Liebe auf krummen Beinen
ich die Nase aus dem Fenster halten wollen. Es ließ sich nicht herunterkurbeln, wie auch die Knöpfe am Armaturenbrett nur zur Dekoration da waren und sich nichts ereignete, wenn man sie betätigte. Weiß Gott, ein Traumauto. Ich sprang auf die Straße und schüttelte mich gründlich. Mein Fell roch nach Zweitaktergemisch. Herrchen schloß den Wagen nicht ab. War auch nicht nötig. Wer den stehlen wollte, war selbst schuld.
Die Tür des Hauses schnappte auf, und wir betraten den Flur. Er war mit marmorähnlichen Platten ausgelegt und angenehm kühl. Auf den Treppenstufen mußte ich ziemlich hopsen, um von einer zur anderen zu kommen. Na, später würde es besser gehen.
Am Ende des Flurs war eine Kabine mit einer Schwingtür. Herrchen nahm mich mit hinein und spielte an einer Knopftafel herum. Plötzlich fuhr die Kabine nach oben. Mir wurde wieder flau, aber glücklicherweise war der Magen jetzt leer. Nach einer Weile hielt das Ding mit einem Ruck. Wir gingen an ein paar Türen vorbei. Dann blieb Herrchen stehen. Ich sah das Schild unter der Klingel:
DANIEL NOGEES
Kriminalkommissar
Ach, du lieber Gott. Ein Polizist. Ich sah mich schon als Polizeihund über Eskaladierwände klettern und scharfe Handgranaten apportieren.
Und Daniel? Komischer Name. Ich beschloß, ihn Dan zu nennen. Das war kurz und modern. Schließlich waren wir mit Amerika verbündet.
Wir betraten die Wohnung. Mit dem ersten Blick sah ich, daß sie in besserem Zustand war als unser Auto. Ganz so arm schien er doch nicht zu sein.
Von einem kleinen Vorraum mit hellen Wänden, eingebauten Schränken und Garderobehaken gingen drei Türen ab. Links das Bad und rechts die Küche, wie ich ohne weiteres am Geruch erkannte . Die hintere Tür führte ins Wohnzimmer. Es war größer, als ich erwartet hatte. Durch ein weites Schiebefenster, das von hübschen bunten Vorhängen eingerahmt war, konnte man den Balkon sehen. Links standen lederne, etwas abgewetzte Sessel um einen niedrigen Tisch. Wahrscheinlich geerbt. Zum Fenster hin schloß sich eine Couch an, deren Kissen recht brauchbar aussahen. In der hinteren Ecke stand das Radio auf einem kleinen schwarzen Schrank. Radios hatte ich schon bei Frau von Quernheim kennengelernt. Im Anfang war ich immer erschrocken, wenn plötzlich eine Stimme herauskam, und manche Arten von Musik taten mir so weh in den Ohren, daß ich heulen mußte. Der kleine Schrank entpuppte sich später als wichtigstes Möbelstück. Dans Flaschen standen darin.
In der rechten Fensterecke war ein kleiner Schreibtisch mit einem Lehnstuhl davor. Von einer Seitenwand ging noch eine Tür ab. Konnte sich nur um das Schlafzimmer handeln. Sehr vernünftig, nicht jede Nacht in seinem eigenen Tabaksqualm zu schlafen.
Ein paar Bilder waren an den Wänden, einige hingen auf dem Kopf. Wohl moderne Kunst. Bei Frau von Quernheim hatte es so etwas nicht gegeben, man hatte immer erkennen können, was es vorstellen sollte. Über dem Schreibtisch sah ich eine Tafel mit einem handgemalten Spruch.
«Ich wünschte, die Frauen glichen den Sternen —
die abends kommen und sich morgens entfernen.»
Hm. Ein Wüstling also wohl auch noch! Schlimm, schlimm.
Mir war schon in den ersten Minuten klargeworden, daß hier mit einem Frauchen nicht zu rechnen war. Es hätte anders ausgesehen in der Bude und auch anders gerochen. Der Kriminalkommissar Daniel Nogees war Junggeselle.
Er riß alle Türen auf, warf sich in einen der Sessel und streckte seine langen Beine ins Zimmer. Mußte sich auch erst von seinem Auto erholen. Ich schnupperte in den Ecken herum und untersuchte alles. Der Zentralheizungskörper unter dem Schiebefenster schien ausreichend groß zu sein. Nichts stört mich außer Hunger mehr als Kälte. Der Teppich hatte niedliche Fransen. Würde nur eine Frage der Zeit sein, wie lange ich der Verlockung widerstehen könnte, einige von ihnen zu zernagen. Frau von Quernheim hatte fürchterlich geschimpft, wenn wir etwas zerfressen hatten, und seither nahm ich mich sehr in acht.
Im Schlafzimmer nahm ein breites, flaches Bett den meisten Platz weg. Nachttisch, eingebauter Schrank, aus war's. Ich schlenderte wieder hinaus und zum Flur. Die Küche war viel kleiner als die, in der Angela uns versorgt hatte. Die Tür zur Speisekammer hatte Dan leider zu öffnen vergessen. Ich schnupperte an der Ritze herum. Hm. Nichts Gewaltiges. Brot, Zucker, Maggi —alles nutzloser Ballast. Als ich mich enttäuscht abwandte, gewahrte ich den Eisschrank am
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