Liebe auf eigene Gefahr Roman
suche nach der Aufsatz-Fragestellung. »Welche Person oder welche Erfahrung hat Sie am meisten beeinflusst und warum?«
Er schaltet die Lichter aus und starrt aufs Lenkrad.
»Jake, komm schon.« Ich lege den Fragebogen beiseite und klopfe mit meinem Stift auf den Notizblock. »Welche Person
oder Erfahrung?« Er öffnet den Mund … und schließt ihn wieder. »Okay, Skifahren. Wie ist es mit Skifahren? Oder Echsen? Dieser Trip nach Arizona? Oder die Band? Die Band ist gut. Nimm die Band …«
»Du«, wirft er ruhig ein.
»Was?«
»Du.« Er dreht sich im Schalensitz um. »Du bist die mit Abstand entscheidendste Person oder Erfahrung in meinem Leben.«
Erstaunt lehne ich mich vor, um seine Handknöchel auf dem Schaltknüppel zu küssen. »Danke«, hauche ich, bevor ich mich zwinge, wieder Verantwortung für die Realität zu übernehmen. »Aber Jake, das kannst du nicht schreiben – die wollen nichts über mich hören.«
»Das ist aber alles, was ich zu sagen habe.« Er nimmt mir den Stift aus der Hand und fängt an, direkt auf die Bewerbungsbögen zu kritzeln. Ich sitze neben ihm, unfähig, aus dem Auto zu steigen, mich in die Kopiererschlange zu stellen und diesen ganzen Prozess zu Ende zu bringen. » Mittel amerika, richtig?«, vergewissert er sich und wirft mir einen unsicheren Blick zu.
»Ja«, lächle ich.
»Sie hat mir beigebracht, dass man für die Dinge, an die man glaubt, aufstehen muss, sich ganz hoch auf einen Tisch stellen muss …«, kritzelt er wie wild. »Katie?« Er blickt auf.
»Ja.«
Er lehnt sich zu mir herüber, und unsere Lippen berühren sich. »Danke.«
Denise Dunkman lenkt ihren Nissan in unsere Auffahrt, und ich greife nach dem Anschnallgurt. »Also dann«, sage ich und schnalle mich ab.
»Ich weiß einfach nicht, wie das passieren konnte«, wiederholt sie zum dreihundertsten Mal, seit wir an diesem Morgen
am leeren Parkplatz der Smithton Highschool ankamen, eine ganze Woche zu früh für die regionalen Debattiermeisterschaften.
»Es ist wirklich kein Problem, Denise«, sage ich noch einmal. »Ich wiederhole: Ich bin froh, dass ich heute Nacht nicht in diesem gruseligen Motel schlafen muss.«
»Aber ich habe es doch in meinen Kalender geschrieben, ich habe extra zweimal in die Unterlagen gesehen«, beharrt sie und geht zum wiederholten Mal ihre falsche Planung durch, nachdem die letzten drei Stunden auf dem Highway anscheinend keine zufriedenstellenden Antworten geliefert haben.
»Ich glaube dir ja.«
»Ich weiß einfach nicht, wie das passieren konnte.«
»Das hier wird einfach unser Probedurchlauf, okay?« Ich umarme sie kurz und greife nach dem Türgriff, weil ich es kaum erwarten kann, dieser Beckettschen Endlosschleife zu entkommen. Während sie weiter den Kopf schüttelt, trete ich auf die verschneite Straße hinaus, deren Stille eine willkommene Abwechslung zu Denises Edie-Brickell-Kassette ist – eine Kassette, die ich heute Morgen um sieben noch ganz gerne mochte. Ich ziehe meine Reisetasche hinter dem Sitz hervor und hieve sie mir auf die Schulter. Als ich mich aufrichte, um die Tür zuzuschlagen, spüre ich, wie steif ich nach sechs Stunden Fahrt bin.
»Ich hab’s in meinen Kalender geschrieben! Und ich habe zweimal in den Unterlagen nachgesehen!«, brüllt sie aus dem Inneren ihres luftdichten Fahrzeugs, und ich nicke lächelnd. Als ich winkend an ihren zurücksetzenden Scheinwerfern vorbeigehe, sehe ich, dass sie immer noch den Kopf schüttelt, was sie am Montag sicher auch noch tun wird. Und ich wette, auch nächste Woche, wenn wir die Fahrt erneut antreten. Ich muss unbedingt daran denken, Kassetten mitzunehmen. Oder einen Hammer.
Als ich zur Veranda hochtrotte, sehe ich, dass vor der Garage ein Auto parkt. O nein, Besuch. Komplett ausgelaugt vom Wettkampfadrenalin, das ich in der ersten Tageshälfte aufgebaut habe, bin ich viel zu müde, um höflich zu sein.
Ich drehe den Türknauf und lehne mich gegen die Tür, aber sie gibt nicht nach. Dad besucht Onkel Daschle in Dorset. Ist Mom mit einer Freundin weggefahren und hat die Tür abgeschlossen? Mist. Ich gehe wieder die Treppe hinunter und hoffe, dass ich meinen Schlüssel dabeihabe, während ich hochschaue und mich vergewissere, dass im ersten Stock die Lichter an sind. Dann drücke ich genau in dem Moment auf die Klingel, als die Tür aufgeht und Mom mit zerzaustem Haar auf die Schwelle tritt. »Katie«, sagt sie blinzelnd. Der Kragen ihres Kleids ist nach innen gestülpt.
»Hallo.« Ich lasse
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