow. »Ist so etwas zu begreifen? Gibt es nur diesen einen, he?«
    »Ja.« Njuscha stand auf und warf eine Decke über ihren nassen Körper. Nebenan spannte Evtimia die Girlanden durchs Zimmer. »Es gibt nur Sascha, Väterchen. Nur ihn auf der Welt. Warst du nicht auch jung? Warst du nicht auch wie ein Kater verliebt in Mütterchen Evtimia? Was hättest du getan, wenn sich ein anderer Kosak Evtimia ins Stroh geholt hätte?«
    Kolzow wandte sich knurrend ab. Es klang wie das böse Grollen des Hofhundes Balwan. »Das ist etwas anderes«, sagte er dann. »Dein Mütterchen … oh, beim Satan, ich hätte jedem den Schädel gespalten, der Evtimia angerührt hätte! Sie war für mich eine blühende Rose aus dem Boden. Aber er –« er wies mit dem Daumen ins Schlafzimmer – »er ist ein Deutscher!«
    »Er ist ein Mensch –«, sagte Njuscha laut.
    »Wann wird es möglich sein, mit Weibern vernünftig zu sprechen?« Der alte Kolzow goß den Tee in einen großen Blechbecher,

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