Liebe auf südlichen Straßen
nichts von mir, sondern sie wollte mit Lorenzo, meinem Sohn, sprechen, eh?!«
»Ich weiß nicht, wo du hindenkst, Anna...«
»Wo ich hindenke?« sagte sie schartig wie ein rostiges Messer. »Ich habe die Blicke gesehen, mit denen deine Frau sich hier umsah! Sie stammt aus einer anderen Welt, wo man nicht auf Holzschemeln, sondern auf weichgepolsterten seidenbezogenen Sesseln mit goldenen Armstützen sitzt und wo man den Rotwein aus einem anderen Glase trinkt als den Weißen. Ich bin nicht dumm, ich habe in der Welt herumgehorcht, und Signora Raffaeli, die den Töchtern des Marchese die Kleider näht, ist meine Freundin...«
»Das weiß ich, Anna«, unterbrach er sie ein wenig ungeduldig, »aber was soll das Geschwätz?«
»Du nennst es Geschwätz! Aber vielleicht findet deine Frau, daß mein Sohn Lorenzo hier bei mir in einer zu armseligen Umgebung aufwächst, wie?! Vielleicht meint sie...«
»Halt endlich die Klappe, Anna!« unterbrach er sie schroff und verärgert, »der Blödsinn, den du redest, ist nicht anzuhören! Elisabeth denkt nicht im Traum daran, sich deinem Lorenzo zu nähern und ihn dir etwa abspenstig zu machen! Sie hat es nur bedauert, daß du dich so halsstarrig zeigtest und das wenige, was ich dir zur Pacht eurer Cafeteria aus gutem Herzen und aus Dankbarkeit beisteuern wollte, abgeschlagen hast. Ich machte dir das Angebot übrigens, bevor ich erfuhr, daß du einen Sohn hast, dessen Vater ich bin.«
»Diancine! Was wollte sie dann bei mir?« rief sie halb versöhnt, und das böse Feuer erlosch in ihren Augen.
»Du bist wirklich ein verrücktes Frauenzimmer!« sagte er halb lachend und halb ärgerlich, »was redest du eigentlich? Elisabeth war nicht hier und hat nie die Absicht gehabt, dich aufzusuchen! Es war doch nur eine Vermutung von mir, sie könnte vielleicht zu dir gegangen sein, um dir gut zuzureden, unsere kleine Beihilfe für dich und für die Zukunft deines Sohnes anzunehmen.«
»Entschuldige, Lorenzo, ich bin wirklich dumm. — Weißt du, es ist ja auch nur deshalb, weil ich schon bei dem Gedanken verrückt werde und in Flammen aufgehe, jemand könnte mir meinen Lorenzo wegnehmen. Ich glaube wahrhaftig, ich werde die Frau umbringen, die ihn einmal heiraten will.«
»Damit wird aber dein Lorenzo nicht einverstanden sein, furchte ich...«
»Was doch die Liebe für Sorgen macht!« seufzte Anna.
Lorenz erhob sich: »Ich werde jetzt gehen. Aber mir wird ganz flau im Magen, wenn ich an das Gesicht von Signora Dellarossa denke, bei der wir heute übernachtet haben.«
»In dem Ingenieurshause neben dem Albergo Trota? Signora Dellarossa kenne ich, sie hat einen dicken Hintern, aber ein gutes Herz. Mach dir keine Gedanken, Lorenzo, sondern mach ein eisernes Gesicht, auch wenn es dir schwerfällt.«
»Ich will es versuchen, Anna. Aber bevor ich gehe, möchte ich dir mein Angebot von gestern wiederholen. Schau mich nicht so finster an! Ich meine es doch nur gut mit dir und deinen Männern.«
»Ich weiß es, Lorenzo... Aber selbst, wenn ich dein Geschenk annähme, wie sollte ich es Petro und meinem Sohn beibringen, woher der Segen kommt? Willst du mir das sagen?«
»Zum Beispiel, hm, von einem Freunde deines seligen Matteo, der nach Amerika ausgewandert und reich geworden ist...«
»Da merkt man den Rechtsanwalt«, sagte sie, »um Lügen bist du nicht verlegen. Aber du mußt mir Zeit lassen. Ich kann das nicht von heute auf morgen entscheiden.«
»Und ich weiß nicht, wann ich wieder nach Gargnano kommen werde und dich besuchen kann.«
»Du hast doch eine Anschrift, Lorenzo, nicht wahr? Schreib sie mir auf. Und meine Adresse kennst du — nun also!«
»Und du wirst dich wirklich melden, Anna?«
»So oder so, ich schreibe dir, auf Ehre und Seligkeit! Auch wenn du über meine vielen Fehler spottest, wie es mein Lorenzo manchmal tut. Weißt du, schreiben war nie meine Sache...«
Er gab ihr seine Karte und reichte ihr die Hand, um ihr Lebewohl zu sagen: »Denk an dein Versprechen, Anna, und denk auch daran, daß du mich sehr froh machst, wenn du mir erlaubst, euch ein wenig zu helfen.«
»Lebe wohl, Lorenzo! Ich wünsche dir, daß du deine Elisabeth bald finden mögest und daß alles zwischen euch wieder gut wird. Ich kann es mir nicht denken, daß sie dich verlassen hat. Vielleicht braucht sie nur eine kleine Zeit, um zu der Einsicht zu kommen, daß die Toten tot sind und daß man sich nur an den Lebenden wärmen kann. Du verstehst schon, wie ich es meine...«
Sie fuhr ihm mit ihren
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