Liebe auf den zweiten Kuss
gegeben. Ich konnte einfach nicht glauben, dass er genug Mumm gehabt hätte, dich zu verlassen und all seinen Kram alleine zu erledigen. Solch ein mieses Ekel geht normalerweise erst, wenn er einen passenden Ersatz gefunden hat.«
»Es tut mit so Leid«, murmelte Margie.
Nell atmete ein paar Mal tief durch, um wieder klar denken zu können. Tim hatte sie betrogen. Sie hatte sich fair und vernünftig und erwachsen verhalten, und er hatte sie betrogen. Er hatte sie gleich doppelt betrogen, zum einen, als er mit Whitney geschlafen und zum anderen, als er ihr gegenüber beteuert hatte, es gäbe keine Andere. Der zweite Betrug schmerzte mehr. Das war die Lüge gewesen, mit der er sie darum gebracht hatte, ihrer Wut Luft zu machen. Er hatte ihr ihren Job und ihr Haus und die Hälfte ihres Porzellans genommen, er hatte ihr Leben zerstört, und dann hatte er gelogen, damit sie ihn nicht umbrachte. Mistkerl.
Nell richtete sich wutentbrannt auf. »Ich hasse ihn.«
»Das wird aber auch Zeit«, erwiderte Suze. »Und was willst du nun machen?«
Gleich fange ich an zu schreien. »Ich muss jetzt gehen.« Nell stemmte sich von der Couch auf, und Margie konnte ihr gerade noch ausweichen, als sie auf die Tür zustürzte.
Gabe hatte eine frustrierende Stunde damit verbracht, nichts zu erreichen. Als er daher ins Büro zurückkam und Nell wie vom Erdboden verschluckt war, hielt sich sein Amüsement in Grenzen. Ach zum Teufel, dachte er und ging selbst ans Telefon, als es klingelte. Es war ein Klient von außerhalb der Stadt. Er setzte sich an Nells Schreibtisch und machte sich seine Notizen mit dem goldfarbenen Füllfederhalter, der ordentlich und präzise exakt parallel rechts neben ihrem Notizblock lag. Alles auf dem Schreibtisch war ordentlich und exakt, bis hin zu dem edel in Gold gerahmten Foto von Nell und einem viel jüngeren Mann, der ihr so ähnlich sah, dass es ihr Sohn sein musste. Der Junge sah gut aus, und diese Nell strahlte vor Glück und Gesundheit. Was ist seitdem nur mit ihr geschehen? dachte er kurz, als er wieder auflegte und das Telefon erneut klingelte.
»Was hast du herausgefunden?«, wollte Riley wissen, nachdem Gabe abgehoben hatte.
»Nicht viel. Lynnie war nicht zu Hause, und ihre Vermieterin beobachtete mich von nebenan, also konnte ich nicht einfach hineingehen. Trevor war auch keine große Hilfe.«
»Das ist er nie«, pflichtete ihm Riley bei. »Die Frage ist, war er keine große Hilfe, weil er selbst nichts weiß, oder weil er dich hinhält.«
»Weil er mich hinhält«, bestätigte Gabe. »Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, den Wagen überschrieben zu haben.«
»Er hat einen Porsche vergessen?«
»Er behauptet, dass er sich nach dreiundzwanzig Jahren unmöglich an so etwas erinnern kann.«
»Die Behauptung ist zumindest fragwürdig«, entgegnete Riley. »Ist Nell da?«
»Nein«, erwiderte Gabe und sah sich um. »Sonst wäre ja kaum ich ans Telefon gegangen.«
»Wenn sie wieder kommt, soll sie die Akten aus dem Jahr 1978 heraussuchen«, sagte Riley. »Ich bin mir sicher, dass Patrick versucht hat, irgendetwas zu vertuschen. Vielleicht finden wir in den Akten einen Hinweis, was es war. Falls sich irgendwas in den Akten finden lässt, wird sie es finden. Die Frau findet alles.«
»Falls sie jemals zurückkommt. Sie hat einige ihrer Sachen hier gelassen, also werden wir sie wohl wieder sehen, wenn ihr danach ist.«
»Nun lass sie doch endlich mal in Frieden«, versuchte Riley ihn zu besänftigen. »Vermutlich ist sie einfach nur zum Mittagessen fort, verdammt. Das wird ja langsam zur Marotte.«
»Da wir gerade von Marotten sprechen, was ist mit Jack?«
»Ich bin in den Startlöchern«, erwiderte Riley aufgekratzt.
Gabe seufzte. »Ich auch. Ach, bevor ich es vergesse, heute Abend steht ein Lockvogeljob an. Kann dir deine Biologiestudentin dabei behilflich sein?«
»Sie muss an einer Hausarbeit schreiben«, erwiderte Riley. Was muss er sich auch mit so jungem Gemüse einlassen , dachte Gabe.
»Ich werde schon jemanden finden.« Gabe legte auf und ging hinüber zu Chloe ins Café. Sie stand hinter dem Tresen und öffnete gerade die Ofentür.
»Kannst du heute Abend als Lockvogel aushelfen?«
»Nein«, entgegnete Chloe. »Solche Sachen hasse ich. Die sind nicht gut für mein Karma.«
»Verstehe. Hast du unsere neue Sekretärin gesehen?«
»Nell? Nein.« Sie zog ein Blech mit Keksen aus dem Backrohr und stupste ihn mit der Hüfte aus dem Weg, um es auf dem Granittresen
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