Liebe auf den zweiten Kuss
Er spürte, wie ihm eiskalt wurde. Sein Vater hatte die Schachtel im Jahre 1978 auf das oberste Regal im Badezimmer gestellt, dorthin, wo keiner seiner Angestellten sie finden würde. Und ganz sicher nicht sein einundzwanzig Jahre alter Sohn oder sein elfjähriger Neffe, die mit Sicherheit nachgehakt hätten, wie er ein so schnittiges Fahrzeug für nur einen Dollar ergattert hatte.
Was in aller Welt hatte sein Vater 1978 für Trevor getan, was einen Porsche Baujahr 1977 wert gewesen wäre?
»Was ist?«, erkundigte sich Riley. Gabe stieß die Schachtel zu ihm hinüber und beobachtete, wie Rileys normalerweise so gut gelauntes Gesicht beim Lesen ernst wurde.
»War es das, was Sie gesucht hatten?«, fragte Nell. Gabe blickte sie stirnrunzelnd an. Himmel, das war ja beinahe so wie damals, als er mit Chloe zusammengearbeitet hatte. Keine zusammenhängenden Gedanken, nur Randbemerkungen.
»Was wollen Sie damit sagen?«, fragte er geduldig. Offenbar hatte er zu geduldig geklungen, denn nun sah sie ihn stirnrunzelnd an.
»Ich habe Ihre Regale abgestaubt«, erklärte sie. »Das Muster im Staub sah so aus, als ob jemand Bücher hervorgezogen hätte. Also habe ich daraus geschlossen, dass Sie nach etwas gesucht haben.«
»Nein«, erwiderte Gabe und blickte Riley an.
»Ich war es nicht«, meinte Riley. »Aber das muss zu einem Zeitpunkt geschehen sein, nachdem die Putzkolonne aufgehört hatte zu kommen. Lynnie?«
Gabe schüttelte den Kopf. »Gesetzt den Fall, sie hätte die Schachtel gefunden, warum hat sie sie nicht einfach mitgenommen?« Er warf einen finsteren Blick auf die Schachtel. »Genau genommen, wer sollte hier überhaupt nach etwas suchen?« Er nahm sie wieder in die Hand. Die Schachtel war klein, bot aber genügend Platz, um mehr als nur eine Besitzurkunde darin zu verstauen. »Es sei denn, sie hat sich schon genommen, wonach sie suchte.« Irgendetwas, das mit seinem Vater und Trevor zu tun hatte …
Riley wirkte nachdenklich. »Schon, aber was im Himmel könnte sie...«
»Vielen Dank, Mrs. Dysart, Sie waren eine große Hilfe«, unterbrach ihn Gabe. Nell trat einen Schritt zurück, als habe man sie ins Gesicht geschlagen.
»Schon gut«, sagte sie. »Übrigens, was den Schriftzug des Fensters angeht...«
»Was?« Gabe funkelte sie an, ungeduldig darauf wartend, dass sie endlich verschwand. »Welchen Schriftzug?«
»›Detektei McKenna‹. An manchen Stellen ist die Schrift bereits abgeblättert. Ich dachte, bei der Gelegenheit könnten wir ein neues Design...«
»Nein, Mrs. Dysart. Das Fenster bleibt so, wie es seit jeher gewesen ist.« Er betrachtete die Schachtel und dachte, obwohl ich selbst möglicherweise gar nicht viel darüber weiß, wie die Dinge gewesen sind.
»Könnte ich Sie denn wenigstens zu einem neuen Sofa überreden, bevor das alte ganz zusammenbricht?« Über ihren brüsken Tonfall überrascht, blickte er auf. Ihre Augen blitzten, also verbiss sie sich Worte, die besser unausgesprochen blieben. Und sie hatte sogar etwas Farbe im Gesicht. Aber zur Hölle mit ihr, er hatte echt Probleme. »Wir haben nicht viel Publikumsverkehr«, erläuterte er. »Die Couch bleibt.«
Einen Augenblick verharrte sie regungslos, dann sagte sie: »Außerdem klemmt die Eingangstür.« Damit verließ sie das Büro.
Die hat aber eine Menge Wut im Bauch, dachte er und betrachtete erneut die Schachtel. Verdammt auch.
Riley atmete tief durch. »Was hat Patrick für Trevor getan, das nicht in den Büchern erscheinen sollte?«
»Eine Gegenfrage«, unterbrach ihn Gabe. »Kann es ein Zufall sein, dass wir diese Schachtel mit Trevors Namen ungefähr zur selben Zeit finden, in der eine Frau ihn zu erpressen versucht und das auch noch ungefähr zum gleichen Zeitpunkt, an dem Lynnie sich krankmeldet?«
Riley saß regungslos und überdachte die Sache von allen Seiten, während Gabe wartete. »Schon möglich«, sagte er schließlich. »Es wäre ihr zumindest zuzutrauen.« Er blickte auf und runzelte die Stirn. »Aber es erklärt nicht Jack und Budge.«
»Jack möglicherweise schon«, widersprach Gabe. »1978 war er bereits Partner in der Kanzlei.« Er zog die Schachtel zu sich heran und um nicht länger die verdammt Besitzurkunde anstarren zu müssen, machte er sie wieder zu. Vom Deckel grinste ihm der Teufel entgegen. »Mein Vater hat dieses Auto geliebt. Bei dem letzten Streit mit meiner Mutter ging es um dieses Auto.«
» Du liebst dieses Auto?«, bemerkte Riley. »Vielleicht ist das ein Zeichen, dass es Zeit für
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