Liebe auf Dauer
Gefahr war, ein »falsches Ja« zu sagen. Das mag verständlich sein, auch für Moritz. Trotzdem verletzt ihn ihr Handeln tief, da nützen alle Erklärungen nichts. Es mag für Karoline sogar notwendig gewesen sein,diesen Schritt ohne vorherigen Kontakt zu Moritz zu tun, weil sie sonst wieder »umgefallen« wäre. Aber auch das ändert nichts an der Verletzung. Deshalb braucht Moritz jetzt, dass sie ihm etwa sagt: »Ich habe das deshalb und deshalb gemacht. Aber ich sehe auch, dass ich dich damit sehr verletzt habe!« Würde sie nur die Argumente vorbringen, die ihr Handeln erklären, wäre das in diesem Zusammenhang ein Herausreden, das die Verletzung nicht überwindet, sondern durch die Zumutung, Moritz dürfe »deshalb« nicht verletzt sein, nur neue Verletzungen hinzufügt.
Das Anerkennen der Tatsache, dass ich den anderen verletzt habe, zu all dem dazu und trotz allem, was man verstehen und nachempfinden kann, ist für die Bewältigung von Verletzungen von größter Bedeutung. Ich höre in der Therapie immer wieder: »Wenn er nur anerkennen könnte, dass mich das verletzt hat, dann könnte ich’s gut sein lassen!« Dass jemand immer wieder auf alten Verletzungen »herumreitet«, hat nicht selten darin seinen Grund, dass der andere sie niemals anerkannt hat. »Ja, ich erkenne es an, ich habe dich damit schwer verletzt« – das wäre oft der erlösende Satz, der bewirken könnte, dass die Verletzung in der Vergangenheit versinkt!
Warum fällt dieses Anerkennen oft so schwer? Vielleicht »muss« der Verletzende um jeden Preis eine »weiße Weste« bewahren. Es wäre schlimm, wenn Flecken darauf sichtbar würden. Warum? Gibt es hier eine weit zurückreichende Angst vor schlimmer Strafe, wenn er/sie bei einer »Untat« erwischt wird? Würde ein Zugeben in seiner/ihrer inneren Welt zu einer furchtbaren Demütigung führen? Es lohnt sich, über solche Zusammenhänge zu reflektieren. Welche Erfahrungen hat er/sie in der Kindheit gemacht, die solche Ängste in seiner/ihrer Seele ausgelöst haben?
»Ja, es ist so – ob ich es nun wollte oder nicht: Ich habe dir damit wehgetan. Ich erkenne es an!« Hilfreich könnte es auch sein, sich klarzumachen, um wie viel großzügigerund souveräner es ist, in dieser Art mit dem anderen über das Vorgefallene zu sprechen, anstatt die Verletzung zwanghaft und angstvoll wegargumentieren zu »müssen«.
Um Verzeihung bitten und Verzeihung gewähren
Es kann sein, dass es auch mit dem Anerkennen noch nicht getan ist. Derjenige, der die Verletzung erlitten hat, spürt: Ich brauche noch etwas von ihm, von ihr. Das ist vor allem bei schwer wiegenden Verletzungen so. Auch hier wieder ein Beispiel: Beatrice und Olaf haben vereinbart, mit dem Kinderkriegen noch ein paar Jahre zu warten, aus unterschiedlichen, aber für beide wichtigen Gründen. Beatrice vergisst die Pille und wird schwanger. Olaf ist wütend darüber, sagt aber dann doch Ja zum Kind. Kurz nach der Geburt hat er eine Affäre mit einer Kollegin. Weil er damit rasch wieder Schluss gemacht hat, versucht Beatrice, sich zu sagen: »Na ja, er war ja auch nicht einverstanden mit dem Kind. Er hat sich das halt als Ausgleich dafür geholt. Und er hat die Sache ja auch schnell wieder beendet …« Olaf sieht das auch als eine Art Ausgleich für das, was sie ihm »eingebrockt hat«, er ist dankbar für ihr Verständnis und meint erleichtert, die Sache sei damit erledigt. Aber sie merkt, dass sie das trotz ihrer Verstehensbemühungen nicht ist. Die Tatsache, dass er gerade in dieser sensiblen Zeit unmittelbar nach der Geburt mit einer anderen ins Bett gestiegen ist, hat sie zu tief getroffen … Verstehen tut sie es, anerkannt hat er es. Dennoch spürt sie vage, dass sie noch etwas von ihm bräuchte. Obwohl sie es sich kaum einzugestehen wagt: Sie bräuchte, dass er sich dafür bei ihr ausdrücklich entschuldigt . Es würde ihr so guttun, wenn er zu ihr sagen könnte, dass es ihm leid tut, dass er ihr das angetan hat.
Was geschieht hier? Bei allem Verständnis empfindet Beatrice, dass Olaf in dieser hochsensiblen Situation an ihrschuldig geworden ist, und um ihm diese Schuld verzeihen zu können, braucht sie seine Bitte darum. Für viele ist das entscheidend, wenn der Partner, der verletzt hat, diesen Schritt auf den Verletzten zu macht und sich so angewiesen zeigt auf dessen Willen, es wieder gut sein zu lassen. »Dass ich dich damit verletzt habe, tut mir leid. Ich bitte dich um Verzeihung!« Das ist zweifellos eine
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