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Liebe auf krummen Beinen

Liebe auf krummen Beinen

Titel: Liebe auf krummen Beinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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trottete hinter ihm durch die Tür.
    Im Garten saßen meine Eltern und schauten uns neugierig an. Ich beschnupperte sie zum Abschied. Meine Mutter sah ein wenig traurig aus, weil nun das letzte ihrer Kinder von ihr fortging. Ihre großen geduldigen Augen blickten mich an, als wollte sie sich mein Bild noch einmal und für immer einprägen, und mir wurde hundeelend zumute. So wenig hatte ich für sie getan, und sie so viel für mich. Fast wäre ich jetzt noch umgekehrt, und am liebsten hätte ich mich im Park versteckt, um nicht von ihr fortzumüssen. Aber es ging nicht. Mein Vater begleitete mich bis zum Tor. Als ich durch war, zwinkerte er mir zu, und ich zwinkerte zurück.
    Auf der Straße nahm mich mein neues Herrchen hoch. Drüben, auf der anderen Seite standen, funkelnd und neu, ein Mercedes und ein BMW. Zwischen ihnen parkte ein unscheinbares Gefährt aus der Vorkriegszeit, dessen sich die beiden anderen offensichtlich schämten. Es sah aus wie eine verwitterte Hundehütte auf Rädern. Zuerst kam mir überhaupt nicht der Gedanke, daß es der Unsrige sein könnte. Ralf und Molly waren in neuen Wagen abgefahren. Wer gab sich heute noch mit so einem Schlitten ab? Zu meinem ungeheuren Entsetzen steuerten wir aber auf das Vehikel in der Mitte zu. Natürlich! Wie hatte ich auch annehmen können, daß er einen neuen Wagen besäße, da er kaum mich hatte bezahlen können.
    Herrchen zog an der Klinke. Sie löste sich leicht aus der Tür, und er hielt sie in der Hand.
    «Verflucht», knurrte er. Er mußte wohl spüren, daß mir die Sinne schwanden, denn er drückte mich begütigend, während er mit der anderen Hand die Klinke wieder in ihr Loch steckte.
    «Mußt dir nichts draus machen», tröstete er. «Es ist eine alte Kiste, aber sie fährt. Werdet euch schon aneinander gewöhnen.»
    Niemals, dachte ich. Dieses Ding ist meiner Rasse unwürdig. Alle ehrbaren Hunde würden in Zukunft einen Bogen um mich schlagen.
    Mittlerweile hatte Herrchen die Tür aufgekriegt. Sie schwang mißtönend herum und gab den Blick in das Innere frei. Ich sah rissige, ölbefleckte Polster. Die Türen waren innen mit Sperrholz benagelt. Das Verdeck hing wie ein mittelalterlicher Baldachin über den Querstäben. Die Speichen des Lenkrades waren mit schmutzigem Leukoplast umwickelt. Ein muffiger, öliger Werkstattgeruch drang in meine Nase.
    Herrchen setzte mich auf den rechten Sitz. Ich sank augenblicklich mit den Hinterbeinen in die Roßhaarwolle ein. Er zog mich wieder heraus, und ich suchte mir eine Stelle, wo keine Löcher im Bezug waren. Als er sich selbst setzte, senkte sich das Gefährt mit einem Wehlaut auf die Achsen. Dann trat er auf den Anlasser. Die Bodenbretter bogen sich. Als der Motor ansprang, glaubte ich unsere Handmähmaschine zu hören, mit der der Gärtner jeden Donnerstag den Rasen geschoren hatte. Eine hellblaue Wolke hüllte uns ein. Mit Mühe konnte ich noch einmal unser Haus und den Garten erkennen, in dem ich so oft herumgetobt war. Dann fuhren wir mit einem Ruck an. Ich rutschte zum zweitenmal ins Roßhaar . Der BMW und der Mercedes blieben am Straßenrand zurück, und mir war, als grinsten sie höhnisch hinter unserer Arche her.
     
    Nach wenigen Kilometern wurde mir schlecht. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, aber es war so. Ich hatte geglaubt, für Autos geboren zu sein. Aber das Geschaukel machte mich fertig, und der Gestank gab mir den Rest. Ich fing an zu zappeln und zu schlucken. Dann passierte es. Obwohl ich nicht mehr sehr viel im Magen hatte, mußte der Rest unbedingt heraus. Herrchen sah die Bescherung und bremste. Er setzte mich auf die Grasnarbe am Straßenrand, und ich sah mit wässerigen Augen zu, wie er mit einem alten Lappen meine letzte Mahlzeit vom Sitz wischte. «Ja», sagte er. «Würfelhusten. Nicht so schlimm. In dem Karren ist schon ganz anderen Leuten schlecht geworden. Das vergeht.» Er wartete noch eine Weile, bis ich mich einigermaßen erholt hatte. Bevor ich einstieg, legte er eine alte Decke über den Sitz. Wirklich sehr aufmerksam.
    Während der weiteren Fahrt warf er ab und zu einen besorgten Blick auf mich. Ein paar Mal noch stieg mir das Wasser zum Gaumen, aber ich hielt aus. Dieses Auto sollte mich nicht mehr schwach sehen!
    Etwa nach einer Stunde Fahrt hielten wir vor einem gewaltigen Kasten von Haus mit vielen Fenstern und Balkonen, die alle gleich aussahen. Ich war froh, aus dem Wagen rauszukommen. In einem Karussell konnte es nicht viel schlimmer sein. Unterwegs hatte

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