Liebe auf den zweiten Blick (German Edition)
presste sie an seinen Körper, während sein Mund den ihren wieder und wieder eroberte. Clarissa schlang beide Arme um seinen Nacken und erwürgte ihn fast bei dem Versuch, sein Gesicht noch näher an ihres zu bringen. Sie fühlte, wie er mit einer Hand ihren Po umschloss und sie eng an sein Becken schmiegte, wo sie an etwas Hartes stieß, das sie nicht kannte. Dann löste er sich abrupt von ihr und trat zurück.
Clarissa, die kurzsichtig zu ihm hochplinkerte, registrierte ihren aufgewühlten Atem. Ihm ging es indes nicht anders, bemerkte sie, als er leise sagte: »Sie gehen jetzt besser rein.«
Er öffnete die Tür, fasste galant Clarissas Hand, sorgsam Abstand haltend, um sich nicht verdächtig zu machen, und schob sie ins Innere. »Wir sehen uns bald wieder«, versprach er.
Clarissa vernahm das Zuschwingen der Tür und seufzte leise. Über ihre Lippen huschte ein Lächeln. Wir sehen uns bald wieder. Das waren die schönsten fünf Worte, die sie je gehört hatte, sann sie und schlang beschwingt die Arme um ihren Körper.
»Hatten Sie eine angenehme Zeit?«, fragte eine Stimme.
»Natürlich hatte sie das. Ihr Lächeln spricht doch Bände.«
Clarissa fuhr erschrocken zusammen und wurde rot, als sie Lady Mowbray und Mary gewahrte, die wie aus dem Nichts neben ihr aufgetaucht waren. Hoffentlich hatten die beiden nicht mitbekommen, dass sie und Adrian sich eben geküsst hatten! Denn eine solche Intimität zu erlauben, war höchst unschicklich von Clarissa. Anscheinend hatten die beiden nichts mitbekommen, denn sie spielten mit keinem Wort darauf an. Stattdessen zupften sie angeregt plaudernd Clarissas Frisur in Form und glätteten ihre Röcke. Dann führte Lady Mowbray sie zurück in den Ballsaal.
An der Tür blieb Adrians Mutter kurz stehen. Ihr Blick heftete sich auf das Mädchen.
»Clarissa, meine Liebe. Ich …« Sie stockte, atmete tief durch, tätschelte Clarissa die Hand. »Ich habe meinen Sohn noch nie so glücklich gesehen wie in der kurzen Zeit mit Ihnen. Dafür möchte ich Ihnen danken. Ganz gleich, was geschieht, ich danke Ihnen von ganzem Herzen.«
»Er ist ein ganz besonderer Mensch«, murmelte Clarissa verlegen.
»Ja, aber das sieht längst nicht jeder«, sagte Lady Mowbray betrübt. »Manche sehen bloß die Narbe in seinem Gesicht.«
»Wie meine Stiefmutter«, bekannte Clarissa leise.
»Sie ist nur eine von vielen«, versicherte Lady Mowbray milde seufzend. »Wir gehen jetzt besser rein. Sie macht sich bestimmt schon Sorgen.« Mit diesen Worten fasste sie das Mädchen am Arm, führte sie in den Ballsaal und zu ihrer Stiefmutter.
»Da bist du ja endlich!«, rief Lydia und sprang entrüstet auf. »Wo warst du? Du warst geschlagene zwei Stunden weg.«
»Es ist alles meine Schuld«, versetzte Lady Mowbray lächelnd. »Die Mädchen haben sich blendend verstanden. Da hab ich es nicht übers Herz gebracht, sie zu trennen.«
»Äh … das freut mich«, murmelte Lydia. Clarissa merkte ihr indes an, dass ihre Stiefmutter schwindelte. Irgendetwas stimmte nicht.
»Sie und Clarissa müssen unbedingt bald zu mir zum Tee kommen«, fuhr Lady Mowbray im Plauderton fort. Da sie Lydia kaum kannte, ahnte sie nichts von deren Stimmungswandel. »Ich werde auch Mary einladen, damit sich die Mädchen wiedersehen.«
»Das wäre mir ein Vergnügen«, erwiderte Lydia abwesend.
Lady Mowbray nickte unschlüssig. »Bis bald, meine Lieben.« Sie drückte begütigend Clarissas Hand, dann drehte sie sich um und ließ die beiden allein.
Kaum war sie außer Hörweite, packte Lydia ihre Stieftochter am Arm und zerrte sie mit sich.
»Wo willst du denn mit mir hin?«, fragte Clarissa ziemlich baff. Ihre Stiefmutter bugsierte sie energisch durch den Ballsaal zum Ausgang.
»Nach Hause«, schnappte Lydia.
Clarissa biss sich auf die Backentasche und schwieg, während sie draußen auf ihre Kutsche warteten.
»Du hattest knallrote Wangen, als du von deinem Besuch bei Mary zurückgekehrt bist.« Lydias Stimme war kalt und emotionslos. »Meinst du etwa, das sei mir nicht aufgefallen?«
Clarissa fühlte sich mit einem Mal ziemlich unwohl in ihrer Haut. »Wir haben am Kamin gesessen. Da war es ziemlich warm.«
»Und deine Lippen waren immer noch leicht geschwollen, weil du draußen Lord Mowbray geküsst hast.«
Das Mädchen wurde blass. »Hast du uns etwa heimlich beobachtet?«
»Es war reiner Zufall«, ätzte Lydia aufgebracht. »Lord Prudhomme bat mich um ein Gespräch, deshalb machten wir einen kurzen Spaziergang durch
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