Liebe auf den ersten Klick
Inhalt an jemanden aus seinem Büro schickt. Natürlich habe ich ihn zur Rede gestellt, und er meinte, das sei »doch nur so zum Spaß« gewesen. Jetzt habe ich herausgefunden, dass der Empfänger sein vierzigjähriger Kollege ist, den ich auch angerufen habe. Er klang wirklich nett.
Eigentlich wollten mein Freund und ich nächstes Jahr heiraten, aber jetzt bin ich mir plötzlich nicht mehr sicher. Was mache ich bloß?
M x
Liebe M,
wie wär’s mit einem flotten Dreier?
Gruß
Lucy
Es ist Montagmorgen, grau, und es nieselt. Ich spüre, dass ich etwas ausbrüte. Mein Hals kratzt, meine Augen brennen, und ich habe so einen komischen Druck auf den Mandeln. Ich sitze in meinem blauen Frotteebademantel vor dem Computer und checke meine Mails, aber von Rob ist nichts gekommen. Ich tippe eine Antwort an Lucy:
Ein toller Rat für eine Frau, die nicht weiß, woran sie mit ihrem Freund ist. Ein Dreier ist bestimmt die Lösung für all unsere Probleme. Viv.
Es ist höchste Zeit, mich für die Arbeit fertig zu machen, also schleppe ich mich ins Bad und drehe die Dusche auf. Vorher stelle ich mich vor den Spiegel und ziehe meine Unterlider nach unten – die Schleimhäute sind ganz blass. Ich leide unter Blutarmut, ganz klar. Hm. Das ist ziemlich beängstigend. Wieso bin ich noch nicht tot? Ich trete unter die Dusche und lasse den sanften Strahl auf mich herunterprasseln, während ich einen dicken Klecks Fruchtshampoo auf meinen Kopf drücke. Eigentlich verspricht das Zeug orgiastisches Wohlbefinden, mir wird allerdings nur übel davon. Ich steige aus der Dusche, schlinge ein rosa Badetuch um mich und setze mich auf den Klodeckel. Wieso fühle ich mich bloß so mies? Max und ich haben gestern im Pub zusammen eine ganze Flasche Wein vernichtet, trotzdem war ich nüchtern, als ich gegen zehn nach Hause kam, und habe mich gleich ins Bett gelegt. Ich schlinge mir ein Handtuch um den Kopf und gehe in die Küche, um Wasser aufzusetzen. Während ich mir überlege, was ich anziehen soll, kommt eine Mail herein.
Ich weiß … ich bin die Königin der Kummerkastentanten. Lucy X.
Ich mache mir einen Tee und beginne mich anzuziehen, doch allein der Versuch, in eine Hose zu schlüpfen, ist zu anstrengend. Inzwischen ist es Viertel nach acht, und ich komme ohnehin zu spät. Ich lege mich mit meinem Handy wieder ins Bett und gelange erleichtert zu dem Schluss, dass ich zu krank bin, um zur Arbeit zu gehen.
Um Mitternacht hat Max noch eine SMS geschickt. »Du bist absolut toll, ganz ehrlich.« Genau das ist der Grund, weshalb Max einer meiner besten Freunde ist: Er weiß genau, wann ich eine kleine Aufmunterung brauche. Doch dann verfliegt mein Lächeln. Ich wähle die Nummer vom Büro. Zu meiner Verblüffung hebt Christie ab.
»Barnes & Worth Geschenke, Einkaufsabteilung, Christie am Apparat. Was kann ich für Sie tun?«
»Hi, Christie, hier ist Viv. Du bist ja heute früh dran.«
»Oh, schön, dass es dir auffällt, Viv. Ja, ich habe ein neues Kapitel in meinem Leben aufgeschlagen.« Das heißt dann wohl, sie trudelt künftig nicht mehr um zehn Uhr ein und frühstückt erst einmal an ihrem Schreibtisch. »Ja, ich dachte, es wird höchste Zeit, mich endlich auf meine Karriere zu konzentrieren.« Sie stößt ein quietschiges Kichern aus, weil das eindeutig ein Scherz ist.
»Super. Freut mich für dich. Hör mal, ich …«
»Na ja, nach deiner mündlichen Abmahnung und so … also, um ganz ehrlich zu sein … im ersten Moment dachte ich: Okay, scheiß drauf, ich kündige einfach , aber dann habe ich übers Wochenende in Ruhe über alles nachgedacht und mir gesagt: Christie, du reißt dich jetzt einfach mal zusammen und ziehst das durch.«
»Wie schön, Christie. Das hört sich doch gut an. Hör mal, kannst du bitte den anderen sagen, dass ich heute nicht kommen kann? Ich brüte eine fiese Erkältung aus, aber ich habe genug Arbeit, die ich auch von hier aus erledigen kann. Ich lasse das Handy eingeschaltet, falls jemand etwas braucht.«
»Oh, das ist gut.«
»Was?«
»Das mit deiner krächzigen Stimme, die du dann immer draufhast. Ich bin’s bloß, Viv, du brauchst nicht so zu tun, als wärst du krank.«
»Aber ich bin krank!«
»Ja, ja, klar.«
»Ich leide unter Blutarmut und beginnender Tonsillitis.«
Sie lässt wieder ihr nervtötendes quietschiges Lachen hören. »Schon gut, Viv. Ich sage Bescheid, dass du nicht kommst.«
»Gut. Und auf meinem Schreibtisch liegt ein ganzer Stapel Unterlagen. Kannst du dafür sorgen,
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