Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe auf krummen Beinen

Liebe auf krummen Beinen

Titel: Liebe auf krummen Beinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
Vom Netzwerk:
anderen Ende. Die Gummidichtung der Tür ließ kaum einen Hauch heraus, aber mir war doch, als lagerten Fleischprodukte im Innern — die einzig vernünftige Nahrung. Meine Vermutung wurde bestätigt, als Dan in die Küche kam.
    «Aha. Kaum drin, schon fressen. Mal sehen, was wir für deinen Einstand haben.»
    Er öffnete den Schrank. Obwohl unten alles voller Flaschen stand, witterte ich den untrüglichen Geruch von Aufschnitt und Gehacktem. Er kam aus den oberen Regalen, die ich nicht sehen konnte. Gehacktes! Neben roher Leber meine Lieblingsspeise! Wie nett von ihm, es zu ahnen!
    Er hielt mir den Teller hin, auf dem eine köstliche Halbkugel von gehacktem Rindfleisch glänzte. Ich tanzte auf den Hinterbeinen. Der Teller hatte den Boden noch nicht berührt, als ich zu schlingen begann. Ich schmatzte laut und schämte mich. Ich fresse sonst immer mit Bedacht und kaue langsam, aber bei Gehacktem kann ich es nicht. Binnen weniger Sekunden war es weg. Ich leckte auf dem leeren Teller herum, bis er wie aufgewaschen aussah. Dan klatschte mir noch eine Scheibe Mortadella auf die Nase. Sie ging den Weg allen Fleisches. Als ich den Kopf hob, sah ich Dans Grinsen. Auch ich versuchte es und wedelte dabei.
    Dan zog einen flachen Einsatz aus dem Schrank und warf ein paar Eiswürfel in eine Glasschüssel. Dann nahm er noch eine Seltersflasche mit und knallte die Tür zu.
    «Na komm», sagte er.
    Ich warf schnell noch einen Blick durch die Tür gegenüber. Baderaum.
    Waschtisch, Dusche, Toilette und viele weiße Kacheln. Für mich weniger interessant.
    Im Wohnzimmer saß Dan auf seinem alten Platz. Er hatte Eis und Selters in einem Glas und goß gerade aus einer dunkel-glänzenden Flasche etwas dazu. Sie trug ein weißes Etikett. Zwei Hunde waren darauf, ein weißer und ein schwarzer, wie ich sie noch nicht gesehen hatte. Sofort verbreitete sich ein Geruch im Zimmer, den ich nicht kannte. Ganz alt, etwas rauchig, eine Mischung von gutem Tabak und edlem Holz und einem Schinken, der weit weg war. Es war etwas Aristokratisches daran. Ich hob die Nase und schnupperte.
    «Whisky», erklärte Dan. Er griff mich am Kragen und hob mich auf seinen Schoß. «Auch einer gefällig?»
    Er hielt mir das Glas unter die Nase. In der Nähe wurde der Geruch so stark und stechend, daß mir schwindelte. Außerdem prickelte das Selterswasser. Ich schüttelte mich.
    «Prost», sagte Dan, und das war das Wort, was ich fortan in dieser Wohnung am häufigsten hören sollte. «Dein Wohl, alte Fledermaus!»
    Ich räkelte mich in seinem Schoß und schloß die Augen. Ich war satt und zufrieden. Der Whiskydunst machte, daß ich mein eigenes Gewicht nicht mehr spürte. Dans Finger krabbelten in meinem Fell herum.
    «Siehst du, mein Guter», sagte er, «so leben wir. Klein, aber allein. Niemand stört uns und niemand kümmert sich um uns. Manchmal freue ich mich, daß ich allein bin und frei, und manchmal wünsche ich, jemand wäre für mich da.»
    Ich hörte, wie er einen Schluck nahm.
    «Weißt du, mit Frauen ist das so eine Sache. Sind ja sehr nett und auch sehr nötig. Aber sie wollen einem immer einreden, man müßte heiraten — und wenn man sagt, es nähme einen niemand, dann wissen sie auf einmal jemanden. Immer allein ist nichts — aber immer zu zweit sein müssen ist auch nichts für mich — bis jetzt wenigstens.»
    Er zog mich an den Ohren.
    «Wollte gern Lebendiges in meiner Hütte haben. Deshalb habe ich dich eingehandelt. Reiner Egoismus, wie du siehst . Bist zwar verflucht teuer gewesen. Glaube, deine Alte hat mich ganz schön eingeseift. Adel schützt vor Geldgier nicht. Für uns wird die Fastenzeit vorverlegt. Gehacktes gibt's nur noch an Feiertagen. Und am Fuße dieser Whiskyflasche beginnt für mich die alkoholfreie, die schreckliche Zeit. Wenn du ein Mann wärst, würde ich dich anpumpen.»
    So sprach Dan und leerte das Glas.
    «Vom vorletzten Geld werden wir morgen ein Halsband für dich kaufen. Sollst es nicht schlechter haben als andere Mistviecher.»
    Ich sah vorwurfsvoll drein, aber Dan bemerkte es nicht. Draußen war es dunkler geworden, alle Gegenstände im Zimmer schienen weiter weg zu sein.
    Dan schwieg und trank und streichelte mich, bis wir beide im Finstern saßen. Dann rutschte er unter mir weg und machte Licht. Wir blinzelten mit den Augen und streckten uns. Dan zog seine Jacke an.
    «Wie ich vermute, mußt du noch mal.»
    Er vermutete richtig. Wir fuhren nach unten und Dan schlenderte bis zur nächsten Ecke. Die Straße war

Weitere Kostenlose Bücher