Liebe auf den ersten Klick
Brautschleier-Netz hocken und darauf warten, dass ich ihn doch noch rumkriege, oder?
Also ging ich nach oben und fing an, meine Sachen zu packen. Er bat mich zu bleiben, aber diesmal hatte ich das Gefühl, als sei wirklich etwas zwischen uns zerbrochen. Also ging ich mit Sack und Pack. Nur das Brautkleid und den Schleier ließ ich an der Tür des Schlafzimmerschranks hängen.
Inzwischen habe ich eine kleine Mietwohnung im Norden von London gefunden. Sie ist hübsch. Klein, aber fein. Ich war froh, als mein Sofa endlich im Wohnzimmer stand (die Möbelpacker mussten die Füße abschrauben und ungefähr eine Stunde lang herummanövrieren, bis sie es endlich durch die Tür kriegten). Dabei hatte es in Robs Wohnung immer so winzig gewirkt.
Rob könnte jeden Moment hereinschneien, mir gestehen, dass er einen schrecklichen Fehler begangen habe und mich unbedingt heiraten wolle, und alles wäre wieder wie vorher. Das sage ich mir jeden Morgen beim Aufwachen.
Aber er hat sich nicht mehr gemeldet (nur eine SMS, um zu fragen, ob ich wüsste, wo seine Hockeypolster sind). Dafür habe ich inzwischen einen etwas seltsamen Fimmel entwickelt: Ich trage alles über Liebeskummer zusammen, was ich finden kann. Ich bin regelrecht süchtig danach. Wie besessen sammle ich Informationen über die Trennungen anderer Leute und google Begriffe wie »Herz gebrochen«, »Alte Jungfer« und »Abserviert«, weil es mich brennend interessiert, wie es anderen ergeht. Natürlich zähle ich mich nicht zu ihnen, trotzdem will ich es wissen. Und eines ist klar: Da draußen gibt es unendlich viele Menschen, denen es beschissen geht. Außerdem habe ich angefangen, Selbsthilfe-Bücher zu sammeln. Ich verbringe ganze Abende in Buchhandlungen und streiche an den Regalen mit der einschlägigen Literatur vorbei. Es gibt zahllose Strategien, um sich aus dem Sumpf des Leids zu ziehen. All die gebrochenen Herzen, die sich im Netz herumtreiben, haben ja keine Ahnung, wie viele!
Irgendwann kam mir die Idee, mein gesamtes Wissen auf einer Website zusammenzufassen und eine Seite einzurichten, die anderen helfen, sie aufbauen und vielleicht sogar zum Lachen bringen soll. So etwas wie ein Online-Magazin für Beziehungsgeschädigte, eine Plattform sowohl für Liebeskummer als auch für die persönliche Weiterentwicklung mit Fallstudien, Tipps und Anregungen, einer virtuellen Kummerkastentante und womöglich sogar einer Dating-Funktion. Ich habe einen Kollegen, der die Seite für mich zusammenbasteln könnte.
Damit habe ich also die vergangenen Wochen zugebracht, seit ich Rob verlassen habe. Das Ganze ist ein Projekt, in das ich mich gestürzt habe, um nicht in jeder freien Minute an ihn zu denken.
Aber in Wahrheit tue ich es eben doch. Ich frage mich ständig, was er tut und wo er gerade sein mag. Aber ich habe keinen Liebeskummer – wie gesagt, wir brauchen lediglich etwas Abstand. Das sage ich mir jeden Abend, wenn ich sein T-Shirt unter dem Kissen hervorziehe, meine Nase hineindrücke und die letzten Spuren seines herrlichen Dufts einatme.
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Fallstudien
An diesem besagten Morgen wollte er unbedingt Sex mit mir. Danach ging ich wie gewohnt zur Arbeit. Um kurz nach halb neun kam eine SMS: »Ich ziehe aus.« Das war’s. Als ich heimkam, war er verschwunden. Am schlimmsten war seine Geheimniskrämerei … die Tatsache, dass er hinter meinem Rücken längst alles in die Wege geleitet hatte.
Er hat unser ganzes Besteck mitgenommen. Nach zwei gemeinsamen Jahren ist er einfach abgehauen und hat mir noch nicht mal einen Löffel dagelassen, mit dem ich meinen Tee umrühren kann.
Debbie, 28, Glamorgan
Es ist Montagabend. Ich bin bei Posh Lucy in Battersea. Wir sitzen an ihrem Computer und durchforsten das Netz nach weiteren Trennungsgeschichten für meine Website.
»Ich hatte mal eine Kollegin …«
»Hmhm?«, macht Lucy, ohne aufzusehen.
»Sie hat ihren Verlobten mit ihrer achtzehnjährigen Nachbarin im Bett erwischt.«
»Das ist ja fies.«
»Nach der Trennung ist sie ständig zu ihm gefahren und hat sich vor seiner Wohnung postiert. Jeden Abend.«
»Wieso das denn?«
»Sie wollte ihn sehen.«
»Aber läuft das nicht schon unter Stalking?«
»Außerdem hat sie ihm mit Tesa anonyme Nachrichten an die Tür geklebt. Massenweise.«
»Das ist irgendwie traurig.«
»Was für ein Riesenaufwand. Stell dir das bloß mal vor – jeden Abend!« Einen kurzen Moment überlege ich, wie es wäre, zu Rob zu fahren und dasselbe zu tun, aber seine Wohnung liegt in
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