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Liebe auf Dauer

Titel: Liebe auf Dauer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Jellouschek
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einbringen oder auch Vorschläge machen, aber sagen, was er möchte und braucht, ist Sache dessen, der verletzt wurde. Ansonsten entsteht die Gefahr einer »never ending story«: Der Verletzte kann immer wieder sagen: »Nein, noch nicht genug!« oder »Noch nicht das Richtige!« – und ein wahres Katz-und-Maus-Spiel würde beginnen.
Die vom Verletzten definierte Wiedergutmachung muss ein Handeln sein, das einen Anfang und ein Ende hat , so wie das Bereiten des Abendessens oder das Zusammenstellen des Hochzeitsbuches in den Beispielen. »Als Wiedergutmachung will ich von dir, dass du in Zukunft immer … oder nie mehr …«: So geht es nicht , denn dadurch bleibt der Partner immer der Schuldner, dessen Schuld nie abbezahlt sein wird. Der »Schuldner« muss wissen: Wenn ich das gemacht habe, ist die Sache für uns in der Beziehung wieder in Ordnung.
    Geschehene Verletzungen sind Realitäten in der Beziehung, die wir nicht einfach beiseiteschieben können. Wir müssen mit ihnen umgehen. Um dies Paaren nahezubringen, stelle ich in diesem Zusammenhang oft an den verletzten Partner folgende Frage: »Gibt es etwas, was Sie von Ihrem Mann/ Ihrer Frau noch brauchen, damit Sie Ihre Verletzung loslassen können?« Mit dieser Frage möchte ich zwei Anstöße geben: einmal bei sich selbst zu spüren, dass es etwas oder sogar mehreres braucht, etwas Aktives, ein Handeln, um eine Verletzung zu überwinden. Damit wird der Prozess eingeleitet, den ich oben mit »Ansprechen – Verstehen – Anerkennen – Verzeihen – Wiedergutmachen« charakterisiert habe. Zum andern will ich damit deutlich machen, dass es zur Überwindung von Verletzungen das Bemühen beider braucht: nicht nur das des Verletzers, sondern entscheidend auch das des Verletzten. Nur in dieser Wechselseitigkeit kann das verhängnisvolle Täter-Opfer-Muster nachhaltigaufgelöst werden, und damit ein Muster, das jede Liebesbeziehung auf die Dauer zerstört.
Einwände
    Manchmal empfinden Menschen, obwohl sie alles versuchen, was in diesem Kapitel erwähnt wurde, dass sie dennoch ihrem Partner etwas, das er getan oder unterlassen hat, nicht verzeihen können. Die Verletzung ist zu groß. Was dann?
    Ich stelle bei diesem Einwand zunächst mal in Frage, dass die beiden wirklich alles versucht haben, was in diesem Kapitel erwähnt wurde. Vor allem: Haben es wirklich beide versucht? Wenn sich nur einer darum bemüht, der andere aber nicht mitmacht, wird es tatsächlich sehr schwierig. Das kann Versöhnung tatsächlich unmöglich machen.
    Oft stelle ich außerdem fest, dass das Nicht-verzeihen-Können damit zu tun hat, dass einer oder beide noch keinen Weg gefunden haben, den anderen in seinem Tun und in seinem Erleben aus dessen Position heraus zu verstehen (»Sich in die Schuhe des anderen stellen können«!). Möglicherweise bräuchten die beiden hier zusätzliche Hilfe durch eine Paartherapie, diesen Zugang zur Welt des anderen zu finden, dann würde der Aussöhnungsprozess vielleicht doch in Gang kommen. Der Paartherapeut hat oft die wesentliche Funktion, zu einer Art Verstehens-Brücke zwischen den Partnern zu werden, auf der sie den Weg zum anderen wieder finden.
    Des Weiteren müsste man fragen: Wenn tatsächlich kein Weg zum Verzeihen gefunden werden kann, könnte es nicht sein, dass dies ein Zeichen dafür ist, dass die Beziehung eben zu Ende ist und eigentlich eine Trennung ansteht? Und dass die Anklagen gegen den, der verletzt hat, eigentlich eine Art Ersatzhandlung sind? Mindestens könnten sie ein Zeichen sein, dass etwas zwischen den Partnern steht undnicht zu beseitigen ist, das wirkliche Nähe zueinander verhindert und auch weiterhin verhindern wird. Was das für den weiteren Bestand der Beziehung sagt, ist zunächst offen. Ob man sich deshalb trennt oder nicht, ist ja immer auch davon abhängig, wie die Positiv-Negativ-Bilanz der Beziehung insgesamt ausfällt. Es kann sein, dass die Vorteile, die jemand aus einer Beziehung schöpft, dennoch überwiegen und er den Preis bleibender Distanz zum Partner deshalb zu zahlen bereit ist. Das, was ich unter einer lebendigen Liebe verstehe, wird es wohl zwischen den beiden nicht mehr geben, trozdem können sie oder einer der beiden es vorziehen, so miteinander weiterzuleben.

    Gibt es nicht bei den hier vorgeschlagenen »Versöhnungsstrategien« tausend Möglichkeiten des Missbrauchs? Das Verstehen kann vorgetäuscht, das »Bitte um Entschuldigung« kann einfach so dahingesagt, und die »Wiedergutmachung« kann ein

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