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Liebe auf dem Pulverfaß

Liebe auf dem Pulverfaß

Titel: Liebe auf dem Pulverfaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Amina an, die eine Morphiumspritze aufzog.
    »Sie sind auch Deutsche?« fragte er plötzlich. Amina zuckte zusammen.
    »Ja. Natürlich.«
    »Mit solch brauner Haut?«
    »Mein Vater ist ein Ausländer –«, sagte sie und atmete tief durch. »Ein Brasilianer. Daher –«
    »Ach so.«
    Kehat verband weiter. Amins Hautfarbe war fahlbleich geworden, der Blutverlust war zu groß. Sein Puls schlug unregelmäßig und war flach. Wenn er jetzt noch das Morphium erhielt, war es unsicher, ob sein Herz diese Belastung aushielt.
    »Sie müssen sofort einen Arzt rufen!« sagte Kehat und legte die Spritze auf den Tisch neben den Dollarhaufen. »Sofort!«
    »Unmöglich. Wir haben vier arabische Ärzte hier in der Gruppe, aber sie sind alle zu einer Besprechung weggerufen worden. Ein fremder Arzt kommt nicht in Frage.«
    »Wollen Sie Amin sterben lassen?«
    »Nein. Wir bringen ihn zur Clinica Santa Anna – die ist hier in der Nähe – und legen ihn vor die Tür. Dann rufen wir von der nächsten Telefonzelle die Aufnahme an.« Der Anführer merkte, daß er einen Fehler gemacht hatte und deckte beide Hände über die Dollarnoten. »Ich bin ein Idiot, Doktor. Nun wissen Sie, in welcher Gegend wir sind.«
    »Ich habe es schon vergessen …«
    Der Anführer zögerte, dann gab er die Dollars frei. Irgend etwas in Kehats Blick schien ihn zu überzeugen. Hungernde Wölfe erkennen sich an dem Geheul, gehetzte Menschen an ihren Augen. Man braucht oft kein Wort und versteht doch alle Sprachen der Welt.
    »Ich danke Ihnen –«, sagte der Anführer. »Nehmen Sie Ihre Dollars, Ali wird Ihnen und Ihrer Frau die Augen verbinden und Sie irgendwo in Rom absetzen. Und jetzt gehen Sie … los …«
    Von hinten wurden Kehat und Amina zwei Säcke über die Köpfe geworfen. Hände packten sie, schoben sie hinaus, sie stolperten die Treppen hinunter, spürten in der plötzlichen Kühle, daß sie ins Freie kamen, saßen dann in einem Auto und wurden weggefahren.
    Sie tasteten zur Seite, ihre Hände fanden sich, und so warteten sie, Hand in Hand, was weiter geschehen würde.
    Plötzlich bremste der Wagen, man zog sie hinaus, stieß sie zu Boden, sie fielen weich … Gras, dachte Kehat, wir sind nicht mehr in der Stadt … dann heulte der Wagen auf und entfernte sich schnell.
    Kehat riß den Sack vom Kopf. Sie lagen zwischen alten Steintrümmern und überwachsenen römischen Überresten, im Osten wurde der Nachthimmel fahl und streifig und kroch der neue Tag über den Horizont.
    »Die Via Appia Antiqua –«, sagte Kehat und schleuderte den Sack weg. Amina warf sich gegen ihn und weinte vor Glück. »Und wenn sie uns in Sizilien ausgeladen hätten … wir haben tausend Dollar! Amina … wir haben Geld! Geld! Wir können nach Kairo –«
    Nach einer Wanderung von einer halben Stunde nahm sie ein Gemüsewagen mit, der nach Rom fuhr. Er brachte sie zum römischen Bahnhof Statione Termini, und dort mischten sich Kehat und Amina unter das Gewimmel der morgendlichen Reisenden, die von allen Seiten hinein nach Rom zur Arbeit strömten.
    Ein kleiner Italiener, der an einer Säule stand und schon am frühen Morgen sich erholte, fiel Kehat auf. Er ging auf ihn zu, drückte ihm zehn Dollar in den offenen Hemdausschnitt und sagte knapp:
    »Ich brauche einen Paß …«
    »Luigi. Melonenstand in der Kaufhalle …«
    Auch hier wurde nicht viel gefragt … ein langer Blick in die Augen – man erkannte sich sofort.
    Luigis Melonen waren bekannt, sie waren süß und groß … aber wer Luigi neben seinem Stand stehen sah, ahnte, daß er nicht von Melonen allein lebte. Zwei nette Mädchen verkauften … Luigi stand etwas abseits und rauchte Zigaretten. Kehat wagte es mit einem Frontalangriff. Er trat auf Luigi zu, zeigte hundert Dollar und sagte leise:
    »Einen Paß auf eine Frau …«
    Luigi sah Kehat über die Schulter. Er lächelte, als er Amina ausmachte, die ein paar Meter weiter stand und unauffällig Souvenirs betrachtete.
    »Zweihundert Dollars.«
    »Nein.«
    »Für eine so schöne Signora …«
    »Hundert. Sofort.«
    »Was für einen Paß?«
    »Einen deutschen.«
    »O mama mia! Jeden Paß für die Hälfte, aber einen deutschen für hundertfünfzig Dollar! Wissen Sie, Signore, was es heißt, einen deutschen Paß zu besorgen?« Luigi rollte mit den Augen und strich sich elegant über den schmalen Schnurrbart. »Auf welchen Namen?«
    »Frau Adele Johnen, geborene Fritsch. Geboren in Köln …«
    »Hundertfünfzig, Signore …«
    »Einverstanden.« Kehat atmete tief auf.

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