Liebe auf den ersten Klick
zwar bestens über ihr Liebesleben Bescheid, habe aber keine Ahnung, womit genau sie ihren Lebensunterhalt verdient. Einmal hat sie versucht, es mir zu erklären. Es hat irgendetwas mit Aktien, Rendite, Bullen, Bären, Risikoanlagen und all so etwas zu tun. Ich glaube, sie ist ein ziemlich hohes Tier in dieser Firma. Ich nehme ihr das Glas aus der Hand und trinke einen Schluck.
»Ich habe mir überlegt«, sage ich, »dass wir doch eine Art Dating-Rubrik auf der Seite einrichten können, bei der die Leute von ihren Expartnern beurteilt werden, so wie die Leser es auf Amazon mit den Büchern machen. Auf die Art könnte man sehen, wie andere denjenigen finden, bevor sie zuschlagen. Das wäre bestimmt gut.«
»Das Problem ist nur, dass all deine Exfreunde dich für eine Ausgeburt der Hölle halten.«
»Das stimmt nicht. Zumindest nicht alle … oder?«
»Deinetwegen ist Ginger Rog schwul geworden, schon vergessen?«
»Man kann niemanden dazu bringen, schwul zu werden, Lucy. Schwulsein ist doch keine Sekte.«
»Dann eben der Typ vom Automobilclub. Der, mit dem du im Bett warst, nachdem er deinen Mini repariert hat. Er hat behauptet, du hättest sein Leben zerstört.«
Ich sehe sie fassungslos an. »Mit deiner sensiblen Art würdest du die perfekte Kummerkastentante abgeben.«
»Hm, gute Idee. ›Frag Lucy!‹. Klingt super«, gibt sie versonnen zurück.
Ich schalte mein Handy aus und wieder ein für den Fall, dass es sich aufgehängt hat.
»Wieso rufst du ihn nicht einfach an? Wovor hast du denn Angst?«
»Vor gar nichts.«
»Dann tu’s endlich und erspar dir das ganze Elend. Und mir auch.«
»Okay.« Aber ich will Rob nicht anrufen. Seit ich ausgezogen bin, habe ich nicht mehr mit ihm gesprochen. Ich bin sicher, in den offiziellen Beziehungspau senregeln steht klipp und klar, dass er derjenige sein sollte, der mich anruft, nachdem ich ihn verlassen habe. Man kann jemanden doch nicht verlassen und ihn dann ständig mit Anrufen traktieren. Lucy sieht mich streng an. Vielleicht könnte ich ja einfach so tun, als riefe ich ihn an.
»Und komm bloß nicht auf die Idee, so zu tun als ob«, warnt sie.
Ich scrolle zu seiner Nummer, drücke die grüne Taste und zeige ihr sogar das Display, »Rufaufbau – Rob«, dann lege ich das Handy ans Ohr und lausche, wobei ich ihr starr in die Augen blicke – starr und wie gelähmt vor Angst, wenn ich ehrlich sein soll. Ha! Es klingelt. Mein Herz springt in meinem Brustkasten umher wie eine gefangene Maus in einem Käfig.
»Rob Waters.«
Ich lege auf und schleudere das Telefon von mir, als hätte ich mir die Finger verbrannt.
»Netter Versuch«, bemerkt Lucy.
Das Telefon läutet. Wir schauen es beide gebannt an. Ich hebe es auf.
»Er ist es«, bemerke ich.
»Sag bloß.« Sie reißt theatralisch die Augen auf.
Ich drücke die grüne Taste.
»Vivienne Summers.«
»Hi, hier ist Rob … Hast du mich gerade angerufen?« Beim Klang seiner wunderbaren Stimme blutet mir das Herz.
»Nein, ich glaube nicht«, antworte ich unbeschwert.
»Ich hatte deine Nummer auf dem Display.«
»Ja, ja, schon gut … ich habe tatsächlich angerufen, aber es war ein Versehen.«
»Oh. Und? Wie geht’s dir so, Viv? Alles in Ordnung?«
»Gut. Ich bin sehr … äh, gesund und beschäftigt und so … Und wie geht’s dir?«
»Super.« Dann Stille. Im Hintergrund klappert Geschirr.
»Isst du gerade?«
»Gehst du am Samstag?«, fragt er in derselben Sekunde.
»Samstag? Samstag, äh …« Ich muss so tun, als hätte ich keine Ahnung, dass Jane und Hugo am Samstag heiraten, als hätte ich vergessen, dass dieser Samstag einer der vier Samstage war, die wir für unsere eigene Hochzeit ins Auge gefasst hatten.
»Hugos Hochzeit«, erinnert er mich.
»Ach ja. Ja, ich wollte hingehen.«
»Ich auch. Wird bestimmt eine tolle Feier.« Er tut ebenfalls so, als sei es ihm gleichgültig, aber sein Tonfall verrät, dass er sich freut, mich zu sehen. Wir werden uns also begegnen. Ich werde dafür sorgen, dass ich absolut umwerfend aussehe. Ich glaube, das ist genau das, was er braucht: mich wiederzusehen. Er wird mich anflehen, zu ihm zurückzukehren. Unsere einmonatige Trennung wird im Handumdrehen vergessen sein. Und eines Tages werden wir am Kaminfeuer sitzen und herzlich darüber lachen.
»Eigentlich wollte ich dich sowieso noch wegen Samstag anrufen«, sagt er.
»Ach so?« Er will, dass ich ihn begleite. Aber natürlich werde ich ablehnen. Ich will nicht den Eindruck erwecken, als hätte ich nur
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