Liebe auf den letzten Blick
schließlich.
»Tja, Paps«, antwortet Dana. »Kinder werden erwachsen.«
»Offensichtlich«, grummelt er. So ganz scheint ihm diese neue Liebe nicht zu gefallen.
»Verlockendes Angebot«, antwortet Fred. »Was meinst du, Mathilde?«
Auf diese Frage war ich nun wirklich nicht vorbereitet. Ich laufe rot an und suche nach Worten. »Tja«, sage ich. »Im Grunde habe ich mir immer schon eine Großfamilie gewünscht.«
»Genau wie ich«, entgegnet Fred und sieht mir in die Augen.
Erwartet er von mir Zustimmung zu seinen Zukunftsplänen mit Sophie?
Amelie klatscht begeistert in die Hände. »Ach, wie schön!Das nenne ich mal einen Ereignistag nach meinem Geschmack. Lauter Pärchen unter einem Dach. Dann überlegen wir mal, wer wo mit wem … Also: Sophie schläft am besten mit den Kindern im Wohnzimmer. Ach nein, da schläft ja Irma. Fangen wir mit Fred an …«
»Stopp!«, mischt der sich ein. »Mich musst du nicht unterbringen. Das war nur ein Scherz. Ich übernachte bei einem Freund.«
»Och«, schmollt Amelie. »Ein andermal vielleicht?«
Fred lacht und sagt augenzwinkernd: »Wer kann schon in die Zukunft sehen.«
»Soll ich nicht doch in Ottos Haus fahren?«, fragt Irma unvermittelt. »Mir scheint, als würden die Betten nicht ausreichen.«
»Kommt nicht in Frage«, widerspreche ich. »Du bleibst hier. Im Keller sind noch zwei aufblasbare Gästebetten, und die Wohnung ist groß genug für alle.«
»Finde ich auch«, bestätigt Amelie und macht sich erneut daran, alle unterzukriegen.
Dabei ist die Aufteilung denkbar einfach: Irma bekommt wie geplant das Wohnzimmer, das sowieso kaum benutzt wird. Dana schläft bei Moritz und überlässt ihr Zimmer Sophie und den Kindern. Amelie bei Gustl, wie gehabt. Und ich? Allein, auch wie gehabt.
21
Nachdem sich die letzte Schlafzimmertür geschlossen hat und auch das letzte Licht verlöscht ist, kehrt endlich Ruhe ein. Sogar Amelie kuschelt so leise mit Gustl, dass kein Mucks aus seinem Zimmer dringt. Ich liege trotzdem schlaflos in den Kissen. Heute ist so viel geschehen, dass ich Amelie nur zustimmen kann: ein echter Ereignistag! Kein Wunder also, dass mich ein Haufen Fragen wie Nadelstiche plagt.
Warum wurde Sophies Wohnungsschloss ausgetauscht? Wo ist eigentlich dieser Torsten? Was wollte Fred mit dem Wunsch nach einer Großfamilie andeuten? Plant er etwa, mit Sophie eine zu gründen? Jung genug, um noch ein Dutzend Kinder zu bekommen, ist sie allemal. Und so fürsorglich, wie er sich um die junge Mutter und ihre Kinder bemüht, spricht alles dafür.
Nach einer Weile habe ich genug davon, mir vergeblich den Kopf zu zerbrechen. Jetzt helfen nur noch Portwein und Pralinés.
Mist. Port ist keiner im Haus, ich wollte dieses Laster ja aufgeben. Na gut, dann eben irgendetwas Süßes. Gustl hat bestimmt ein paar Leckereien versteckt.
Barfuß, im Trägerhemd schleiche ich auf den Flur und sehe Licht durch die angelehnte Küchentür scheinen. Beim Näherkommen höre ich, wie jemand leise summt.
»Amelie?«, flüstere ich durch den Türspalt.
»Sophie und Nora«, kommt die Antwort.
Als ich eintrete, erblicke ich Sophie mit dem Baby im Arm auf der Eckbank. Sie trägt eines von Amelies bunten Flatterhemdchenund hat es sich mit einem großen Kissen im Rücken gemütlich gemacht, um der Kleinen die Flasche zu geben.
»Habe ich dich geweckt?«, fragt sie.
»Nein, nein«, winke ich ab. »Ich leide unter seniler Bettflucht, und heute halten mich dazu noch die Sorgen um Irma wach«, schwindle ich. »Deshalb brauche ich ein Betthupferl, am besten Schokolade. Kakao soll ja glücklich machen und beruhigen«, erkläre ich und trete an den Küchenschrank, in dem Gustl den Süßkram aufbewahrt.
Aber außer einer Packung trockener Butterkekse finde ich nur Amelies Gummibärchen, von denen ich mir eine Tüte mopse.
»Irma geht es nicht gut, oder?«, fragt Sophie, als ich mich zu ihr setze. Sie scheint erleichtert, nicht auf ihre eigenen Probleme angesprochen zu werden.
»Otto hatte einen Herzinfarkt«, antworte ich und gebe einen kurzen Bericht von der Reise nach Cannes, die so hoffnungsvoll begann und so unglücklich endete.
Bestürzt hört sie mir zu. »Oh, wie traurig, die arme Irma. Und ich dachte, meine Probleme wären schlimm.«
Auch die kleine Nora blickt mit ihren wunderschönen blauen Augen auf, als verstehe sie, was ihre Mutter so erschreckt.
»Ja, Ottos Tod ist tragisch«, antworte ich und sehe eine Chance, mehr über Sophies Schwierigkeiten zu erfahren. »Aber
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