Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
Aufprall. Das war es also schon! So schnell kann alles vorbei sein. Gleich bin ich tot. Doch im allerletzten Moment bremst das Auto ab. Meine Knie berühren die Stoßstange. Mit qualmenden Rädern setzt der Wagen zurück und braust davon. An der nächsten Kreuzung kommt er zum Stehen und biegt vorwärts ab. Ich taste nach meinem Arm, den Beinen und fasse mir ins Gesicht. Kann es sein, dass ich noch lebe? Ich fühle meinen Puls und stelle fest, dass er Marathon läuft. Doch zur Ruhe kommt er nicht, denn schon wieder naht ein Fahrzeug. Diesmal aber mit Licht. Ängstlich laufe ich zum Gehweg und kauere mich in eine Ecke. Der Wagen drosselt sein Tempo und hält direkt neben mir an. Die Tür öffnet sich und jemand steigt aus.
„Jenny, was ist denn los? Was machst du hier?“ George kommt zu mir gelaufen und nimmt mich in den Arm. „Du zitterst ja am ganzen Körper. Warum hast du auch keine Jacke an?“
Weil es warm ist, du Schlaumeier!
„Du kommst jetzt erst mal mit zu mir“, bestimmt er und legt mir sein Jackett um die Schultern. Misstrauisch lasse ich mich von ihm zu seinem Wagen führen. Was ist, wenn es George war? Kann es wirklich Zufall sein, dass er fast zur gleichen Zeit am Tatort ist?
„Ich möchte doch lieber nach Hause“, widerspreche ich George und drücke ihm sein Jackett in die Hand.
„Keine Widerrede, ich lasse dich in diesem Zustand nicht allein.“ Er drückt mich in sein Auto und schließt die Tür. Dann steigt er ein und fährt ein kurzes Stück, bis er eine Parklücke findet. Wir gehen die Treppen hinauf zu seiner Wohnung und ich frage mich, ob George jetzt gleich ein Messer in meinen Rücken rammen wird, als ich vor ihm seine Wohnung betrete. Aber immer noch bin ich unverletzt.
„Möchtest du einen Tee, Jenny?“
Nein, lieber eine Waffe, damit ich mich verteidigen kann.
Ich antworte ihm nicht und setze mich steif auf sein Sofa. Ich höre, wie es klirrt und klappert und nach gut fünf Minuten kommt er mit zwei Tassen Kaffee aus der Küche und stellt eine vor mir auf den Tisch.
„Danke“, sage ich nur und verstumme sogleich wieder.
„Du bist ja ganz durch den Wind. Kein Wunder, nachdem was vorhin vorgefallen ist. Keiner kann verstehen, warum der Boss diese Mrs. Stephens heiraten will. Es ist aber auch alles schiefgelaufen. Als du aus dem Saal gelaufen bist, hat er das Glas auf das Klavier gestellt, um dir zu folgen. Da steht es wohl jetzt immer noch. Dir macht keiner einen Vorwurf, Jenny. Du hast wirklich alles versucht.“
Wollte er mich darum umbringen? Weil ich versagt habe? Wenn das ein Mordmotiv ist, dann könnte es die gesamte Belegschaft auf mich abgesehen haben. Es dampft aus der Tasse. Der Kaffeeduft steigt in meine Nase. Könnte der Kaffee vielleicht vergiftet sein? Ich muss es in Betracht ziehen. Besser, ich lasse die Finger davon.
„George, ich möchte jetzt gehen. Bemühe dich bitte nicht weiter, ich habe ja einen kurzen Weg. Ich gehe zu Fuß.“
„Ich werde dich begleiten“, entscheidet er und erhebt sich von dem Sessel.
„Nein, das ist wirklich nicht nötig, danke.“
„Es sieht aber ganz so aus, als sei es nötig, Jenny. Wenn ich nur bedenke, wie ich dich eben vorgefunden habe. Keine Chance, ich bring dich.“
George schnappt sich seine Schlüssel und geht vor. Ich folge ihm aus der Wohnung und halte einen Sicherheitsabstand ein. Als wir meine Haustür erreicht haben, besteht George darauf, mich bis zur Wohnungstür hinaufzubringen. Mein Gott, er wird langsam lästig! Vor der Wohnungstür krame ich abgelenkt nach meinem Schlüsselbund, deshalb bemerke ich erst gar nicht, was George sofort auffällt.
„Lässt du deine Wohnungstür immer offen stehen?“, fragt er und drückt die angelehnte Tür auf.
Erschrocken nehme ich die aufgebrochene Tür zur Kenntnis und bleibe wie angewurzelt stehen.
„Es sieht so aus, als sei in deine Wohnung eingebrochen worden. Wir müssen die Polizei verständigen.“
Auf einmal wird mir klar, dass dies mit dem Vorfall auf der Straße zusammenhängen muss. Und da George eben erst von der Feier gekommen ist, kann er unmöglich etwas damit zu tun haben. Weinend falle ich in seine Arme.
„Oh, Gott sei Dank, du bist es nicht gewesen. George, jemand wollte mich überfahren, doch aus irgendeinem Grund hat er es sich wieder anders überlegt und ist weggefahren. Kurz darauf tauchtest du auf. Ich nahm an, dass du …“
George streichelt mir über den Kopf.
„Aber Jenny, wie kannst du so etwas glauben? Jetzt setz dich erst mal
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