Liebe auf eigene Gefahr Roman
ich aus dem verfluchten Leistungskurs Geschichte. Das monotone Geschwafel dieses Mannes ist so unglaublich langweilig, dass ich mir nicht vorstellen kann, dass ich weniger davon mitbekommen hätte, wenn mir jemand Kopfhörer übergestülpt hätte. Während ich meine Schließfachkombination eingebe, stelle ich Berechnungen an – bei vierzig Minuten Studierzeit habe ich dreißig Minuten, um die Tagebucheinträge von einer Woche nachzuholen, drei, um Spanisch fertig zu machen, und volle sieben, um mir den Laborbericht aus den Fingern zu saugen. Fantastisch!
»Gut, dann grüß mich eben nicht.«
Ich fahre herum und sehe, wie sich Lauras Rucksack entfernt.
»He!« Joggend schließe ich zu ihr auf, aber sie macht keine Anstalten zu warten. »Ich sterbe vor Erschöpfung.«
»Ich schmeiß ‘ne Mitleidsparty für dich.« Sie geht schneller, ihre halb hohen Cowboystiefel schlurfen über den Linoleumboden.
»He, was ist los?«, frage ich und packe sie an der Schulter.
»Nichts.« Sie ruckelt sich frei, und ihr Rucksack wird nach vorne geschleudert.
»Nichts?«
»Will dich nicht langweilen.«
»Ich stehe hier und frage dich.« Auf beiden Seiten drängeln Schüler vorbei und rempeln uns an.
Sie zupft ein Haar von ihrem Pullover und weicht meinem Blick aus. »Ich komme zu spät zum Sportunterricht.«
»Seit wann macht es dir was aus, zu spät zum Sport zu kommen?«
»Als würde dir so etwas auffallen.«
» Was ist los? «
Sie schiebt die Lippen vor. »Nichts. Interessiert dich zwar sowieso nicht, aber ich hatte gerade meinen Termin bei Ms. Hotchkiss.«
»Und?«
»Oh, es war toll! Sie findet, dass ich realistische Erwartungen haben sollte.« Durch die marineblau getuschten Wimpern schießt ihr das Wasser in die Augen, und sie blinzelt. Als die Klingel ertönt, taumelt ein Football-Schlägertyp zwischen uns hindurch, um in seine Klasse zu hechten. »Verdammter Mist!« Sie wirft die Hände hoch. Wir sind allein im Gang.
»Komm schon.« Sie bricht in heftige Schluchzer aus, als ich ihren Arm nehme. » Komm. « Ich dirigiere sie durch
die leeren Gänge, während der Inhalt unserer Rucksäcke schwer hin und herschaukelt. Durch den Korridor, der die beiden Gebäude verbindet, rennen wir zum nächsten abgeschiedenen Ort auf dem Schulgelände: die Balkontreppe des Middle-School-Schwimmbads. Auf dem Treppenabsatz lasse ich mich auf den Zement fallen, lehne mich nach hinten in die Nische und ziehe sie zu mir herunter. Ein paar Augenblicke sitzen wir da und kommen wieder zu Atem, bevor sie erneut in Tränen ausbricht und den Kopf auf meine Schulter legt.
Ich drücke ihre Hand. »Schon gut.«
»Nein, Katie, nichts ist gut. Du bist praktisch mit Jake verheiratet, und ihr zwei seid jetzt die ganze Zeit wie verdammte Seelenverwandte und geht wahrscheinlich irgendwo auf irgendeine perfekte Eliteuniversität, und alles, worüber Sam redet, ist, dass sie durch dieses bescheuerte Demotape, das sie überall hingeschickt haben, entdeckt werden oder irgend so ein Müll. Ich hingegen soll realistisch sein, weil mein Zeugnis, ich zitiere, mittelmäßig war und meine Liste mit schulischen Aktivitäten, ich zitiere, offen gesagt mittelmäßig ist. Hi!« Sie versucht, durch ihre Tränen hindurch fröhlich auszusehen. »Ich bin Laura Heller, Ihre ehrlich gesagt mittelmäßige Bewerberin!« Mit der freien Hand wischt sie sich die triefende Nase.
»Laura, du bist nicht mittelmäßig! Die nehmen dich überall. Du bist so gut in Vorstellungsgesprächen! Und deine Noten sind wirklich solide …«
»Übersetzung: mittelmäßig.«
»Verglichen mit wem? Dana Dunkman? Komm schon, lass dich nicht so von der Hotchkiss ärgern. Bei ihr fühlt sich jeder wie ein Stück Dreck. Das ist ihr Titel: Drecksberaterin. Sie und meine Mutter befinden sich auf irgendeiner gemeinsamen Mission, mich auf die Duke University oder die UVA zu schicken, irgendeine blöde Südstaaten- …«
»Du hast dich schon mit ihr getroffen?« Sie zieht ihre Hand aus meiner.
»Am Dienstag. Hab überhaupt nicht zugehört. An den Teil mit den Südstaaten erinnere ich mich bloß, weil es der Gipfel ihrer Spinnereien war.«
Sie starrt an mir vorbei auf die im Halbkreis aufgestellten, staubverkrusteten Ficuspflanzen. »Warum weiß ich nichts davon?«
»Was meinst du? Es ist kein großes Geheimnis.«
»Ich wette, Jake weiß es. Ich wette, du hast es ihm sofort nach dem Gespräch erzählt.«
Darüber muss ich erst nachdenken. »Ich glaube, ja …«
»Was ist nur los mit
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