Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
gelegt hatte.
„Ihre Art ist wirklich sehr erfrischend, Miss Robertson. Keine Angst, so schlimm ist es nun auch wieder nicht. Sie sind und bleiben eine äußerst attraktive junge Dame, daran ändern auch ein paar Augenränder nichts.“
Mir schießt das Blut in den Kopf. Er hat doch nur gesagt, dass er dich attraktiv findet. Es ist schließlich nichts dabei. – Schon, aber er hätte es ja nicht gleich so unverblümt sagen müssen. Ich war gerade nicht auf solche Worte eingestellt.
Dr. Wilson bleibt meine Verlegenheit nicht verborgen. Er legt das Schriftstück wieder zurück und erhebt sich aus seinem Stuhl. Wollte er nicht mit mir über den Inhalt dieses Schreibens reden? Lächelnd geht er um den Schreibtisch herum, lehnt sich an die Tischplatte und steht nun direkt vor mir.
„Miss Robertson, ich weiß, dass Sie auf dem Gebiet der Homöopathie und der Naturheilkunde eine Koryphäe sind. Außerdem sind Sie schlagfertig und haben ein erstaunliches Redetalent. Sie können sich gut verkaufen und überzeugen mit Ihrem Auftritt. Aber auf dem Gebiet des Zwischenmenschlichen sind Sie hilflos wie ein Teenager. Warum arbeiten Sie nicht ein wenig an dieser charmanten Charakterschwäche? Sie könnten zum Beispiel versuchen, ein wenig lockerer zu werden, und meine Essenseinladung endlich annehmen.“
Erstaunt sehe ich ihn an. So viel Direktheit ist mir unangenehm. Er hat mich schon ganz richtig durchschaut. Es ist nicht leicht für einen Mann, mich zu einem Rendezvous zu überreden. Erstens habe ich viel zu viel um die Ohren und zweitens erkenne ich die Zeichen, die ein Mann aussendet, so gut wie nie. Dabei sind die Zeichen, die Dr. Wilson mir gegeben hat, mehr als deutlich. Sie fallen mir buchstäblich fast täglich vor die Füße. Ich müsste darüber stolpern, aber vielleicht wollte ich es bis jetzt auch nicht. Andererseits gibt es keinen Grund mehr, nicht auf seine Avancen einzugehen.
„Also schön, Mr. Wilson, Sie haben mich überredet. Ich esse gern Italienisch.“
Ein Essen mit/ohne Folgen
Als ich vor Dr. Wilsons Haus stehe, bin ich unschlüssig. Vielleicht wäre es ratsam, wieder zu gehen. Ich könnte morgen sagen, dass ich seine Klingel nicht gefunden habe oder dass mich ein tropisches Fieber heimsuchte, von dem ich aber am nächsten Tag auf wundersame Weise genesen bin. Gerade will ich einen Rückzieher machen, als die Tür von innen geöffnet wird.
„Habe ich also richtig gehört, Sie sind schon da“, sagt er beschwingt. „Kommen Sie doch herein.“
Nun gut, jetzt bin ich schon mal hier, dann kann ich auch kurz hereinkommen. Aber eigentlich habe ich ja Fieber.
Ich reiche Dr. Wilson eine Weinflasche als Gastgeschenk und trete über die Türschwelle. Sogleich nimmt er mir die Jacke ab und hängt sie auf einen Bügel. Er ist lässig in Jeans gekleidet und hat sich um die Hüften eine weiße Schürze gebunden. Man könnte wirklich meinen, es mit einem Chef de Cuisine zu tun zu haben. Ein angenehmer Duft zieht mir aus der Küche in die Nase. Hm, das riecht aber lecker. Unter Umständen könnte ich vielleicht doch ein wenig bleiben und mir den Wanst mal so richtig vollhauen. Wann bekomme ich schon mal was Gutes zu essen? Und für mich allein koche ich kaum, das lohnt sich nicht.
Ich habe mich für den heutigen Abend in ein Kleid gepellt und bereue es gerade. Es sitzt am Bauch so eng, dass ich möglicherweise nicht genügend Rationen in mich hineinessen kann. Das wäre ausgesprochen schade. Auch sieht ein Kugelbauch nicht sonderlich vorteilhaft bei einer Frau aus. Den ganzen Abend allerdings die Luft anzuhalten und den Bauch einzuziehen, geht nicht. Aber ich könnte es ja mal probieren. Was mache ich jetzt? Mir fällt mein Fieber wieder ein, aber dafür ist es jetzt zu spät. Dr. Wilson drückt mir einen Aperitif in die Hand und stößt mit mir auf einen schönen Abend an. Solange mein Kleid hält, könnte dagegen auch nichts sprechen. Hoffe ich.
Ich lehne mich wohlig in meinem Stuhl zurück und streiche über meinen Bauch.
„Das Essen hat wirklich ganz vorzüglich geschmeckt. Auch der Wein – es passte einfach alles. Wo haben Sie nur so gut küssen gelernt … äh, ich meine, kochen?“ Hoppla, da ist mir wohl der Wein zu Kopf gestiegen.
Dr. Wilson lacht herzhaft über meinen „Freudschen Versprecher“. Ich weiß noch nicht so genau, ob mir gerade zum Lachen zumute ist. Vielleicht stecke ich meinen Kopf doch besser in eine Papiertüte. Oder aber ich tackere meinen Mund mit
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