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Liebe auf den letzten Blick

Liebe auf den letzten Blick

Titel: Liebe auf den letzten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Beck
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Beziehungen sind und dass sie niemals wirklich funktionieren, bestätigt mir die Schlagzeile, die ich auf unserer Tageszeitung lese:
Siebzigjährige Millionärin ersticht jungen Geliebten!
    Wie ich beim Überfliegen des Artikels erfahre, hat der junge Mann die sehr verliebte Frau erst nach allen Regeln der Kunst verwöhnt, dann ausgenommen und ihr Geld mit jüngeren Damen verjubelt. Das könnte mir nicht passieren. Ich besitze ja kaum mehr als einen Notgroschen, und der ist für echte Katastrophen reserviert. Ein junger, geldgieriger Liebhaber steht definitiv nicht auf meiner Tragödienliste.
    Meine skurrilen Betrachtungen vergesse ich, als ich die Küche betrete.
    Laut einer Studie, über die ich gelesen habe, gewöhnt man sich angeblich in drei Wochen an alles, was das tägliche Leben betrifft. Einundzwanzig Tage ohne Praliné und Portwein, undmeine Gelüste wären überwunden. An ein solches Chaos würde ich mich jedoch nicht mal in drei Jahren gewöhnen.
    Berge von schmutzigem Geschirr stapeln sich auf jeder freien Fläche, als hätten alle Nachbarn ihre leergefutterten Teller bei uns abgestellt. Und das seit drei Tagen. Seitdem unsere Kaffeemaschine streikt, hat Amelie ihr Versprechen, sich um Küche und Kochen zu kümmern, nicht eingelöst. Wir haben uns von Aufschnitt, Käse und Spiegeleiern ernährt. Ohne richtigen Kaffee sei sie zu nichts fähig. Ich glaube, sie ist einfach zu faul. Seit Gustl verreist ist, war Madame jeden Tag »alte Freundinnen« besuchen. Und morgens schläft sie extra lange. Im Moment ist das ihr Glück, sonst würde sie jetzt meinen geballten Zorn abkriegen. Also lasse ich meinen Unmut am Geschirr aus.
    Ich kremple die Ärmel meines Bademantels hoch und nehme mir ein Paar Gummihandschuhe. Laut fluchend wie ein Bauarbeiter schleppe ich Tassen, Teller und Besteck zur Spüle. »Verdammte Hippieschlamperei!«
    Schon nach wenigen Minuten betritt Amelie verschlafen, mit halb geschlossenen Lidern und wirren Haaren die Küche.
    »Uhaaa«, gähnt sie und schließt ihren offenen Morgenmantel. »Was ist hier los?«, fragt sie mit vorwurfsvollem Blick, als wäre ich die tollpatschige Hausangestellte, die ihre Herrschaft nicht schlafen lässt.
    »Ich erledige
deine
Arbeit!«, schimpfe ich nicht weniger vorwurfsvoll und wackle mit den Tellern in meinen Gummihandschuh-Händen.
    »Ach so … Ähm …«, stottert sie schuldbewusst. »Entschuldige, ich bin auf Entzug.«
    »Entzug?« Meine Stimme kippt in unangenehm hohe Oktaven.
    »Koffeinentzug!«, präzisiert sie. »Mein Organismus brauchtnun einmal seine tägliche Dosis Koffein, sonst macht er schlapp. Ich bin dann zu nichts zu gebrauchen. Außerdem bin ich sowieso kein Morgenmensch wie … Ähm, ich meine, ich bin eben eher ein Nachtmensch.«
    Eine Tasse entgleitet mir und zerbricht klirrend auf dem Steinfußboden. »Du meinst wohl, kein Morgenmensch wie ich? Und wieso kann der Nachtmensch die Küche nicht in der Nacht aufräumen?«
    »Ich … mache es … nachher«, verspricht sie laut gähnend. »Ehrlich.«
    »Hmm«, knurre ich schon etwas weniger ungehalten. Denn ohne meine tägliche Dosis Pralinés bin ich ebenso ungenießbar. Und wenn ich ganz ehrlich bin, ist Amelie nicht der Hauptgrund für meine schlechte Laune.
    Die lässt sich stöhnend am Küchentisch nieder. »Ich vermute, dass dem Biogesöff der letzte Rest Koffein abgezüchtet wurde.«
    Erstaunt unterbreche ich das Einräumen der Spülmaschine, und nehme Moritz’ Fairtrade-Instantkaffee aus dem Schrank. »Nein, hier steht nichts von entkoffeiniert.«
    Sie steckt sich abermals ausgiebig und gähnt ziemlich undamenhaft mit offenem Mund. »Dann weiß ich auch nicht, was los ist«, sagt sie. »Jedenfalls bin ich seit Tagen einfach nur müde. Sobald ich einigermaßen wach bin, werde ich eine neue Kaffeemaschine besorgen. Mit oder ohne deine Einwilligung.«
    Das war deutlich.
    »In Anbetracht unserer finanziellen Lage ist eine neue Maschine eigentlich nicht drin«, argumentiere ich.
    Kaum habe ich es ausgesprochen, wird mir bewusst, welche Möglichkeit Amelies Wunsch nach einer neuen Kaffeemaschine mit sich bringt. Sollte Fred nämlich doch noch mit seinem »Geschenk« hier auftauchen, kann er sich das Teil vonmir aus in seine Künstlerfrisur schmieren. Im Stillen klopfe ich mir auf die Schulter und bekomme sofort bessere Laune. Ja, zugegeben, es ist kindisch, auf Rache zu sinnen. Aber irgendwie muss ich mich mit der Tatsache anfreunden, dass Fred sich niemals auf meine Bettkante setzen

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