Liebe auf Dauer
Beispiele aus Paarberatungen:
Eine Frau, die sich nach drei Jahren Ehe durch eine Außenbeziehung ihres Mannes sehr verletzt fühlte, wünschte sich – nachdem das Ganze ausführlich besprochen, verstanden und anerkannt war – von ihrem Mann als Wiedergutmachung, dass er aus den Stößen von Fotos und Texten, die von der Hochzeit noch in der Schublade herumlagen, das Hochzeitsbuch, das sie geplant hatten und zu dem »nie die Zeit reichte«, dieses Hochzeitsbuch in Angriff zu nehmen und bis zu ihrem Hochzeitstag ganz allein fertigzustellen. Dass er bereit dazu und sogar froh und erleichtert darüber war, war für sie ein versöhnendes Zeichen, dass ihm der Entschluss von damals trotz allem, was in der Zwischenzeit passiert war, noch immer viel bedeutete und er nach wie vor dahinterstand.
Wieder eine andere Frau hatte sich in den ersten Jahren von ihrem Mann total im Stich gelassen gefühlt, weil er sich damals beruflich vollständig eindecken ließ und sie mit den zwei kleinen Kindern gänzlich im Stich gelassen hatte. Dies hatte die beiden an den Rand der Trennung gebracht, weil es diametral der ursprünglichen Zukunftsvision des Paares – sie ebenfalls berufstätig und er ein präsenter Vater – widersprach. Die beiden kamen schließlich dazu, einen Neuanfang machen zu wollen. Um die alte Verletzung hinter sich lassen zu können, wünschte sich die Frau für sich eine Kur. Der Mann sollte sich in dieser Zeit beruflich freischaufeln und die Betreuung der Kinder übernehmen. Er griff diesen Vorschlag erleichtert auf, enthielt dieser doch die Möglichkeit für ihn, das Ungleichgewicht, das entstanden war, wieder ein wenig auszugleichen.
An diesen Beispielen möchte ich einige wichtige Punkte zum Thema Wiedergutmachung erläutern:
Die Möglichkeit einer Wiedergutmachung durch konkretes Tun zu nutzen kann für beide, den Verletzten und den Verletzter, eine große Erleichterung sein. Für den Verletzten ist es eine Hilfe, seine Verletztheitsgefühle loszulassen, weil der andere »handgreiflich« zeigt, dass es ihm ernst ist und dass er es sich etwas kosten lässt. Dem Verletzer wiederum, der seine »Schuld« ja nicht loswerden kann, indem er sie ungeschehen machen würde, gibt die Wiedergutmachung in dieser Situation der Hilflosigkeit eine Möglichkeit, zu handeln und auf diesem Weg etwas Wirksames zu tun.
Die Idee der Wiedergutmachung nimmt die Metapher vom Kontenausgleich zuhilfe. In einer Beziehung muss es »ausgeglichene Konten« geben. Und durch eine Verletzung ist beim Verletzten ein Minus-Stand entstanden (Clement 2002). Durch eine Wiedergutmachung im Tun bekommt der Verletzer eine konkrete Chance, denKonto-Ausgleich herbeizuführen. Natürlich ist eine Paarbeziehung keine geschäftliche Veranstaltung. Dennoch tut es ihr manchmal sehr gut, sie ein wenig auch so zu sehen. Das verhindert, sich in Gefühle zu verbeißen, und bringt – jedenfalls in unserem Zusammenhang – eine wohltuende Nüchternheit und – wie die Beispiele vielleicht etwas ahnen lassen – oft auch einen Schuss Humor ins Geschehen.
Eine derartige Wiedergutmachung funktioniert nicht automatisch und mathematisch in dem Sinn, dass man sagen könnte: Das oder etwas mehr oder weniger davon »bewirkt« den Ausgleich, so wie man sagen könnte: »Der entstandene Schaden beläuft sich auf 1000 Euro, also müssen 1000 Euro bezahlt werden, damit ist die Schuld beglichen.« So geht es in unserem Zusammenhang nicht. Wir müssen als Paar etwas als Wiedergutmachung definieren , einem bestimmten Handeln die Funktion der Wiedergutmachung geben, damit es diese Wirkung hat. Damit aber handelt es sich hier immer um eine Symbolhandlung , auch wenn es um etwas sehr Handfestes wie das Kochen des Abendessens oder die Kinderbetreuung während der Kur der Frau geht.
Natürlich soll diese Symbolhandlung einerseits den Möglichkeiten des Verletzers, andererseits dem Empfinden des Verletzten entsprechen. Nicht jeder wird sich – auch bei bestem Willen nicht – beruflich für drei Wochen freischaufeln und die Kinderbetreuung übernehmen können. Und andererseits wird nicht jede ausgerechnet das als eine Wiedergutmachung erleben. Das heißt: Was die passende und »lösende« Wiedergutmachung ist, muss jedes Paar für sich selbst ganz individuell herausfinden . Es gibt kein Rezeptbuch, in dem man nachlesen könnte: »Man nehme …«
Was als Wiedergutmachung gilt, muss vom Verletzten selbst definiert werden. Der Verletzer kann wie im erstenBeispiel die Idee dazu
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