Liebe auf den zweiten Kuss
Tanz«, entgegnete sie, glitt aus seinen Armen und legte ein paar Jazzschritte hin. Ihre Hände hatte sie in den Jackentaschen vergraben. Sie zog das Jackett eng um ihren Körper und fühlte sich wieder frei.
Er lehnte sich gegen das Regal und beobachtete sie. Sie vermisste seine Umarmung. »Es muss doch irgendeine Möglichkeit geben, miteinander zu tanzen, bei der beide Partner führen.«
»Das gibt es«, sagte Gabe. »Man nennt es Sex.«
Als das Lied endete, hielt sie außer Atem inne und streckte die Arme. Er zog sie zu sich heran und begann eine langsame Schrittfolge zu dem Lied »You belong to me« .
»Lass mich nur dieses eine Mal führen«, bat er sie. Sie entspannte sich in seinen Armen, glücklich über seine Berührung.
»Du kannst das wirklich gut«, bemerkte sie.
»Meine Mutter hat es mir beigebracht.«
Es klang traurig, und sie zog ihn dichter zu sich heran. »Weißt du was«, sagte sie. »Ich lass dich mich führen, wenn du mich nicht ausbremst.«
»Abgemacht.« Noch immer zur Musik tanzend küsste er sie, und als sie den Kuss beendete, legte sie ihre Wange an seine Brust und dachte, so ist es also, wenn man verliebt ist . Nur dass er nie gesagt hatte, dass er sie liebte. Sie waren jetzt seit mehr als zwei Monaten zusammen, und er hatte es nicht ein einziges Mal gesagt. Er zog sie enger an sich heran, und sie verspürte einen kurzen Augenblick der Panik – dass alles wieder zu Ende gehen würde, dass er sie niemals lieben würde, dass er eines Tages sagen würde, »Die Streitereien sind mir einfach zu viel«, und dass sie dieses Gefühl verlieren könnte – und dann dachte sie, immerhin durfte ich es genießen .
Doch später in jener Nacht, als Gabe eng an ihren Rücken geschmiegt lag, erkannte sie im Halbschlaf, dass ihr das nicht reichte. Sie brauchte dieses für immer und ewig , sie musste es hören. Sie wusste, dass es nur bewies, wie verzweifelt und erbärmlich sie war, sie wusste auch, dass es viel zu früh für so etwas war. Aber sie hatte sich mit tausend Gründen selbst gequält, weswegen er sie nicht liebte, weswegen er sie nie lieben würde, und jetzt wollte sie Sicherheit haben. Der Schlimmste aller Gründe war: Vielleicht liebte er immer noch Chloe . Er sprach nie über Chloe. Auch an ihren Postkarten, die in schöner Regelmäßigkeit eintrudelten, schien er nicht sonderlich interessiert. Andererseits wusste Nell nur zu gut, dass Gabe Gefühle kaum zeigte. Vielleicht unterdrückte er seine Sehnsucht nach Chloe. Vielleicht stellte er sich vor, dass sie Chloe war, wenn sie sich liebten.
Sie presste ihren Hintern an ihn, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen, und er bewegte sich etwas und streichelte ihre Hüfte. »Denkst du jemals an Chloe?«
»Natürlich«, brummte er an ihrem Hals. Seine Hand strich ihr über den Kopf und seine Finger vergruben sich in ihrem Haar. Sie schmiegte sich enger an ihn und wollte noch mehr mit ihm verwachsen sein, noch mehr gefangen.
»Wann?«, fragte sie.
Er schmiegte sich an ihren Rücken und ließ seine Hand über ihren Bauch gleiten. »Wenn ich den Duft von Mandelkeksen rieche.« Er gähnte. Suze buk täglich Mandelkekse. »Vermisst du sie?«
»Hmhm.«
Seine Stimme klang unendlich schläfrig. »Wünschst du dir, sie käme wieder zurück?«
»Sie wird zurückkommen.« Er gähnte erneut. »Sie wollte nur für ein Weilchen mal etwas anderes sehen als immer nur Ohio.«
Er war viel zu müde, um ihr auszuweichen, also entschied sie sich für eine ganz direkte Herangehensweise. »Liebst du sie immer noch?«
»Hmhm.«
»Oh.« Nell wurde übel. »Du...«
Gabe setzte und stützte sich auf einen Ellbogen. Sie fiel mit dem Rücken zurück auf das Bett. »Nein«, sagte er und blickte auf sie herunter. Er war immer noch schlaftrunken. »Nicht so wie dich.« Und dann küsste er sie: Sie war so überrascht, dass sie sich auch dann noch an ihn klammerte, als er den Kuss beendet hatte.
»Nicht wie mich?«, wiederholte sie.
»Ich liebe dich. Nicht so wie Chloe. Anders.«
Er liebt mich. »Oh«, sagte sie und schluckte. Wie anders? Frage nicht.
»Chloe war leicht zu handhaben«, antwortete er, als ob er sie gehört habe. »Chloe war süß. Chloe machte genau das, was ich ihr sagte. Chloe hat mir niemals irgendwelchen Ärger bereitet.«
»Und jetzt sag irgendetwas Nettes über mich«, bat ihn Nell und fühlte Panik in sich aufsteigen.
»Du machst mich verrückt«, sagte Gabe, endlich wach, und ließ seine Hand über ihren Bauch gleiten. »Du machst nie,
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