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Liebe auf den letzten Blick

Liebe auf den letzten Blick

Titel: Liebe auf den letzten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Beck
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und packt die Karten weg.
    Halblautes Gemurmel, Besteckklappern und leise Schmatzgeräusche der fläschchentrinkenden Nora erfüllen die Küche. Und für einen Augenblick gebe ich mich einem süßen Tagtraum hin, in dem tatsächlich alles so golden glänzt, wie es durch die hereinfallende Morgensonne wirkt. Otto ist nicht gestorben, sondern dreht in Frankreich einen Skandalfilm, und Irma besucht uns während seiner Abwesenheit. Genau wie Sophie, die wir zum Frühstück eingeladen haben und deren Konto schwarze Zahlen aufweist. Amelie hat noch nie von einem Umzug gesprochen. Und ich? Vor meinem inneren Auge taucht Fred auf, der mich zärtlich küsst. Eilig verdrängeich die Illusion und schiebe eine Portion Rührei auf die Gabel. Fred gehört zu Sophie. Basta!
    »Hör mal, Sophie«, unterbricht Irma plötzlich meine absurden Gedanken. »Du könntest mit mir in Ottos Haus wohnen, bis alles geklärt ist.«
    »Oh, Irma«, sagt Sophie. »Was für ein großzügiges Angebot.«
    »Keine Ursache«, winkt Irma ab. »Das Haus ist riesig. Da hätten wir alle Platz. Und Frau Behringer, die Haushälterin, kommt am Montag aus dem Urlaub zurück. Die freut sich über jeden, den sie bemuttern kann. Allerdings liegt das Anwesen in Bogenhausen. Ich weiß nicht, ob das verkehrstechnisch günstig für dich ist.«
    Sophie schüttelt den Kopf. »Nicht direkt. Aber es gibt Busse für die Schüler, da könnte ich vielleicht mitfahren. Falls es hier doch zu eng wird, würde ich dein Angebot gern annehmen.« Sie blickt mit besorgter Miene in die Runde.
    »Quatsch«, entgegne ich. »Bis du wieder in deine Wohnung kannst, bleibst du hier, wie vereinbart.«
    »Ich auch!«, kräht Luis dazwischen.
    »Selbstverständlich«, bestätigt Gustl. »Du bist doch mein fleißiger Hilfskoch.«
    Irmas Handy klingelt. Sie gibt uns zu verstehen, dass der Urnen-Eddie dran ist und verlässt die Küche.
    Sophie legt das Baby in die Trage, schnieft plötzlich und schon laufen dicke Tränen über ihre Wangen. »Ich weiß gar nicht, wie ich das jemals wiedergutmachen kann. Ihr seid alle so lieb zu uns. Tausend Dank, wirklich! Aber ich werde mich sowieso nach einer neuen Wohnung umsehen müssen. Mit meinem spärlichen Gehalt ist die Dachwohnung viel zu teuer, und dann muss ich ja auch noch die Schulden zurück…« Sie stockt und presst ihre Serviette auf den Mund.
    Auch ich muss heftig schlucken.
    »Ach, Gottchen, du armes Ding.« Amelie, die neben ihr sitzt, legt den Arm um Sophies zuckende Schultern. »Das hilft dir zwar nicht«, beginnt sie. »Aber vielleicht tröstet es dich, dass auch ich letzte Woche ziemlich viel Geld verloren habe.«
    »Nein, Amelie, das ist kein Trost«, rügt Gustl sie. »Was da abgelaufen ist, war deine eigene Dummheit.«
    »Das ist ja wohl die Höhe.« Sie geht hoch wie ein Gugelhupf mit einer Überdosis Backpulver. »
Ich
sorge mich um ein gemütliches Nest für uns beide, und
du
?
    »Ich?«, antwortet Gustl milde. »Hab mir überlegt, ob das Universum vielleicht gar nicht möchte, dass wir beide umziehen. Könnte doch sein, dass es uns vom Schicksal vorherbestimmt ist, in unserer WG zu leben. Und ich erinnere mich, dass du vor gar nicht langer Zeit etwas in der Art geäußert hast, oder?«
    Ha!, triumphiere ich innerlich. Gustl schlägt Amelie mit ihren eigenen Waffen.
    »Schmarrn«, entgegnet sie schnippisch und wedelt mit der Hand durch die Luft, als könne sie Gustls entlarvende Bemerkung wegwischen. »Unsere Situation steht jetzt nicht zur Debatte. Hier geht es um eine obdachlose Mutter und ihre zwei kleinen Kinder.«
    Kaum ausgesprochen, schluchzt Sophie abermals auf.
    »Erzähl doch nicht so einen Blödsinn«, fahre ich Amelie an. »Damit machst du alles nur noch schlimmer.«
    Sophie trocknet ihre Tränen. »Schlimmer kann es gar nicht mehr werden«, prophezeit sie düster. »Im Prinzip stehen wir tatsächlich auf der Straße.«
    »Mama«, ruft Luis, dem offensichtlich langweilig wird. »Ich will jetzt endlich meinen Roller.«
    Sophie schnappt nach Luft wie eine Ertrinkende und sieht ihren Sohn an. »Was machen wir nach dem Frühstück?«
    »Zähneputzen«, antwortet er. »Aber dann kriege ich meinen Roller, ja?«
    »Luis, ich hab eine Idee«, meldet sich Gustl wieder zu Wort. »Was hältst du davon, wenn wir zwei nach dem Frühstück die Küche aufräumen und dir anschließend einen neuen Roller besorgen?«
    »Waruuum?«, fragt Luis, sichtlich verwundert über das unerwartete Angebot.
    Gustl kratzt sich nachdenklich am Kinn.

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