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Liebe auf den letzten Blick

Liebe auf den letzten Blick

Titel: Liebe auf den letzten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Beck
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soll.
    »Oh, das klingelt bei uns?«, entgegnet Amelie. »Ich dachte, das käme von draußen. Irgendwie höre ich in letzter Zeit nichtmehr so gut. Wir sollten uns eine zweite Station für die Küche anschaffen. Ist bestimmt Gustl.« Sie erhebt sich und zwinkert mir im Rausgehen zu. »Oder es ist für Mathilde …«
    Ich stehe ebenfalls auf und begebe mich zum Kühlschrank, um von Amelies Andeutungen abzulenken. Sie hat zwar keinen Namen genannt, aber Moritz ist ja ein schlaues Kerlchen, und es wäre mir unangenehm, wenn er etwas von meinen Schwärmereien mitbekommt. Außerdem habe ich immer noch Hunger, ich stehe quasi am Rande der Unterzuckerung.
    Im Kühlschrank entdecke ich Pellkartoffeln. Eier sind auch noch da.
    »Appetit auf ein Kartoffelomelett?«, frage ich Moritz.
    »Mittags immer«, antwortet er. »Morgens um acht ist mir das ehrlich gesagt zu üppig.«
    Ich nicke verständnisvoll. »In deinem Alter bekam ich morgens auch gerade mal einen Marmeladentoast runter, heute muss es was Herzhaftes sein. Eine Riesenportion Spaghetti mit Gorgonzolasauce, zum Beispiel.«
    Moritz rollt mit den Augen. »Zum Frühstück?«
    »Hmm. Mein Essverhalten hat sich mit den Jahren genauso verändert wie meine Figur. Aber früher hatte ich ja auch Kleidergröße sechsunddreißig«, seufze ich wehmütig.
    »Aber jetzt ist es höchsten eine halbe Nummer größer«, bemerkt Moritz galant.
    Obwohl es nur eine liebenswürdige Schmeichelei ist, könnte ich ihn abknutschen. Ich bedanke mich und verkünde, dass ich ihm für dieses Kompliment alles zubereite, wonach ihn gelüstet.
    »Nach dem Joggen esse ich gern einen Marmeladentoast«, antwortet er und verabschiedet sich.
    Gerührt blicke ich ihm nach. Jammerschade, dass ich keinen Sohn wie ihn hatte. Da stürmt Amelie in die Küche.
    »Irma ist am Apparat«, ruft sie aufgeregt. »Sie ist völlig aufgelöst und redet wirres Zeug von irgendwelchen Dramen. Sprich du mit ihr. Ich bin einfach nicht wach genug für therapeutische Ratschläge.«
    Ich stürze ins Wohnzimmer zum Telefon. »Irma, was ist los?«
    »Ottooo«, stöhnt sie zum Steinerweichen.
    Sofort fällt mir Freds Sportunfall ein und ich erkundige mich besorgt: »Ist er krank?«
    »Nein, aber …« Dann versagt ihr die Stimme.
    »Was ist passiert? Nun lass dir doch nicht jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen.«
    »Der ›Shakespeare‹«, schnieft sie. »Otto hat ihn nicht bekommen.«
    »Das tut mir leid«, sage ich. »Aber heißt es nicht immer, die Nominierung sei bereits die eigentliche Ehrung?«
    »Ach, Mathilde«, stöhnt sie einmal mehr. »Otto ist total am Boden und will die Reise nach Frankreich abblasen. Nur, weil er diese blöde Trophäe nicht bekommen hat, glaubt er jetzt, er wäre ein miserabler Schauspieler und es hätte alles keinen Sinn.«
    »Hmm«, murmle ich mitfühlend. »Aber, wieso Schauspieler, ich dachte, er war als Regisseur für den Preis nominiert?«
    »Jaaa, aber Otto ist eben superempfindlich. Wenn eine Sache nicht klappt, stellt er sofort alles in Frage. Er glaubt, die Franzosen werden ihm deshalb die Rolle nicht geben«, erklärt Irma. »Aber jetzt muss ich weiter, Otto wartet schon auf mich. Danke, dass du mir zugehört hast. Ich melde mich, wenn wir wieder in München sind. Bis bald, Mathilde«, verabschiedet sie sich.
    »Warte«, kann ich gerade noch sagen, bevor sie auflegt. »Mir fällt gerade etwas ein.«
    »Ja?«
    »Richte Otto einen schönen Gruß von mir aus und sag ihm, dass ich nicht glaube, dass man in Frankreich überhaupt Notiz von der englischen Theaterwelt nimmt. Wer in England mit einem Preis gekrönt wird, juckt die Franzosen so viel wie deutsches Vollkornbrot.«
    Nach meinem kleinen Aufmunterungsvortrag ist es am anderen Ende mucksmäuschenstill.
    »Mensch, Mathilde«, höre ich Irma dann. »Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Genial! Das wird Otto bestimmt aufrichten. Ich danke dir. Du bist eine echte Freundin.«
    »Gern geschehen«, antworte ich geschmeichelt.
    Wenig später schickt Irma mir eine SMS:
Wir fahren nach Cannes! Kuss + Umarmung!
    Inzwischen ist mir auch eingefallen, wie ich Amelie dazu bringe, endlich die versprochene Arbeit zu erledigen.
    »Gerade hat Gustl angerufen«, verkünde ich, als sie immer noch schlapp am Küchentisch rumhängt wie ein nasser Lappen.
    »Wieso hast du mich nicht gerufen? Ich hätte gern selbst mit ihm gesprochen«, beschwert sie sich träge.
    »Er war in Eile«, lüge ich unverfroren. Der Zweck heiligt schließlich die Mittel.

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