Liebe auf Dauer
unsere gegenwärtige Partnerbeziehung.
Nicht selten ist die Partnerwahl mehr oder wenigerbewusst eine Gegen-Wahl, weil jene Menschen, die in ihren Herkunftsfamilien schwierige Erfahrungen gemacht haben, sich durch den Schritt in die eigene Beziehung davon befreien wollten: »Ich will es – als Frau, als Mann – ganz anders machen als meine Mutter, als mein Vater. Nur nicht so, wie ich es bei und mit meinen Eltern erlebt habe!« Der Mann, der gewählt wird, ist genau das Gegenteil zum Vater, die Frau das absolute Gegenstück zur Mutter. Das kann als Ablösungsprozess von den Eltern ein wichtiger Schritt sein, als Grundlage für eine dauerhafte Paarbeziehung taugt es nicht.
Warum ist das so? Dass ich mich durch die Partnerwahl von den negativen Erfahrungen meiner Vergangenheit befreien will, ist ja zunächst sehr verständlich und nachvollziehbar. Aber es geht nicht auf diesem Weg. Denn wenn ich mein Lebenskonzept im Gegensatz zu meiner Herkunftsfamilie entwickle, bleibt mein Blick nach rückwärts gerichtet, ich bleibe gerade dadurch an sie – wenn auch »negativ« – gebunden. Freiwerden für die eigene Zukunft, das geht nur auf der Basis der Versöhnung mit meiner Vergangenheit. Versöhnt kann ich das Vergangene hinter mir lassen und in meine eigene Zukunft gehen. Lebe ich innerlich im Hader damit, bin ich noch immer damit beschäftigt, davon dominiert. Ich möchte das im Einzelnen deutlich machen.
Die Versöhnung des Mannes mit der Mutter und der Frau mit dem Vater
Der Mann, der noch als Erwachsener und Partner seiner Frau im inneren – und manchmal auch äußeren – Hader mit seiner Mutter lebt, ist nicht wirklich frei für die Liebe zu seiner Frau. In seiner Mutter ist er zum ersten Mal dem Weiblichen begegnet, und so ist seine tiefste Einstellung gegenüber dem Weiblichen überhaupt entstanden. Wenn erseine Mutter ablehnt, lehnt er in der Tiefe seiner Seele das Weibliche überhaupt ab. Die Frau, die er dann – als das Gegenstück zur Mutter – wählt, hat damit eine schwere Hypothek. Nach der Phase der Verliebtheit, wenn zum Vorschein kommt, dass nicht alles nur ideal zusammenpasst, sondern es auch Störendes und Fremdes gibt, ist die Gefahr sehr groß, dass die Partnerin ebenfalls unter dieses Verdikt der tiefen Abneigung gegen das Weibliche gerät. Vor allem wenn das Paar dann Kinder bekommt, beschleunigt und intensiviert sich dieser Prozess: als Mutter, die die Frau nun geworden ist, kann sie gar nicht mehr das totale »Gegenbild« zur Mutter des Mannes sein. Zudem zeigt sich oft im Laufe der Jahre auf geheimnisvolle Weise, dass sie in vielem gar nicht so unähnlich seiner Mutter ist, vor allem auch in ihren störenden Eigenschaften, obwohl sie zunächst als ihr eklatantes Gegenstück erschien! Die Frau, deren Mann mit der eigenen Mutter nicht ausgesöhnt ist, bekommt auf die Dauer der Beziehung fast mit Notwendigkeit seine Abneigung und seinen Hass gegen seine Mutter zu spüren. Sie fühlt sich abgelehnt und zurückgewiesen, und sie hat oft dabei berechtigterweise das Gefühl, für etwas herhalten zu müssen, was mit ihr nichts zu tun hat. Seine Probleme, die er mit seiner Mutter hat, projiziert er auf sie und reagiert seine diesbezüglichen Gefühle an ihr ab. Das erbost sie zu Recht, und das kann zur ernsthaften Gefährdung der Beziehung werden.
Ähnlich ist es bei der Frau: Wenn sie innerlich ihren Vater ablehnt, wählt sie oft einen Mann, der als das gerade Gegenteil zu diesem erscheint. War der Vater zum Beispiel hart, aufbrausend und jähzornig, wählt sie einen sanften, zurückhaltenden, weichen Partner. Vielleicht ist sie in der ersten Zeit dieser Beziehung sehr glücklich darüber, Männlichkeit jetzt in einer so anderen, liebevollen Art zu erleben. Das Problem ist nur: Die Weichheit und Sanftheit ihres Mannes hat auch Schattenseiten, die sich im Laufe der Zeitzeigen und die ihr mächtig auf die Nerven zu gehen beginnen. Er steht zum Beispiel nicht hin, wenn der Hausbesitzer unverschämt wird, er sagt den Kindern nicht, wo es langgeht. So muss sie immer die Grundsätze vertreten, die Regeln setzen und so die Strenge sein, während er sich in der Rolle des Lieben gefällt … Allmählich beginnt sie ihn als Mann zu verachten. Sosehr sie unter dem harten Vater gelitten hat, aber in dieser Hinsicht war er doch ein ganz anderer Kerl! Sie beginnt ihren Mann zu kritisieren und immer stärker abzuwerten. Vielleicht führt das dazu, dass dem sanften Mann eines Tages der Kragen platzt, dass er
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