Liebe auf den letzten Blick
du liest mir aus dem Kaffeesatz.«
Das lässt sich Amelie natürlich nicht zweimal sagen. Kichernd schnappt sie sich ihre Flickentasche, hakt Fred unter und schleift ihn in die Küche. Mich und sein Geschenk lassen die beiden einfach stehen.
Genervt nehme ich die Tüte, folgen ihnen missmutig und knalle die Maschine auf die Anrichte.
»Ihr entschuldigt mich einen Moment«, sage ich barsch, verlasse den Raum und verziehe mich ins Badezimmer.
Dort atme ich erst einmal tief durch. Wenigstens muss ich jetzt nicht mit Amelie shoppen gehen. Aber ich ärgere mich tierisch, wie Fred sich von ihr vereinnahmen lässt. Als wären sie die dicksten Freunde. Ich wünsche mir Gustl zurück! Amelie wirft sich Fred nur deshalb an den Hals, weil Gustl verreist ist. Er wird sicher bald zurück sein, beruhige ich mich und greife zur Wimperntusche. Als ich einen Wimpernkranz fertig getuscht habe, wird mir bewusst, wie kindisch ich mich benehme. Mich für einen Mann schön zu machen, der mit jederFrau flirtet, nur nicht mit mir. Mich wieder abzuschminken, habe ich aber auch keine Lust. Also tusche ich auch das zweite Auge und lege noch etwas Lippenstift auf. Wenn schon, denn schon. Den Impuls, mich auch noch umzuziehen, unterdrücke ich. Sonst bildet sich Fred vielleicht noch ein, ich rüsche mich extra für ihn auf. Damit läge er natürlich komplett falsch. Ich mache mich grundsätzlich zurecht, wenn ich eine neue Kaffeemaschine einweihe. Man hat schließlich Stil.
Bereits im Flur vernehme ich Amelies Lachen aus der Küche und Freds dunkle Stimme, die gutgelaunt »Sie funktioniert!« verkündet.
Als ich durch die Tür trete, dreht sich Fred zu mir um und lächelt: »Setz dich, Mathilde. In wenigen Minuten bekommst
du
die erste Tasse!«
»Oh!«, entfährt es mir überrascht. »Welche Ehre.«
»Milch und Zucker?«, fragt Fred, als er Tassen aufträgt.
»Milch, bitte«, antworte ich und bin erleichtert, dass er mir beides ohne einen Kommentar wie »Du musst doch nicht auf die Figur achten« serviert.
Nachdem wir den aromatisch duftenden Kaffee gekostet haben, lobt Amelie ihn sofort in den höchsten Tönen. »Ein Hochgenuss! Ich werde bei jedem Tässchen an dich denken, Fred.«
Blöde Kuh, schimpfe ich still vor mich hin. Was soll diese Anmache?
»Und, wie schmeckt er dir, Mathilde?«, reißt mich Fred aus meinen Gedanken.
»Hmm … Ganz gut«, antworte ich höflich.
»Freut mich«, entgegnet er knapp.
Ich kann mir nicht verkneifen, ihn zu fragen: »Und was prophezeit der Kaffeesatz? Liebe oder Lottogewinn?«
»Große Liebe, natürlich«, lacht er auf, als würde ich Witze reißen.
»Fred hat zwei tolle Namensvorschläge für mich«, mischt sich Amelie ein.
»Wieso Namen?«, frage ich in meiner Tasse rührend, erinnere mich aber im nächsten Moment an ihre Pläne. »Ach so, für dein neues Business?«
Sie nickt. »Was gefällt dir besser – Madame Minerva oder Madame Mena?«
»Mena sagt mir nix, aber Minerva ist doch irgendeine griechische Göttin, oder?«
»Die römische Göttin der Weisheit und Hüterin des Wissens«, erklärt Amelie und strahlt Fred an. »Ich hätte es auch nicht gewusst, aber Fred ist ja sooo klug.«
Ich schlucke ein gehässiges »Lehrer müssen klug sein« runter und sage nur: »Aha!«
»Mena leitet sich aus dem althochdeutschen Wort mein ab, und das bedeutet Kraft, Macht, Vermögen«, doziert sie weiter. »Genial, oder?«
»Supergenial«, murmle ich und ringe mir ein schiefes Lächeln ab.
»So genial auch wieder nicht«, meint Fred. »An die Minerva konnte ich mich noch aus der Schulzeit erinnern. Und Mena sollte meine Tochter heißen, aber dann ist es ein Moritz geworden. So einfach ist das.«
Mir schießt bei Freds Erklärung ein anderer Gedanke durch den Kopf. Wenn er eine Tochter Mena nennen wollte, hätte er dann nicht spätestens bei Noras Geburt wieder für diesen Namen plädieren müssen? Vielleicht ist er doch nicht ihr Vater?
»Fred begleitet mich als Berater.«
Amelies Stimme reißt mich sofort wieder aus meinen Spekulationen. »Zu deinen Terminen?«
»Nein, du Schaf.« Sie lacht auf, als müsse sie einer Außerirdischen die Welt erklären. »Zum Klamottenkauf.«
Jetzt kann ich nicht mehr an mich halten. »Dann ist heute wohl dein Glückstag.«, zische ich böse.
Fred mustert mich, wie mir scheint, amüsiert. »Warum begleitest du uns nicht?«, fragt er dann.
So weit kommt’s noch, denke ich grimmig bei mir. Ich mach euch doch nicht den Tütenträger. »Vielen Dank, für
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