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Liebe am Don

Liebe am Don

Titel: Liebe am Don Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in ein spitzenbesetztes Himmelbett. »Die Erde ist warm im Sommer, Sascha … so warm … du wirst dich wohl fühlen, glaube es mir –«
    Später gingen sie durch die Stadt, durch dieses Wunderwerk an Aufbau und Lebenswillen, fuhren mit den Straßenbahnen kreuz und quer umher, saßen auf den breiten Stufen der Siegesallee an der Wolga und blickten über die weißen Ausflugsschiffe auf dem Strom und die Schleppkähne, die träge nach Süden schwammen.
    »Davon habe ich immer geträumt«, sagte Njuscha. Sie hatte sich an Bodmar geschmiegt und bestaunte die im griechischen Stil gebauten Säulen der Siegestempel, »in der Stadt sein, mitten in diesem Leben. Nicht immer Kartoffeln pflanzen, Bohnen pflücken, Mais schälen, Ställe misten, Pferde striegeln, Kühe melken, nicht immer nur die Steppe und den Don … sondern das hier, Sascha, das hier …« Sie machte eine allesumfassende Armbewegung, als wolle sie die Stadt, die Wolga, den Himmel und das Land an ihr Herz drücken. »Wir werden glücklich sein, glaubst du?«
    »Ja.«
    Was sollte er anderes sagen? Er dachte nüchterner als Njuscha, und die Fakten, die er heimlich aufzählte und addierte, waren keine Wegstrecken zum Paradies.
    Da war zunächst das Wohnen. Jedes Hotel war ihnen verschlossen, denn dort verlangte man eine Eintragung in das Gästebuch und einen Paß. Die Anwartschaft auf ein Zimmer der Wohnungskommission war ebenfalls unmöglich … auch hier mußte man alle Papiere vorlegen, Geburtsschein und Arbeitsbestätigung Zuzugsgenehmigung und Abmeldung vom vorigen Wohnort. Und die Beamten waren sehr genau. Sie mußten es sein, denn was nutzte es, wenn man jährlich dreißigtausend Zimmer baut – um nur eine Zahl zu nennen, Freunde – und es kommen fünfzigtausend Bewerber? Man wird ja nie fertig mit dem Problem, immer werden es mehr, aus allen Richtungen ziehen die Menschen in die Stadt, ganze Völkerscharen, als sei hier das Paradies, von dem die Bibel solch unsinniges Zeug berichtet, und die kleinen Bäuerlein glauben es, vor allem die Weiber, der Teufel sollte sie holen, fürwahr. Und dann stehen sie an, Schlangen von hundert Metern, am Regierungspalast entlang wie ein Ameisenzug, Kopf an Kopf und alle wollen ein Zimmerchen, flehen und betteln, versuchen, die Beamten zu bestechen, mit Butter und Eiern, Speck und gesalzenem Fleisch, lebenden Hühnern und gezuckertem Kuchen, auch Rubelchen bieten sie an und manchmal sogar das Töchterchen, siebzehn, schwarzlockig, ein Teufelchen von Weibchen. Ihr Bett wird zum Erdbeben, Genosse, ich sage es Ihnen, meine Bascha, sie kann Kunststücke wie die Weiber im Zirkus … und so ziehen sie an den Schreibtischen vorbei, Tag um Tag, acht Stunden lang, und tragen sich ein in die Warteliste.
    Welche Freude, wenn ein Wohnblock fertig geworden ist. Die weiße Fassade mit den blinkenden Fenstern, das helle Treppenhaus, die Wohnungen mit fließendem Wasser, die Vorgärten, diese Sauberkeit überall, wie in einem Krankenhaus, ja wirklich, Genosse Ippolit, genauso ist es hier, man wagt nicht einmal, auf den Boden zu spucken, den ganzen Tag läuft Wanduschka herum und putzt und wischt und striegelt und poliert, alles glänzt wie ein Kinderhintern … Genossen, ist das ein Leben!
    Bodmar legte den Arm um Njuscha. Sie träumte mit offenen Augen, ihr Gesicht glühte vor Freude.
    »Wir werden kein Zimmer haben«, sagte er leise. »Keine Arbeit, keine Ruhe, nichts. Wir haben aufgehört, Menschen zu sein. Solange ich keinen russischen Paß besitze, bin ich weniger als eine Ratte. Überall, wo wir hingehen werden, wird man uns sagen: Ihren Ausweis, Genossen. Ihre Papiere. – Unser Leben wird ein einziges Verstecken sein.«
    »Hast du Angst davor, Sascha?«
    »Nein.« Bodmar atmete tief auf. Habe ich Angst, dachte er. Auf dem Herzen liegt ein Klotz wie aus Eisen, wenn ich atme, ist es als sauge ich Säure ein. Angst? Ist das Angst? Nein – aber was ist es dann? Das Wissen, nie mehr nach Deutschland zu können, ein Vogelfreier in diesem unendlichen, unbekannten Land zu sein, die Erkenntnis, ein sorgloses, vielversprechendes Leben einfach weggeworfen zu haben für ein Mädchen, das Njuscha heißt und auf dem Rücken von Kosakenpferden aufgewachsen ist? Das erwürgende Gefühl, versagt zu haben in der Aufgabe, dieses Rußland mit den nüchternen Augen der neuen Generation zu sehen und auf den Spuren des Vaters, den dieses Land fraß, zu erkennen, daß alle Menschen Brüder sind und sich gegenseitig brauchen in einer Welt, die immer

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