Liebe auf den zweiten Kuss
Entscheidung«, meinte Nell. »Sie hätten die Erste behalten sollen, denn danach sind die Unterlagen kaum mehr zu gebrauchen.«
»Die Erste war meine Mutter«, sagte Gabe. »Sie ist gegangen.«
»Oh.« Nell richtete sich auf. »Tut mir Leid. Die gute Nachricht ist, dass sie erst im Juni’78 gegangen ist. Falls Sie also nach etwas vor dem 27. Mai suchen, würde das die Sache erleichtern.«
Gabe zog das Buch zu sich heran und öffnete es an der Stelle, wo sie es mit einem Lesezeichen versehen hatte.
»Was ist das?«
»Die Buchhaltung von 1978. Dort befindet sich der einzige Eintrag zu Ogilvie, der nicht mit den Akten übereinstimmt. Möglicherweise ist das nicht weiter verwunderlich. Der Beleg ist für Blumen.«
»Blumen?« Gabe fuhr mit dem Finger die Seite herunter.
»Für eine Beerdigung«, sagte Nell, just als Gabe den Eintrag gefunden hatte: Blumen, Beerdigung Ogilvie stand dort in der energischen Handschrift seiner Mutter vermerkt.
»Eine Beerdigung. Wer ist gestorben?«, fragte Gabe und versuchte ruhig zu bleiben. »Wir müssen die Zeitungsarchive durchforsten...«
»Vielleicht nicht«, erwiderte Nell und setzte sich ihm gegenüber. »Ich glaube, ich weiß es.«
Er sah zu ihr auf, und sie schluckte.
»Absolut sicher bin ich mir nicht, ich muss es noch einmal überprüfen«, sagte sie. »Aber es war im gleichen Jahr, in dem ich Tim geheiratet habe.«
Vor zweiundzwanzig Jahren , dachte er unwillkürlich. Sie musste ebenso jung wie Chloe gewesen sein.
»Und Tims Bruder, Stewart«, fuhr Nell fort, »hatte im Frühjahr Margie Ogilvie geheiratet. Kurz darauf ist Margies Mutter Helena gestorben.«
»Trevors Frau.« Gabe lehnte sich zurück. »Olivia ist zweiundzwanzig. Ist Helena bei der Geburt gestorben?«
Nell schüttelte den Kopf. »Margies Eltern lebten in Scheidung. Und dann ist ihre Mutter gestorben, und Margies Vater hat zum zweiten Mal geheiratet, und zwar sehr schnell. Kurz darauf wurde Olivia geboren. Ich weiß noch, dass Margie tief getroffen war, aber sie hat nie darüber gesprochen, und ich hab sie nie gefragt. Damals waren wir nicht sehr eng befreundet.«
»Wie ist Helena gestorben?« Gabe hoffte inständig, dass es sich um eine ganz normale Todesursache handelte, in einem Krankenhaus in Anwesenheit zahlreicher Ärzte.
»Sie hat sich erschossen.«
Gabe dachte: Das ist keine gute Nachricht . »Was genau geschah, weiß ich nicht«, fuhr Nell fort, inzwischen etwas aufgeregt.
»Nur dass Margie anwesend war und es schrecklich gewesen sein muss.«
»Margie hat gesehen, wie sie sich erschossen hat?«, fragte Gabe hoffnungsvoll.
»Nein«, sagte Nell. »Ich glaube, sie war im Nebenzimmer. Aber sie war da, und sie hat ihre Mutter gefunden. Es muss schrecklich gewesen sein.«
»Ja, das muss schrecklich gewesen sein«, entgegnete Gabe automatisch und lehnte sich zurück.
Riley klopfte und trat ein. Gabe schob das Buch zu ihm hinüber.
»Hast du das schon gesehen?«
Nell erhob sich. »Ich lasse Sie jetzt lieber alleine«, sagte sie und war verschwunden, noch ehe Gabe antworten konnte.
»Was hat sie denn nur?«, wandte er sich an Riley.
»Vermutlich war sie nicht scharf drauf, sich noch einmal von dir vor die Tür setzen zu lassen«, bemerkte Riley und nahm das Buch zur Hand. »Was ist das?« Nachdem Gabe es ihm erklärt hatte, sah Riley genauso bedrückt aus, wie Gabe sich fühlte.
»Du glaubst also, dass dein Vater Trevor dabei behilflich war, einen Mord zu vertuschen?«
»Meiner Ansicht nach sollten wir uns den Selbstmord noch einmal vornehmen«, sagte Gabe. »Ich werde Jack Dysart anrufen und herausfinden, ob es bei der Erpressung von Trevor darum ging. Besorge du mir den Polizeibericht über Helenas Selbstmord.«
Riley sah auf die Uhr. »Morgen. Heute ist es dafür zu spät. Was ist mit Lynnie? Glaubst du, dass sie irgendetwas in der Hand hat, was Trevor damit in Verbindung bringt?«
»Keine Ahnung. Ich bin heute noch einmal bei ihr vorbeigefahren, aber die Vermieterin war wieder da. Offenbar lebt sie in der anderen Haushälfte und hat nicht viel zu tun. Ich schätze, ich muss heute Abend das Haus beobachten. Das erinnert mich: Was ist eigentlich gestern Abend mit Nell passiert? Wenn uns eine Anzeige wegen irgendetwas droht, würde ich es gerne wissen.«
»Sie... hat da wohl was missverstanden«, wich Riley aus.
Gabe schloss die Augen. »Wie sehr hat sie was missverstanden?«
»Sie ist mit ihm nach oben gegangen. Ich habe sie heraus geholt, bevor irgendwas passiert
Weitere Kostenlose Bücher