Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
Heftklammern zu. Sähe zwar ein wenig unpassend aus, wäre aber effektiv.
„Das Kochen habe ich mir in den letzten Jahren selbst beigebracht und das Küssen, nun ja, das lernt man mit der Zeit eben, solange man die Praxis nicht verliert. Aber ich denke mal, es ist wie mit dem Fahrradfahren, wenn man es einmal verstanden hat, verlernt man es nicht mehr. Oder wie sehen Sie das, Miss Robertson?“
„Ja, also“, beginne ich gehemmt und räuspere mich ein paar Mal, „das sehe ich genauso.“
Können wir jetzt das Thema wechseln?
Auf einmal hebt Dr. Wilson lächelnd sein Glas und sieht mich erwartungsvoll an.
„Ich finde, wir sollten langsam dazu übergehen, uns beim Vornamen anzureden. Jetzt, wo wir bereits beim Thema „Küssen“ angelangt sind, passt es doch ganz gut, wenn wir Brüderschaft trinken.“
Dieser Dr. Wilson ist ein raffiniertes Schlitzohr. Da verplappere ich mich mal versehentlich und er will sich gleich mit mir verbrüdern. Muss man sich danach nicht auch noch küssen? Mir weicht die Farbe aus dem Gesicht, als mir klar wird, was jeden Augenblick auf mich zukommt. Inzwischen ist er von seinem Platz aufgestanden und steht mit seinem Glas in der Hand direkt vor mir.
„Also? Was ist nun?“, fragt er mich auffordernd und macht eine Geste zu meinem Glas. Ich erhebe mich von meinem Stuhl und nehme mein Getränk mit zitternder Hand auf. Was hab ich nur? Deswegen muss ich doch nicht gleich so nervös werden. Hier geht’s doch nur um ein freundschaftliches Bussi, das dieses Ritual verlangt. Wir verhakeln unsere Arme und jeder trinkt einen Schluck aus seinem Glas. Schnell stelle ich mein Glas wieder auf den Tisch zurück und hoffe, dass er nicht auf den Kuss besteht.
„Jenny“, sage ich verschämt mit gesenktem Kopf.
„Jack“, flüstert er mir zu und erst jetzt fällt mir auf, dass er mir schon ganz nah ist. Mit seiner linken Hand zieht er meinen Kopf zärtlich zu sich heran und drückt mir einen sanften Kuss auf die Lippen. Für einen Moment schließe ich die Augen, doch dann stelle ich fest, dass es sich nicht richtig anfühlt. Ich schmecke immer noch Davids Küsse und plötzlich wird mir klar, dass ich ihn noch nicht vergessen habe. Jack fühlt, dass etwas nicht stimmt, als er mich nach dieser kurzen Zärtlichkeit ansieht.
„Warum habe ich gerade das Gefühl, dass du auf einmal sehr bedrückt wirkst?“
Er streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und klemmt sie mir hinters Ohr. Diese befremdlichen Berührungen lassen mich erstarren. Ich muss ihm auf der Stelle klarmachen, dass ich gehen muss. Meine Migräne, aber natürlich! Normalerweise leide ich zwar nicht darunter, aber jetzt schon!
„Jack, ich glaube, ich möchte jetzt lieber gehen“, sage ich auf einmal und ziehe mich etwas aus seinem Aktionsradius zurück, sodass seine Hände mich nicht mehr erreichen können.
„Aber weshalb denn?“, fragt er überrascht. „Habe ich vielleicht etwas gesagt, was dich gekränkt hat? Dann entschuldige ich mich dafür.“
„Nein, daran liegt es nicht, es ist nur so …“
„Du denkst immer noch an David Barclay“, sagt er nun bedrückt.
Woher weiß er das? Habe ich gerade laut gedacht? Sieht man mir etwa an, dass ich seit jenem Abend, als Davids und meine Wege sich trennten, ununterbrochen an ihn denke? Ich habe mich wirklich bemüht, ihn aus meinem Kopf zu verbannen. Jeden Tag habe ich versucht, mich abzulenken, mir einzureden, er sei mir egal. Aber jegliche Bemühungen waren vergebens. Nicht mal ein Rendezvous mit Jack lässt mich David vergessen. Es ist aber auch wie verhext! Jack gibt sich solche Mühe, er kocht mir ein Drei-Sterne-Menü, bereitet mir einen romantischen Abend, doch meine Gehirnzellen kreisen immer nur um David herum. Das hat Jack einfach nicht verdient.
„Es tut mir so leid“, sage ich und hoffe, er würde mir die Absolution erteilen, denn ich fühle mich furchtbar schuldig.
„Du brauchst dich nicht zu entschuldigen. Gegen seine Gefühle kann man nichts machen. Eigentlich hatte ich es gewusst. Doch ich hatte gehofft, du könntest ihn mit der Zeit vergessen, dich vielleicht in mich verlieben. Aber da hab ich mich wohl getäuscht.“
Schwermütig sieht er mich an und hofft wahrscheinlich, dass ich ihm widerspreche, ihm irgendwie das Gefühl gebe, dass es da noch Hoffnung gibt. Doch so gern ich diese Situation entschärft und mir ein Lächeln in sein Gesicht gewünscht hätte, mir gelingt es nicht, über meinen Schatten zu springen. Meine Gefühle für ihn
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