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Liebe braucht keinen Ort

Liebe braucht keinen Ort

Titel: Liebe braucht keinen Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Waggoner
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so vorbei, damit ich den Fortschritt begutachten kann.«
    Liza fand es großartig, wie Dr.   Onyango so rasch Informationenübermittelte, ohne hastig oder ungeduldig zu wirken. Es lag an ihrer Stimme, überlegte Liza, tief und musikalisch und ruhig. Sie verspürte sofort den Wunsch, einmal nach Kenia zu reisen, wo Dr.   Onyango herkam, um herauszufinden, ob dort alle so sprachen.
    Sie musste zweimal hinschauen, als sie den Namen der Patientin las: Clara Miller. Natürlich gab es im Vereinigten Königreich vermutlich zahlreiche Clara Millers, wahrscheinlich mindestens ein Dutzend in London allein. Aber die Akte bewies es – dies war
die
Clara Miller, die erste Schwimmerin, die bei einer einzigen Olympiade fünf Goldmedaillen gewonnen hatte. Liza war damals elf Jahre alt gewesen und Clara Miller war ihr Idol geworden. Und jetzt sollte
sie
ihr helfen, ihr Baby zur Welt zu bringen.
    Dr.   Onyango hatte nicht übertrieben. Clara Millers kurzes dunkles Haar rahmte ihr verkrampftes Gesicht auf dem Kissen ein, und ihre Knöchel, die das Geländer umklammerten, das rings um das Bett verlief, waren weiß vor Anspannung. Der einzige Farbfleck im Raum war eine Vase voller fuchsienroter Gladiolen.
    »Wunderschöne Blumen«, sagte Liza und versuchte, die Schwingungen im Raum einzuschätzen. Empathinnen in der Geburtshilfe bekamen ihre Patienten selten im Voraus zu sehen. Sie mussten die Verbindung rasch aufbauen und so schnell wie möglich an die Arbeit gehen.
    »Die sind von meinem Mann«, sagte Clara. »Er ist hierher unterwegs, aber er hat als Trainer bei den Weltmeisterschaften in Südafrika gearbeitet und wird nicht rechtzeitig ankommen. Ich kann nicht   … ich glaube nicht, dass ich das hier ohne ihn schaffen kann.«
    Liza widersprach ihr nicht. Sie hatte bereits eine andere Strategieim Sinn. »Bei den Weltmeisterschaften im Schwimmen? O Gott, Ihr Mann ist doch nicht etwa Jeff McDonald? Und Sie sind
die
Clara Miller?« Ihre Stimme klang überrascht, sogar in ihren eigenen Ohren. Manche Patienten hatten das Gefühl, sie würden ausspioniert, wenn sie merkten, dass man ihre Patientenakte gelesen hatte, doch wenn man eine ungezwungene Unterhaltung führen konnte, baute man gleichzeitig Vertrauen auf. »Ich kann es nicht glauben! Ich hatte eine Clara-Miller-Sporttasche, einen Clara-Miller-Badeanzug mit Schwimmbrille, sogar ein Handtuch, wenn ich mich recht erinnere. Ich hatte alles von Clara Miller – außer ihrem Stil beim Rückenschwimmen. Das habe ich nie hinbekommen. Dabei war mein Vater wirklich geduldig – er hat mich im Wasser festgehalten und ich bin wunderbar geschwommen, und dann merkte ich, dass seine Hände nicht mehr unter meinem Rücken waren, und bin gesunken wie ein Stein.«
    Claras Miene hellte sich auf, als wollte sie sagen:
Oh, das hier – DAVON verstehe ich was!
»Das ist immer so«, sagte Clara. »Und es ist noch nicht zu spät, wissen Sie.«
    »Ich glaube, das könnte es schon sein«, erwiderte Liza, »denn auf dem Rücken gerate ich in Panik.«
    »Lassen Sie mich mal raten – die Hüften sinken zuerst, nicht? Und sie knicken irgendwie zusammen?«
    »Genau«, antwortete Liza, obwohl ihr das noch nie passiert war. Sie hatte Rückenschwimmen so mühelos gelernt, als hätte sie sich niemals anders bewegt. »Genauso ist es. Was mache ich da verkehrt?«
    »Sie kämpfen gegen das Wasser an«, sagte Clara. »Als Sie ein Kind waren und dachten, dass Ihr Vater Sie unterstützte, da war es eigentlich das Wasser, nicht Ihr Vater. Sie haben ganz entspannt daraufgelegen und haben sich tragen lassen. Aber alsSie merkten, dass Ihr Vater nicht mehr da war, haben Sie gegen das Wasser angekämpft, und dann klappt man instinktiv wie ein Taschenmesser zusammen.« Inzwischen hatte Clara sogar schon wieder ein wenig Farbe im Gesicht. »Sie können niemals gewinnen, wenn sie gegen das Wasser ankämpfen. Sie müssen mit dem Wasser mitgehen.«
    »Ich werde versuchen, beim nächsten Mal daran zu denken«, sagte Liza.
    Clara lachte leise. »Rufen Sie mich an, wenn Sie eine Erinnerung benötigen. Oh, oh, da kommt die nächste Wehe.« Sie biss die Zähne zusammen und umklammerte das Bettgeländer so fest, dass Liza sehen konnte, wie sich die Sehnen in ihren Armen anspannten.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag«, sagte Liza. »Stellen Sie sich vor, es ist eine Welle – eine große, blaue Welle. Legen Sie sich entspannt hinein und lassen Sie sich tragen.«
    Liza schloss die Augen und benutzte das Bild von der Welle dazu, eine

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