Liebe auf den zweiten Kuss
an einen anderen Ort zu verschieben, damit der verdammte Vogel ihr nicht ständig über die Schulter blickte. Dabei zog sie sich einen Splitter in der rechten Hand zu, den sie mit der Linken nicht zu fassen bekam. Mit einer Pinzette in der Hand ging sie zu Gabe und sagte: »Helfen Sir mir.«
»Wie zum Teufel haben Sie sich denn einen Splitter eingezogen?«, fragte er und legte seinen Stift auf den Schreibtisch.
»Am Aktenschrank«, erwiderte sie. »Die Rückseite war etwas rau.«
»Die Rückseite stand an der Wand.« Er nahm die Pinzette.
»Ja, so war es«, erwiderte Nell munter. »Wenn Sie jetzt den Splitter aus meiner Handfläche...« Er nahm ihre Hand und hielt sie unter seine Schreibtischlampe, und sie hielt den Atem an.
»Da ist er«, sagte er und benutzte den Daumen, um das Fleisch ihrer Handfläche straff zu ziehen, damit er den Splitter besser sehen konnte. »Beiß die Zähne zusammen, Bridget.« Vorsichtig zog er den Splitter heraus und ließ ihre Hand wieder los. »Und jetzt halten Sie Ihre Pfoten von meinen Aktenschränken fern. Die Dinger stehen bereits seit sechzig Jahren dort und werden dort stehen bleiben.«
»Bridget?«
»Was?«
»Beiß die Zähne zusammen, Bridget«, wiederholte Nell.
»Ach, ein alter Witz.« Gabe reichte ihr die Pinzette. »Gehen Sie jetzt und lassen Sie die Finger von meinem Mobiliar.«
Als Riley zurückkam, fragte ihn Nell: »Kennst du einen Witz mit ›Beiß die Zähne zusammen, Bridget‹?«
»Das ist der Witz«, entgegnete Riley. »Es ist die Antwort auf die Frage ›Was ist ein irisches Vorspiel?‹.
»Irisches Vorspiel?«, wiederholte Nell. »Ach, vergiss es.«
Als Riley in seinem Büro verschwand, klingelte das Telefon. Sie hob ab. Trevor Ogilvie meldete sich. Sie wollte ihm gerade Margies Telefonnummer im Café durchgeben, doch er wollte mit ihr sprechen.
»Jack meint, du wärst für diesen Job überqualifiziert, meine Liebe«, sagte Trevor. »Mit deiner Berufserfahrung solltest du eigentlich mehr als nur Sekretärin sein.«
Ich bin nicht nur Sekretärin. »Ach weißt du, ein wenig anspruchsvoller als das ist es schon.«
»Für uns bist du immer noch Teil der Familie«, fuhr Trevor fort.
Du hast mich noch nie als Teil deiner Familie betrachtet , dachte Nell und frage sich, was in aller Welt hier vorging.
»Wir würden dir gerne eine Stelle bei uns anbieten«, redete Trevor weiter. »Deine organisatorischen Fähigkeiten könnten wir hier gut gebrauchen.«
»Danke, Trevor, aber ich denke nicht...«
»Triff keine vorschnelle Entscheidung, Nell. Gabe kann dir sicherlich nicht viel zahlen.«
Die Gewissheit in seiner Stimme verletzte sie. »Doch, die Bezahlung ist ziemlich gut«, log sie. »Und es ist ein sehr interessantes Arbeitsumfeld. Aber ich weiß das Angebot zu schätzen.«
Nachdem sie aufgelegt hatte, ging sie in Gabes Büro.
Er sah auf. »Was haben Sie diesmal angestellt?«
»Trevor Ogilvie hat mir eben gerade einen Job angeboten.«
»Wie bitte?«
Nell setzte sich ihm gegenüber. »So wahr mir Gott helfe. Er sagte, Jack sei der Auffassung, ich sei für die Arbeit hier überqualifiziert. Daher wollten sie mir etwas Besseres anbieten. Mehr Geld hat er mir auch angeboten.«
Gabes Miene war unergründlich. »Was haben Sie geantwortet?«
Nell war empört. »Was wollen Sie damit sagen, was ich geantwortet habe? Natürlich habe ich nein gesagt. Was führt er im Schilde?«
Gabe lehnte sich zurück. »Er sagte, Jack habe sich mit ihm unterhalten?«
Nell nickte.
»Vielleicht ist Jack unglücklich darüber, dass Suze jetzt arbeitet und glaubt, wenn Sie hier aufhören, wird Suze es auch tun.«
»Jack weiß gar nicht, dass Suze arbeitet. Sie erzählt ihm, dass sie mit mir ins Kino geht.«
Gabe schwieg einen Augenblick lang, dann sagte er: »Vielen Dank, dass Sie hier nicht aufhören.«
»Aufhören?«, entgegnete Nell. »Ich fange doch grade erst an. Als Nächstes stelle ich den Keller auf den Kopf.«
»Gut so«, sagte Gabe.
Zum ersten Mal klang er nicht gereizt, und als sich Nell wieder an die Arbeit machte, war sie ausgesprochen vergnügt.
Für Gabe verliefen die Dinge weniger erfreulich. Weder gelang es ihm, Lynnie aufzutreiben, noch hatte er irgendeinen Anhaltspunkt finden können, wohin sie verschwunden oder wer in ihre Wohnung eingedrungen war. Beides wertete er als persönlichen Affront und als berufliches Versagen. Riley, der alle Juweliere und Leihhäuser nach Helenas Schmuck abgeklappert hatte, kam ebenfalls nicht weiter. »Die
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