Liebe auf den zweiten Kuss
ich müsse sie retten. Sie ist die Vertretung für Lynnie.«
»Irgendwie sieht sie interessant aus«, bemerkte Chloe. »Ich wette, sie ist Jungfrau im Sternzeichen. Gib mir mal ihr Geburtsdatum durch.«
»Nein. Abendessen um acht also?«
»Ja, bitte. Wir müssen miteinander reden. Lu möchte vielleicht doch lieber im Herbst mit dem Rucksack durch Europa reisen.«
»Auf gar keinen Fall. Ich habe bereits die Collegegebühren für ihr erstes Trimester bezahlt.«
»Deine Tochter lebt jetzt ihr eigenes Leben, Gabe.«
»Nein. Sie ist erst achtzehn. Das ist viel zu jung, um auf eigene Faust durch Europa zu reisen.«
»Sie ist genauso alt wie ich, als ich dich geheiratet habe«, bemerkte Chloe.
Und sieh dir an, was für eine miese Entscheidung du getroffen hast. »Chloe, sie wird aufs College gehen. Wenn es ihr nach dem ersten Trimester dort nicht gefällt, können wir wieder darüber reden.«
Chloe seufzte. »Also gut. Und jetzt zu dieser Jungfrau...«
»Nein.« Gabe legte auf und dachte an seine wunderschöne blonde Tochter, die mit dem Rucksack durch weit entfernte Länder reisen wollte, in denen lüsterne Männer ihr auflauern würden, während seine wunderschöne blonde Ex-Frau immer noch dieselben Sterne konsultierte, die ihr geraten hatten, sich von ihm scheiden zu lassen.
Er griff erneut nach dem Aspirin. Dieses Mal spülte er die Tabletten jedoch mit einem Schluck Glenvilet Whiskey hinunter, den er in seinem Schreibtisch aufbewahrte, genau wie es sein Vater vor ihm getan hatte. Irgendetwas würde er in Sachen Chloe und Lu unternehmen müssen, ganz abgesehen von Jack Dysart und Trevor Ogilvie und dem Ärger, den sie sich selbst und ihrer Rechtsanwaltskanzlei dieses Mal aufgehalst hatten. Die einzig angenehme Aussicht auf die nächste Zukunft war die, dass er später mit Chloe schlafen würde. Das war immer sehr nett.
Sehr nett? Er hielt inne. Himmel, wo war das Wörtchen »heiß« abgeblieben? An Chloe konnte es nicht liegen, sie war genauso, wie sie immer gewesen war.
Dann liegt es also an mir, dachte er und sein Blick fiel auf die Flasche Whiskey in seiner Hand und die Aspirintabletten auf seinem Schreibtisch. Ich bin am Ende. Ich brauche Alkohol und Medikamente, um den Tag überhaupt durchzustehen.
Natürlich war es nur Glenvilet und Aspirin, wovon er zu viel nahm, und keine wirklich harten Drogen. Sein Blick fiel auf eine Fotografie auf der gegenüberliegenden Wand: Sein Vater und Trevor Ogilvie, vor vierzig Jahren, in Nadelstreifen, die Arme um die Schultern des anderen gelegt und in die Kamera grinsend, während sie mit zwei Martinigläsern anstießen. Eine schöne alte Tradition, dachte er und erinnerte sich daran, wie sein Vater gesagt hatte: »Trevor ist ein feiner Kerl, aber ohne mich würde er seine Probleme so lange ignorieren, bis er unter ihnen begraben läge.«
Du hast mir mehr als nur die halbe Agentur hinterlassen, Papa.
Bedrückt räumte Gabe die Flasche zurück in den Schreibtisch und suchte in dem Durcheinander nach seinen Notizen. Gott sei Dank würde ab Montag eine Sekretärin im Haus sein. Er brauchte jemanden, dem er Anweisungen geben konnte und der sein Leben einfacher machen würde. So wie damals, als Chloe noch seine Sekretärin war. Er warf einen unbehaglichen Blick auf das gesprungene Fenster. Er war sich ziemlich sicher, dass Eleanor Dysart ihm das Leben einfacher machen würde.
Falls nicht, würde er sie einfach wieder vor die Tür setzen, auch wenn sie die ehemalige Schwägerin seines besten Kunden war. Denn wenn er auf eines im Leben wahrlich verzichten konnte, dann auf noch mehr Leute, die ihm auf die Nerven fielen. Von denen hatte er weiß Gott bereits jetzt schon genug.
Auf der anderen Seite des Stadtparks saß Nell an ihrem großen Esstisch in ihrem sehr kleinen Appartement und fuhr fort: »Und als ich ging, fiel die Jalousie laut krachend herunter und zum Vorschein kam die gesprungene Fensterscheibe.« Ohne die Miene zu verziehen, beobachtete sie, wie ihre blonde Schwägerin Suze vor Lachen einen Schluckauf bekam und dabei, obwohl sie nach Luft rang, immer noch wunderschön aussah.
»Vielleicht glaubt er ja, dass es jemand von draußen kaputtgemacht hat«, wandte Margie, Nells andere Schwägerin, ein. Ihr kleines, unscheinbares Gesicht glühte wie gewohnt hoffnungsvoll über der Tasse Kaffee, die Nell ihr eben eingeschenkt hatte. »Wenn du es ihm nicht erzählst, wird er es möglicherweise nie erfahren.« Dabei zog sie aus ihrer Handtasche eine kleine,
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